Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschäftigungssicherung durch Absenkung der Vergütung. Mittelbare Geschlechtsdiskriminierung. gleichwertige Arbeit. Bezugnahme auf AVR. Kontrolle AVR. Schlichtungsverfahren als Prozessvoraussetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

  • Die Einführung der Berufsgruppeneinteilung W durch die Anlagen 18 und 1d zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR DW) ist durch das Ziel, eine an der gewerblichen Wirtschaft orientierte Vergütungsstruktur zu schaffen, um Auslagerungen von Wirtschaftszweigen aus dem Bereich der Diakonie aus Kostengründen in Zukunft zu vermeiden, gerechtfertigt. Sie diskriminiert die betreffenden Mitarbeiterinnen deshalb nicht mittelbar, selbst wenn ihre Tätigkeit (einfache sowie angelernte Tätigkeiten in den Wirtschaftsbereichen wie Reinigung, Küchen- und Wäschedienste) mit der Tätigkeit eines Pförtners gleichwertig ist.
  • Es bleibt offen, welcher Maßstab für die Prüfung der Wirksamkeit der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischens Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland gilt.
 

Normenkette

AVR DW Anl. 18; AVR DW Anl. 1d; BGB § 612 Abs. 3 S. 1, § 611a Abs. 1 S. 1, §§ 307-310, 308 Nr. 4, §§ 317, 319; EG Art. 141; GG Art. 3 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 24.04.2003; Aktenzeichen 9 Sa 1569/02)

ArbG Marburg (Urteil vom 29.08.2002; Aktenzeichen 1 Ca 258/02)

 

Tenor

  • Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. April 2003 – 9 Sa 1569/02 – wird zurückgewiesen.
  • Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die zutreffende Vergütung der Klägerin.

Die Klägerin wird seit dem 18. Oktober 1984 bei der Beklagten als Hausgehilfin in deren Diakonie-Krankenhaus M… im Bereich Hauswirtschaft beschäftigt. Die Beklagte ist Mitglied im Diakonischen Werk der EKD (im Folgenden: DW EKD). Gemäß § 1 des “Anstellungsvertrags” der Parteien vom 18. Oktober 1984 gelten für das Dienstverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR DW) in der jeweils gültigen Fassung. Die AVR DW beruhen auf Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche Deutschlands (im Folgenden: AK DW EKD). Nach § 13 Abs. 2 Satz 2 des “Anstellungsvertrags” ist vor Anrufung eines Arbeitsgerichts in jedem Fall die Schlichtungsstelle des Diakonischen Werks einzuschalten.

Die Klägerin war zunächst in der VergGr. H 2a AVR DW eingruppiert.

Auf Grund eines Beschlusses der AK DW EKD waren die AVR DW mit Wirkung ab 1. September 1998 durch Aufnahme einer Anlage 18 in die AVR DW geändert worden. In dieser Anlage wird die Abschaffung bestimmter Vergütungsgruppen der Berufsgruppeneinteilung H (H 1, H 2, H 3 Nr. 4 und H 3a) einschließlich der Vergütungsgruppe der Klägerin und die Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter – ausnahmslos Mitarbeiter ohne abgeschlossene Ausbildung – in eine neu in die Anlage 1d aufgenommene Berufsgruppeneinteilung W geregelt. Die Grundvergütung in den neuen Vergütungsgruppen W ist deutlich geringer als die in den bisherigen Vergütungsgruppen. In der Anlage 18 AVR DW heißt es:

“Beschäftigungssicherungsordnung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wirtschaftsbereiche diakonischer Einrichtungen

Vorbemerkung:

Die Wirtschaftsbereiche diakonischer Einrichtungen wurden in den letzten Jahren verstärkt ausgelagert oder fremdvergeben. Um die bestehenden Arbeitsplätze innerhalb der Diakonie zu erhalten, werden Eingruppierungsvorschriften von einigen H-Gruppen gestrichen und eine an der gewerblichen Wirtschaft orientierte Vergütungsstruktur geschaffen.

§ 1 Geltungsbereich der Anlage 1d

(1) Die Anlage 1d gilt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf, die nicht in der Anlage 1a oder 1b einzugruppieren sind.

(2) Die Anlage 1d gilt nicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, für die eine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf erforderlich ist.

