Zusammenfassung

 
Begriff

Die Bewerbung bzw. das Bewerbungsverfahren zielt auf die Besetzung eines Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber zur Deckung eines bestehenden Personalbedarfs. Regelmäßig erfolgt die Bewerbung als Reaktion auf eine Stellenausschreibung; möglich ist aber auch eine Initiativbewerbung. Mit Einleitung des Bewerbungsverfahrens entsteht ein vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen den Beteiligten.

Wenn der potenzielle Arbeitgeber einen Bewerber zur Vorstellung auffordert, erwirbt dieser einen Anspruch auf Erstattung der anfallenden Kosten. Sucht der Bewerber den künftigen Arbeitgeber auf eigene Initiative oder auf Vermittlung der Arbeitsagentur auf, so ist der Arbeitgeber nicht zum Kostenersatz verpflichtet.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Das vorvertragliche Schuldverhältnis ist allgemein geregelt in § 311 Abs. 2 BGB, allgemeine Schadensersatzansprüche folgen aus § 280 Abs. 1 BGB, spezifische Schadensersatzansprüche ergeben sich aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG bei diskriminierenden Maßnahmen des Arbeitgebers im Zuge der Bewerbung. Der Anspruch des Bewerbers auf Erstattung seiner Vorstellungskosten ergibt sich aus § 670 BGB. Bereits im Zuge der Bewerbung sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu berücksichtigen, vgl. §§ 93 ff. BetrVG, sowie die datenschutzrechtlichen Grenzen zu beachten, vgl. §§ 28 ff. BDSG - datenschutzrechtlich maßgeblich sind die Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO) sowie das novellierte BDSG.

Lohnsteuer: Der steuerliche Werbungskostenabzug ergibt sich aus § 9 EStG. Die Steuerfreiheit von Ersatzleistungen für Reisekosten zum Vorstellungsgespräch ergibt sich aus § 3 Nr. 16 EStG zusammen mit § 9 EStG.

Sozialversicherung: Die Arbeitsagenturen können nach § 45 SGB III Arbeitsuchenden einen Zuschuss zu den Bewerbungskosten gewähren.

Arbeitsrecht

1 Vorvertragliches Schuldverhältnis

Mit einer Bewerbung entstehen bereits bestimmte Rechtsbeziehungen (ein sog. vorvertragliches Schuldverhältnis) zwischen dem Bewerber und dem potenziellen Arbeitgeber, die auch dann zu Rechtsansprüchen führen können, wenn es nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrags kommt. Beide Parteien sind zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechtsgüter (insbes. durch Aufklärung und Information) der jeweils anderen Seite verpflichtet.

2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Schon im Bewerbungsverfahren werden Bewerber durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor Benachteiligungen aus Gründen des Geschlechts, des Alters, einer Behinderung, der Religion oder Weltanschauung, der Rasse bzw. ethnischen Herkunft und der sexuellen Orientierung geschützt[1].[2]

3 Bewerbungsunterlagen

Bewerbungsunterlagen sind regelmäßig das Bewerbungsschreiben, Lebenslauf, Arbeitszeugnisse, (Hoch-) Schulbescheinigungen, Ausbildungsnachweise usw. Die Beschaffungskosten für diese Unterlagen trägt der Bewerber, einschließlich der erforderlichen Übermittlungskosten. Auch wenn der Arbeitgeber berechtigterweise die Vorlage eines Führungszeugnisses verlangen kann, ist der Bewerber zur Übernahme der Kosten verpflichtet.

Auf unverlangt eingesandte Bewerbungen muss der Arbeitgeber nicht reagieren. Die Bewerbungsunterlagen muss er in diesem Fall nur zurücksenden, wenn der Bewerber einen Freiumschlag beigelegt hat. Die Unterlagen können vernichtet werden, wenn sich der Bewerber innerhalb einer angemessenen Frist nicht erneut gemeldet hat.

Anders ist die Situation zu beurteilen, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer Stellenanzeige über die Arbeitsagentur zu einer Bewerbung aufgefordert hat. Dem Bewerber sind die Unterlagen nach Abschluss des (erfolglosen) Bewerbungsverfahrens vollständig auf Kosten des Arbeitgebers zurückzuschicken. In der Zwischenzeit hat der Arbeitgeber die Unterlagen sorgfältig zu verwahren [1] und für eventuelle Beschädigungen und den Verlust der Papiere zu haften.

Sperrvermerke, mit denen zum Ausdruck gebracht wird, dass die Bewerbung vertraulich behandelt werden muss, hat ein potenzieller neuer Arbeitgeber tunlichst zu beachten. Bei Missachtung drohen Schadensersatzansprüche.

4 Datenschutz

Im Zuge des Bewerbungsverfahrens erhobene Daten über den Bewerber (Personalfragebögen) stellen eine Datenerhebung i. S. des Art. 4 Nr. 1 und Nr. 2 DS-GVO, deren Vorgaben zu beachten sind.[1] Allerdings enthält die DSGVO keine spezifischen Regelungen zum Arbeitnehmerdatenschutz und insbesondere nicht zum Umgang mit Daten im Bewerbungsverfahren. Vielmehr ist über die Ermächtigung in Art. 88 Abs. 1 DSGVO, § 26 Abs. 1 BDSG (entspricht dem früheren § 32 Abs. 1 BDSG a.F.) einschlägig. Danach können auch Daten bei der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitgeber verarbeitet werden. Maßgeblich dafür ist, ob die Datenverarbeitung erforderlich ist. Dies ist abhängig von der Abwägung zwischen dem Arbeitgeberinteresse an möglichst umfassender Information über seinen möglichen zukünftigen Beschäftigten und dessen Persönlichkeitsrecht. Ähnlich wie beim Fragerecht kommt es dabei auf den Bezug der Daten zum beabsichtigten Arbeitsverhältni...

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