§ 2 Überleitungsregelung

(1) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bisher in der Anlage 1c Berufsgruppeneinteilung H Fallgruppe 1 und 2 der Vergütungsgruppe H 1, Fallgruppen 1, 1a, 1b und 2 der Vergütungsgruppe H 2, in der Vergütungsgruppe H 2a, der Fallgruppe 4, der Vergütungsgruppe H 3 und in der Vergütungsgruppe H 3a eingruppiert waren, werden zum 1. September 1998 in die Anlage 1d Berufsgruppeneinteilung W eingruppiert.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die am 31. August 1998 in einem Dienstverhältnis standen, das am 1. September 1998 zu demselben Dienstgeber fortbesteht und die nach der Neuaufnahme der Anlage 1d in die AVR in die Eingruppierungen W 1 bis W 4 eingruppiert sind, erhalten eine Zulage in Höhe der Differenz zu der Vergütung (§ 14) ihrer bisherigen Vergütungsgruppe. Die persönliche Zulage wird durch allgemeine Vergütungserhöhungen und Höhergruppierungen aufgezehrt. Bis zum 31. Dezember 2003 werden die allgemeinen Vergütungserhöhungen der Gesamtvergütung nur zur Hälfte auf die persönliche Zulage angerechnet.

(2) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach dem 31. August 1998 neu eingestellt werden, erhalten keine Zulage.

Inkrafttreten: 1. September 1998”

Nachdem die Klägerin bis einschließlich September 2001 Vergütung nach Vergütungsgruppe H 2a erhalten hatte, wird sie seit Oktober 2001 nach der Vergütungsgruppe W 2 (Grundvergütung 1.290,13 Euro) vergütet. Sie erhält entsprechend der Übergangsregelung in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 der Anlage 18 zu den AVR DW eine Zulage in Höhe von zuletzt 478,94 Euro.

Mit der am 4. Juni 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Änderung der Vergütungsgruppe gewandt und die Zahlung der Differenz für die Zeit von Oktober 2001 bis einschließlich August 2002 (134,86 Euro) sowie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer fiktiven Vergütung nach der ehemaligen Vergütungsgruppe H 2a begehrt. Sie ist für die Zeit bis einschließlich September 2001 von einer Vergütung auf der Basis von Vergütungsgruppe H 2a ausgegangen, nach ihrer Berechnung 1.781,27 Euro = 3.483,86 DM, und hat für die Zeit ab Oktober 2001 ausgehend von einer Grundvergütung nach Vergütungsgruppe W 2 (1.290,13 Euro) und der persönlichen Zulage in Höhe von zuletzt 478,94 Euro eine monatliche Differenz zur bisherigen Vergütung in Höhe von 12,20 Euro (für Oktober 2001 12,86 Euro) errechnet. Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, die Vorgehensweise der arbeitsrechtlichen Kommission stelle eine mittelbare Diskriminierung im Sinne des § 611a BGB dar.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin monatlich am 15. 1.781,27 Euro brutto ohne Anrechnung einer persönlichen Zulage von 478,94 Euro zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 604,47 Euro brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Änderung der Vergütungsgruppe für wirksam gehalten. Auf diesem Wege habe die bisherige Auslagerung von Arbeiten, die nach der bisherigen Vergütungsgruppe H 2a vergütet worden seien, beendet werden können.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageansprüche mit den in der Berufungsinstanz gestellten Anträgen vollumfänglich weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich beider Anträge im Ergebnis zutreffend abgewiesen.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Die Klage ist als Leistungsklage zulässig. Die Streitgegenstände sind hinreichend bestimmt. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1. ergibt sich aus dem klägerischen Vorbringen, dass sie die künftige Leistung ab September 2002 begehrt. Die Leistungsanträge sind am 29. August 2002 zu Protokoll erklärt worden. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2. begehrt die Klägerin 604,47 Euro als Differenz für die Monate Oktober 2001 bis August 2002 einschließlich, nicht mehr und nicht weniger. Das reicht für die hinreichende Bestimmtheit des Streitgegenstandes, § 253 ZPO, aus.

2. Der Zulässigkeit der Klage steht § 13 Abs. 2 Satz 2 des “Anstellungsvertrags”, wonach vor einem Arbeitsgerichtsrechtsstreit die Schlichtungsstelle des Diakonischen Werks einzuschalten ist, nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob durch eine Vertragsklausel, wonach bei Meinungsverschiedenheiten aus dem Vertrag zunächst eine kirchliche Schlichtungsstelle anzurufen ist, eine prozessual beachtliche Einrede begründet wird, mit der die staatliche Gerichtsbarkeit (zunächst) ausgeschlossen ist (ablehnend BAG 18. Mai 1999 – 9 AZR 682/98 – AP ArbGG 1979 § 4 Nr. 1 = EzA ArbGG 1979 § 4 Nr. 1, zu III der Gründe). Zumindest hat der Beklagte für die vorliegende Streitigkeit auf die Einhaltung des Schlichtungsverfahrens konkludent verzichtet. Weder hat eine der Parteien die Schlichtungsstelle angerufen noch hat der Beklagte gerügt, dass die Klägerin diese nicht vor Klageerhebung eingeschaltet hat. Die Nichtdurchführung des Schlichtungsverfahrens hätte nur dann zur Unzulässigkeit der Klage führen können, wenn der Beklagte eine entsprechende Rüge vorgebracht hätte (vgl. Senat 26. Mai 1993 – 4 AZR 130/93 – BAGE 73, 191, zu I 1 der Gründe; BAG 7. Februar 1996 – 10 AZR 225/95 –, zu I 1 der Gründe; 8. Juni 1994 – 10 AZR 341/93 –, zu II 1 der Gründe). Aus § 13 Abs. 2 des “Anstellungsvertrags” iVm. § 44 AVR DW ergibt sich schon deswegen keine prozessuale Einrede, weil die Anrufung der Schiedsstelle nur fakultativ ist.

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Der Sachvortrag der Klägerin hinsichtlich des begehrten Betrages von 604,47 Euro ist unschlüssig.

Abgesehen davon, dass aus dem arbeitsgerichtlichen Urteil entgegen der Revision nicht erkennbar ist, die Parteien hätten die Aufstellung Bl. 50 d. Akte – 1 Ca 229/02 – Arbeitsgericht Marburg unstreitig gestellt – Bl. 2 des Urteils nimmt lediglich auf die Aufstellung Bezug, in Bl. 3 heißt es lediglich, es sei nach Auffassung der Kammer zwischen den Parteien unstreitig, dass die tatsächliche Höhe der geleisteten Zahlungen an die Klägerin seit Oktober 2001 rechnerisch zutreffend den Voraussetzungen der einschlägigen Vergütungsgruppe W 2O unter Anwendung der einschlägigen Vergütungszulage entspreche –, hat die Beklagte in der Berufungsbeantwortung vom 11. Februar 2003 Bl. 2 beanstandet, es sei bereits nicht feststellbar, wie die Klägerin ihre Forderung berechne, und hat das im Einzelnen ausgeführt und hat die Klägerin aufgefordert, “den Rechenweg nachvollziehbar darzulegen”. Dieser Aufforderung ist die Klägerin nicht nachgekommen. Eines Hinweises des Landesarbeitsgerichts bedurfte es dazu nicht mehr. Das beanstandet die Klägerin auch nicht.

2. Auch der Klageantrag Ziff. 1 ist unbegründet.

Das Landesarbeitsgericht hat ihn dahin verstanden, dass die Klägerin der Sache nach eine Vergütungsdifferenz von 12,20 Euro monatlich zur bisherigen Vergütung nach Vergütungsgruppe H 2a begehrt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine dementsprechende Zahlung.

a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB.

aa) Nach § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB darf bei einem Arbeitsverhältnis für gleiche oder gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der Arbeitnehmer eine geringere Vergütung vereinbart werden als bei einem Arbeitnehmer des anderen Geschlechts. § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB gibt dem diskriminierten Arbeitnehmer einen Anspruch auf diejenige Vergütung, die Arbeitnehmer des anderen Geschlechts erhalten, die gleiche oder gleichwertige Arbeit erbringen. Der Anspruch auf Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Vergütung folgt nach herrschender Meinung aus § 612 Abs. 3 BGB (Senat 10. Dezember 1997 – 4 AZR 264/96 – BAGE 87, 272, zu II 2.1 der Gründe; 23. September 1992 – 4 AZR 30/92 – BAGE 71, 195, zu B II 2 der Gründe; BAG 23. August 1995 – 5 AZR 942/93 – BAGE 80, 343, zu II 2b der Gründe). Der Grundsatz der Lohngleichheit für Männer und Frauen (Art. 3 Abs. 2 GG, Art. 119 EG-Vertrag/Art. 141 EG, Art. 1 RL 75/117/EWG nunmehr geändert durch RL 2002/73/EG vom 23. September 2002) ist durch das arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1308) mit § 612 Abs. 3 BGB innerstaatlich umgesetzt worden. Der Anspruch auf Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Lohn folgt damit aus § 612 Abs. 3 BGB. Zwar ist § 612 Abs. 3 BGB seinem Wortlaut nach als gesetzliches Verbot iSv. § 134 BGB und nicht als Anspruchsgrundlage iSv. § 194 Abs. 1 BGB gefasst. Da die Vorschrift des § 612 Abs. 3 BGB erlassen worden ist, um dem europarechtlichen Gleichheitsgebot für Männer und Frauen beim Entgelt zu genügen, gebietet ihre gemeinschaftskonforme Auslegung, sie gleichwohl als Anspruchsgrundlage zu verstehen (BAG 20. August 2002 – 9 AZR 710/00 – BAGE 102, 225, zu B I der Gründe; Senat 10. Dezember 1997 – 4 AZR 264/96 – aaO; 23. September 1992 – 4 AZR 30/92 – aaO; BAG 23. August 1995 – 5 AZR 942/93 – aaO).

bb) Der Sachvortrag der Klägerin genügt für einen Anspruch nach § 612 Abs. 3 BGB nicht.

aaa) Die Klägerin hat schon nicht substantiiert vorgetragen, dass ihre Tätigkeit gleich oder gleichwertig sei.

(1) Um gleiche Arbeit handelt es sich, wenn Arbeitnehmer an verschiedenen oder nacheinander an denselben technischen Arbeitsplätzen identische oder gleichartige Tätigkeiten ausüben. Ob die Arbeit gleich ist, ist durch einen Gesamtvergleich der Tätigkeiten zu ermitteln. Dabei kommt es auf die jeweiligen Arbeitsvorgänge und das Verhältnis dieser Vorgänge zueinander an. Soweit Tätigkeiten oder ihre Merkmale voneinander abweichen, ist auf die jeweils überwiegend auszuübende Tätigkeit abzustellen. Einzelne gleiche Arbeitsvorgänge für sich allein genügen nicht für die Annahme, die insgesamt jeweils geschuldete Arbeitstätigkeit sei gleich (BAG 23. August 1995 – 5 AZR 942/93 – BAGE 80, 343, zu III 1a der Gründe). Dass die Klägerin in diesem Sinne die gleiche Arbeit ausübt wie andere Arbeitnehmer, behauptet sie selbst nicht.

(2) Die Klägerin übt auch keine gleichwertige Tätigkeit aus.

(a) § 612 Abs. 3 BGB bestimmt nicht selbst, wann Arbeiten “gleichwertig” sind. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 612 Abs. 3 BGB sind Arbeiten gleichwertig, wenn sie nach objektiven Maßstäben der Arbeitsbewertung denselben Arbeitswert haben (BT-Drucks. 8/3317 S. 10). Dabei können die Praxis der Tarifvertragsparteien und die allgemeine Verkehrsanschauung Anhaltspunkte geben (BTDrucks. aaO). Für die Frage der Gleichwertigkeit ist wie bei Art. 119 EGVertrag/Art. 141 EG (Senat 23. Februar 1994 – 4 AZR 219/93 – BAGE 76, 44, zu B III 2b der Gründe) auf den Gegenstand der Arbeitsleistung abzustellen (BAG 23. August 1995 – 5 AZR 942/93 – BAGE 80, 343, zu III 1b aa der Gründe). Ob die Arbeiten gleichwertig sind, kann nur festgestellt werden, indem die geschuldeten Tätigkeiten insgesamt miteinander verglichen werden. Für die qualitative Wertigkeit einer Arbeit ist unter anderem das Maß der erforderlichen Vorkenntnisse und Fähigkeiten nach Art, Vielfalt und Qualität bedeutsam (BAG 23. August 1995 – 5 AZR 942/93 – aaO).

(b) Die Klägerin hat zur Begründung der Gleichwertigkeit nicht ihre tatsächliche Tätigkeit und die anderer Arbeitnehmer im Einzelnen dargelegt, sondern sich im Wesentlichen darauf gestützt, “dass die Schaffung dieser ‘Lohnleichtgruppe’ bezüglich weiblicher Arbeitnehmerinnen im Sinne des Gesetzes diskriminierend und eine solche Diskriminierung gesetzlich nicht zulässig ist.”

Damit ist das Vorliegen gleichwertiger Tätigkeit nicht dargelegt. Auch aus der Einstufung der betroffenen Arbeitnehmer in dieselbe Tätigkeitsgruppe nach dem für das Arbeitsverhältnis geltenden Kollektivvertrag lässt sich nicht folgern, es liege gleichwertige Tätigkeit vor (EuGH 26. Juni 2001 – C-381/99 – EuGHE I 2001, 4961, 4962). Als Indiz bedürfen die in dem Kollektivvertrag enthaltenen allgemeinen Angaben einer Bestätigung durch eindeutige und konkrete Faktoren, die sich aus den von den betroffenen Arbeitnehmern ausgeübten Tätigkeiten ergeben (EuGH 26. Juni 2001 – C-381/99 – aaO). Erst recht lässt sich nicht allein aus der Verwendung des abstrakten Merkmals “einfache Tätigkeiten” in den Tätigkeitsmerkmalen Fallgruppe 6 (Einzelgruppenplan 01) bzw. Fallgruppe 8 (Einzelgruppenplan 60) und W 1 AVR DW folgern, dass gleichwertige Tätigkeiten vorliegen.

bbb) Bei unterstellter gleichwertiger Tätigkeit liegt eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts nicht vor.

Dabei ist schon zweifelhaft, ob die von der Klägerin allein auf den Betrieb der Beklagten, in dem die Klägerin arbeitet, bezogenen Angaben ausreichen, um von einer mittelbaren Diskriminierung weiblicher Arbeitnehmer durch die Einführung der Berufsgruppeneinteilung W auszugehen (vgl. a. EuGH 31. Mai 1995 – C-400/93 – EuGHE I 1995, 1275) oder ob auf die Einrichtungen des jeweiligen diakonischen Werks abzustellen ist, das die W-Gruppen (Wirtschaftsdienste) tatsächlich übernommen hat (vgl. Appel Mittelbare Diskriminierung durch Lohngruppenbildung in kirchenarbeitsrechtlichen Entgeltsystemen Bremen 1999 S. 50). Auch wenn man davon ausgeht, dass in der Gruppe der der Berufsgruppeneinteilung W unterfallenden Reinigungskräfte die Anzahl der weiblichen Arbeitnehmer im Vergleich zu anderen Gruppen von Arbeitnehmern im Geltungsbereich der AVR DW signifikant höher ist, ist eine gegen § 612 Abs. 3 BGB verstoßende mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts nicht gegeben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH enthält eine nationale Regelung eine mittelbare Diskriminierung weiblicher Arbeitnehmer, wenn sie zwar neutral gefasst ist, jedoch tatsächlich prozentual erheblich mehr Frauen als Männer benachteiligt, sofern diese unterschiedliche Behandlung nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun haben (EuGH 30. November 1993 – C-189/91 – EuGHE I 1993, 6215, zu Rn. 22 mwN; 13. Mai 1986 – 170/84 – EuGHE 1986, 1607). Eine ungleiche Behandlung ist danach zulässig, wenn die Maßnahme einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens dient und für die Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich ist (EuGH 13. Mai 1986 – 170/84 – aaO). Es ist Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob eine nationale Regelung durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben (EuGH 2. Oktober 1997 – C-1/95 – EuGHE I 1997, 5274, zu Rn. 35 mwN).

Der Zweck der Einführung der Berufsgruppeneinteilung W durch die Anlagen 18 und 1d AVR DW ist in der Einleitung der Anlage 18 AVR DW niedergelegt. Ziel ist es, eine an der gewerblichen Wirtschaft orientierte Vergütungsstruktur zu schaffen, um Auslagerungen von Wirtschaftszweigen aus dem Bereich der Diakonie aus Kostengründen in Zukunft zu vermeiden. Diese Gefahr besteht bei anderen Arbeitnehmer( inne)n nicht. Die Einführung der Berufsgruppeneinteilung W dient damit dem Erhalt der Arbeitsplätze in den Wirtschaftsbereichen innerhalb des Diakonischen Werks. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass dieses Ziel nicht tatsächlich verfolgt wird. Die Einführung der Berufsgruppeneinteilung W ist auch geeignet und erforderlich, dieses Ziel zu verwirklichen. Durch die hiermit verbundenen Einsparungen wird der Anreiz genommen oder zumindest verringert, durch Auslagerung eine Entlastung auf der Ausgabenseite zu erreichen. Dass es in Einzelfällen gleichwohl zu Ausgliederungen gekommen ist, spricht nicht gegen die Tauglichkeit der so begründeten Einführung der WGruppen. Anzeichen für einen Missbrauch der Einführung der Berufsgruppeneinteilung W sind nicht erkennbar. Die Einführung der Berufsgruppeneinteilung W ist damit durch objektive Faktoren gerechtfertigt, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben. Die Auslagerungsgefahr ist nicht geschlechtsspezifisch. Eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts liegt sonach nicht vor.

Der Senat musste nicht entscheiden, ob der genannte Sachgrund dann nicht tragfähig ist, wenn die Ausgliederungsgefahr auf Gründen beruht, die im Geschlecht der betreffenden Arbeitnehmergruppe liegen. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass die relativ geringere Bezahlung der hier angesprochenen Tätigkeiten in der freien Wirtschaft auf der typischen Geschlechterzusammensetzung in diesem Bereich beruht.

b) Aus denselben Gründen ist auch ein Anspruch der Klägerin aus Art. 141 EG oder Art. 3 Abs. 2 und 3 GG nicht gegeben.

c) Die Vergütung der Klägerin richtet sich nach Anlage 18 iVm. der Anlage 1d AVR DW. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Tätigkeit der Klägerin der Berufsgruppeneinteilung W gemäß der Anlage 1d AVR DW unterfällt. Die Anlagen 18 und 1d AVR DW sind mit Änderung der AVR DW zum 1. September 1998 auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anwendbar.

aa) Die Parteien haben die Geltung der AVR DW einschließlich der Anlage 18 iVm. der Anlage 1d AVR DW mit § 1 des “Anstellungsvertrags” wirksam in Bezug genommen. Bedenken an der Wirksamkeit der Verweisung in § 1 auf die AVR DW bestehen nicht. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB vor, weil eine Änderung des Inhalts des Arbeitsverhältnisses durch die AVR DW nicht durch den Arbeitgeber als Verwender iSv. § 308 Nr. 4 BGB erfolgt, sondern durch Beschluss der AK DW EKD. Die Anlage 18 iVm. der Anlage 1d AVR DW sind damit Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden.

bb) Die Regelungen der Anlagen 18 und 1d AVR DW sind wirksam.

aaa) Formelle Bedenken an dem ordnungsgemäßen Zustandekommen bestehen nicht. Die Regelung wurde durch die AK DW EKD als zuständigem Organ getroffen, dessen Entscheidung sich die Klägerin durch die Bezugnahme in § 1 des “Anstellungsvertrags” unterworfen hat. Bedenken an der ordnungsgemäßen Bildung und Besetzung der AK DW EKD nach der Ordnung der AK DW EKD bestehen nicht (vgl. hierzu BAG 15. November 2001 – 6 AZR 88/01 – EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 48, zu I 3a – c der Gründe).

bbb) Auch materiellrechtlich bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Anlagen 18 und 1d AVR DW.

(1) Die Anlagen 18 und 1d AVR DW beinhalten keine unzulässige Diskriminierung wegen des Geschlechts. Sie verstoßen demnach nicht gegen § 612 Abs. 3, § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 141 EG oder Art. 3 Abs. 2 und 3 GG.

(2) Ebenso liegt kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachwidrige Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern vergleichbarer Lage sowie die sachwidrige Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung (BAG 20. Juli 1993 – 3 AZR 52/93 – BAGE 73, 343, zu 2b der Gründe). Es ist nicht sachwidrig, allein die Vergütung der vorhandenen ungelernten Hilfskräfte von der allgemeinen Vergütungsentwicklung abzukoppeln, weil deren Tätigkeit in besonderem Maße gefährdet ist, an branchenfremde Unternehmen vergeben zu werden, die deutlich niedrigere Vergütungen zahlen (BAG 15. November 2001 – 6 AZR 88/01 – EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 48, zu I 5 der Gründe).

(3) Die Anlagen 18 und 1d AVR DW halten auch einer Inhaltskontrolle stand.

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht um Tarifverträge im Sinne des Tarifvertragsgesetzes, weil sie nicht nach dessen Maßgabe zustande gekommen sind (st. Rspr. Senat 19. Februar 2003 – 4 AZR 11/02 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 36, zu I 1e aa der Gründe; 20. März 2002 – 4 AZR 101/01 – BAGE 101, 9, zu III 2b aa der Gründe; 15. November 2001 – 6 AZR 88/01 – EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 48, zu I 1 der Gründe). Vielmehr werden die AVR DW durch Beschluss der AK DW EKD festgelegt, die insoweit als Dritte den Inhalt der Arbeitsverhältnisse der bei dem Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer bestimmt.

Dabei ist umstritten, ob die inhaltliche Kontrolle von Arbeitsrechtsregelungen durch staatliche Gerichte deshalb als eine – eingeschränkte – Billigkeitskontrolle nach §§ 317, 319 BGB vorzunehmen ist (so BAG 17. April 1996 – 10 AZR 558/95 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24, zu 4d der Gründe) oder ob sie sich gleichwohl – wie bei Tarifverträgen – auf eine reine Rechtskontrolle zu beschränken hat (so Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 4. Aufl. § 15 Rn. 39 f.; Schliemann FS Hanau S. 577, 597; Thüsing Anm. zu AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24; ders. Anm. zu EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 48 und – jedenfalls für solche Arbeitsrechtsregelungen, die einen Tarifvertrag ganz oder im Wesentlichen übernehmen – BAG 6. November 1996 – 5 AZR 334/95 – BAGE 84, 282, zu I 2a der Gründe; Senat 28. Januar 1998 – 4 AZR 491/96 – AP AVR § 12 Caritasverband Nr. 11, zu II 1a der Gründe).

(b) An welchen Maßstäben die Anlagen 18 und 1d AVR DW inhaltlich zu überprüfen sind, kann offen bleiben. Die Anlagen 18 und 1d AVR DW halten nach beiden Maßstäben einer Überprüfung stand.

(aa) Nimmt man an, dass die AK DW EKD als Dritter iSv. §§ 317, 319 BGB die vertragliche Leistung des Beklagten bestimmt hat, so erweisen sich die Anlagen 18 und 1d AVR DW nicht als offenbar unbillig iSd. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB. Mangels Anhaltspunkten für eine anderweitige Vereinbarung der Parteien ist nach § 317 Abs. 1 BGB davon auszugehen, dass die AK DW EKD ihre Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu treffen hat. Die Entscheidung des Dritten ist den Parteien gegenüber nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist (§ 319 Abs. 1 Satz 1 BGB). Offenbar unbillig iSd. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Leistungsbestimmung des Dritten dann, wenn sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies bei unbefangener sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt (Senat 19. Februar 2003 – 4 AZR 11/02 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 36, zu I 1e aa (1) der Gründe; BAG 15. November 2001 – 6 AZR 88/01 – EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 48, zu I 4a aa der Gründe; BGH 26. April 1991 – V ZR 61/90 – NJW 1991, 2761, zu I 1 der Gründe).

Der Beschluss der AK DW EKD zur Einführung der Anlagen 18 und 1d AVR DW stellt keine offenbar unbillige Entscheidung iSd. § 319 BGB dar (vgl. bereits BAG 15. November 2001 – 6 AZR 88/01 – EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 48, zu I 4a bb der Gründe; LAG Berlin 1. Dezember 2000 – 6 Sa 1827/00 –, zu 2.2.1.2 der Gründe; Hessisches LAG 24. April 2003 – 9 Sa 1569/02 –). Wie sich aus der Vorbemerkung der Anlage 18 AVR DW ergibt, wurde angesichts der Tatsache, dass Wirtschaftsbereiche Diakonischer Einrichtungen in den letzten Jahren verstärkt ausgelagert oder fremdvergeben wurden, und, um bestehende Arbeitsplätze innerhalb der Diakonie zu erhalten, die Eingruppierungsvorschriften von einigen H-Gruppen gestrichen und eine an der gewerblichen Wirtschaft orientierte Vergütungsstruktur geschaffen. Dies stellt eine an sich zweckmäßige und damit nicht offenbar unbillige Entscheidung dar. Es ist nicht unbillig für Arbeitnehmer, deren Tätigkeiten auf Grund ihrer bloßen Hilfsfunktionen in besonderem Maße dem Risiko einer Auslagerung ausgesetzt sind, das Gehaltsgefüge den Marktbedingungen anzupassen. Während eine solche Auslagerung günstigenfalls als Betriebsteilübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zu einem Fortbestand der Arbeitsverhältnisse auf dem bisherigen Niveau führen würde, nahm die Klägerin auf Grund der Überleitungsregelung in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 3 der Anlage 18 AVR DW noch bis zum 31. Dezember 2003 in Höhe von 50 % an allgemeinen Vergütungserhöhungen teil. Auch die Sonderzuwendung der Klägerin bleibt unberührt, weil die ihr gewährte persönliche Zulage in Höhe der Differenz zu ihrer bisherigen Vergütung bei der Berechnung der Zuwendung gemäß § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 der Anlage 18 AVR DW zu berücksichtigen ist. Dass die Abkoppelung der Beschäftigten der Berufsgruppe W von der allgemeinen Vergütungsentwicklung von vorneherein ungeeignet wäre, Dienstgeber von Auslagerungen abzuhalten, ist nicht erkennbar. Entscheidend ist vielmehr, dass durch die Einsparung selbst ein Anreiz genommen oder zumindest verringert wird, durch Auslagerung eine Entlastung auf der Ausgabenseite zu erreichen (BAG 15. November 2001 – 6 AZR 88/01 – aaO).

(bb) Unterwirft man die Regelung der Rechtskontrolle nach den für Tarifverträge geltenden Maßstäben, ist das Ergebnis kein anderes.

Bei Tarifverträgen ist nicht gerichtlich zu prüfen, ob jeweils die gerechteste oder zweckmäßigste Regelung gefunden wurde. Tarifverträge sind allein darauf zu untersuchen, ob sie rechtswidrig sind, weil sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder gegen die guten Sitten verstoßen (st. Rspr. vgl. Senat 19. Februar 2003 – 4 AZR 11/02 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 36, zu I 1e bb (1) der Gründe; BAG 6. November 1996 – 5 AZR 334/95 – BAGE 84, 282, zu I 2a aa der Gründe). Derartige Verstöße liegen nicht vor; insbesondere ist kein Verstoß gegen Grundrechte gegeben (vgl. schon BAG 15. November 2001 – 6 AZR 88/01 – EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 48, zu I 4b der Gründe). Dabei kann offen bleiben, welcher Maßstab hinsichtlich der Grundrechtsbindung anzulegen ist (vgl. zuletzt hinsichtlich der Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 5 = EzA GG Art. 3 Nr. 101, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II der Gründe mit umfassenden Nachweisen). Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe als Regelungsadressaten im Vergleich zu anderen Regelungsadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – aaO, zu B II 3c cc der Gründe mwN). Hier ist zu berücksichtigen, dass von der Einführung der Berufsgruppeneinteilung W diejenigen Arbeitnehmer betroffen sind, deren Tätigkeiten in besonderem Maße gefährdet sind, an branchenfremde Unternehmen vergeben zu werden. Diese gesteigerte Gefährdung dieser Arbeitnehmer, von einer Auslagerung betroffen zu werden, begründet einen entscheidenden Unterschied zu den anderen Arbeitnehmern, die nicht der Berufsgruppeneinteilung W unterfallen. Weitere etwaige Grundrechtsverstöße sind nicht ersichtlich.

(c) Die Anlagen 18 und 1d AVR DW sind nicht wegen Verstoßes gegen die §§ 307 – 309 BGB unwirksam.

Dabei kann offen bleiben, ob die AVR DW seit dem 1. Januar 2003 (vgl. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) an den §§ 305 ff. BGB zu überprüfen sind. Teilweise wird vertreten, dass die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien im Hinblick auf die auch ihnen innewohnende Angemessenheitsvermutung ebenso wie Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht den §§ 305 ff. BGB unterfallen (Thüsing Anm. zu EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 48 mwN). Hiergegen spricht allerdings neben dem Wortlaut des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB auch die Gesetzesbegründung. In dieser heißt es, dass das kirchliche Arbeitsrecht ein Fall der arbeitsrechtlichen Besonderheiten ist, die gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB bei der Anwendung der §§ 305 ff. BGB zu berücksichtigen sind (BT-Drucks. 14/7052 S. 189). Der Anwendungsbereich des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB ist aber erst eröffnet, wenn eine Regelung nicht bereits nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB einer Überprüfung nach §§ 305 ff. BGB entzogen ist, so dass auch nach der Gesetzesbegründung kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien nicht § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB unterfallen können.

Auch wenn die Anlagen 18 und 1d AVR DW seit dem 1. Januar 2003 grundsätzlich an den §§ 305 ff. BGB zu messen sind, bestehen keine Bedenken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit.

(aa) Die AVR DW sind wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen. § 305 Abs. 2 BGB findet keine Anwendung (§ 310 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz BGB).

(bb) Die Anlagen 18 und 1d AVR DW enthalten keine Bestimmungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder ergänzende Regelungen vereinbart werden, so dass gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB § 307 Abs. 1 und 2, §§ 308 und 309 BGB nicht einschlägig sind.

(cc) Die Anlagen 18 und 1d AVR DW sind auch nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Die Bestimmungen sind iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB klar und verständlich. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. – 15 – 4 AZR 509/03

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Bepler, Wolter, Friedrich, Jürgens, Görgens

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1384442

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