Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung. Beweislast des Kündigenden

 

Leitsatz (redaktionell)

1.Auch bei der außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB trifft den Kündigenden die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund (zB Arbeitsbefreiung) ausschließen (im Anschluß an das Urteil des erkennenden Senats vom 12. August 1976 2 AZR 237/75 = AP Nr 3 zu § 1 KSchG 1969).

2.Diese dem kündigenden Arbeitgeber obliegende Beweislast geht auch dann nicht auf den gekündigten Arbeitnehmer über, wenn dieser sich auf eine angeblich mit dem Arbeitgeber persönlich vereinbarte Arbeitsbefreiung beruft und er einer Parteivernehmung des Arbeitgebers zu der streitigen Zusage widerspricht.

3.In diesem Falle sind allerdings an das Bestreiten einer rechtswidrigen Vertragsverletzung hinsichtlich des Zeitpunktes, des Ortes und des Anlasses der behaupteten Vereinbarung, die das Verhalten des gekündigten Arbeitnehmers rechtfertigen oder entschuldigen würde, strenge Anforderungen zu stellen.

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 26.05.1982; Aktenzeichen 2 (11) Sa 1213/81)

ArbG Bochum (Entscheidung vom 15.09.1981; Aktenzeichen 4 Ca 440/81)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen infolge der fristlosen Kündigung der Beklagten vom 22. Mai 1981 oder erst nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist am 16. Juni 1981 geendet hat.

Der Kläger war seit dem 16. Februar 1981 als Gas- und Wasserinstallateur bei den Beklagten in deren Bauklempnerei zu einem Stundenlohn von zuletzt 14,20 DM beschäftigt. Im Betrieb der Beklagten waren regelmäßig neun Arbeitnehmer tätig.

In der Zeit vom 1. April bis 6. Mai 1981 unterzog sich der Kläger einer Kur mit anschließender einwöchiger Schonzeit. Am 7. Mai 1981 blieb er der Arbeit fern, wobei streitig ist, ob er für diesen Tag Urlaub erhalten hatte. Am Donnerstag, dem 21. Mai 1981, stellte der Kläger um 12.00 Uhr seine Arbeit ein. Er verließ die Baustelle, auf der sich zu diesem Zeitpunkt beide Beklagte aufhielten, ohne ihnen etwas zu sagen. Am 22. Mai 1981 erschien der Kläger nicht zur Arbeit. Daraufhin kündigten die Beklagten mit Schreiben vom 22. Mai 1981 dem Kläger fristlos. Die Kündigung ging dem Kläger am 1. Juni 1981 zu, nachdem dieser sich bereits am 25. Mai 1981 bei den Beklagten arbeitsunfähig krank gemeldet hatte.

Mit seiner am 22. Juni 1981 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die fristlose Kündigung vom 22. Mai 1981. Er ist der Auffassung, die Kündigung sei mangels eines wichtigen Grundes rechtsunwirksam, deshalb habe sein Arbeitsverhältnis für die Dauer der gesetzlichen zweiwöchigen Kündigungsfrist bis zum 16. Juni 1981 fortbestanden.

Er hat behauptet, weder am 7., 12. noch am 21. oder 22. Mai 1981 unberechtigt gefehlt zu haben. Vielmehr sei ihm für den 7. Mai aufgrund eines Anrufs seiner Ehefrau bei den Beklagten und für den Nachmittag des 21. Mai sowie für den 22. Mai aufgrund eines persönlichen Gesprächs mit dem Beklagten F am 14. Mai 1981 Urlaub bzw. Arbeitsbefreiung gewährt worden.

Der Kläger hat beantragt festzustellen, daß die fristlose Kündigung der Beklagten vom 22. Mai 1981 rechtsunwirksam ist und sein Arbeitsverhältnis bis zum 16. Juni 1981 fortbestanden hat.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung haben sie vorgetragen, sie hätten dem Kläger nach seinem unberechtigten Fehlen am 7. Mai am darauffolgenden Tage für den Wiederholungsfall seine fristlose Kündigung angedroht. Dem Kläger sei zu keiner Zeit Urlaub für den 21. und 22. Mai 1981 bewilligt worden. Ein diesbezügliches persönliches Gespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten F habe nie stattgefunden. Auch am 12. Mai 1981 habe er unentschuldigt gefehlt. Um 10.00 Uhr habe er angerufen und gesagt, er müsse etwas bei der Gewerkschaft erledigen, anschließend komme er dann zur Arbeit. Da er nicht mehr zur Arbeit erschienen sei, sei ihm erneut für den Wiederholungsfall eine fristlose Kündigung angedroht worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht nach uneidlicher Vernehmung der Zeuginnen F und C das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger hat einer Vernehmung der Beklagten zum Beweis dafür, daß ihm am 14. Mai 1981 keine Arbeitsbefreiung gewährt worden sei, widersprochen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die fristlose Kündigung der Beklagten vom 22. Mai 1981 habe das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit ihrem Zugang am 1. Juni 1981 rechtswirksam aufgelöst. Wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB sei das unbefugte Einstellen der Arbeit am 21. Mai um 12.00 Uhr und das ebenfalls nicht erlaubte ganztägige Fernbleiben von der Arbeit am 22. Mai. Die vom Kläger behauptete Beurlaubung für die beiden Tage sei nicht bewiesen worden. Grundsätzlich trage nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Arbeitgeber zwar auch die Beweislast für solche Umstände, die Rechtfertigungsgründe für das Verhalten des Arbeitnehmers ausschließen sollten (BAG Urteil vom 12. August 1976 - 2 AZR 237/75 - AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969). Vorliegend treffe aber ausnahmsweise den Kläger die Beweislast. Die Umkehr der Beweislastverteilung hat das Berufungsgericht mit den besonderen Umständen des Streitfalles begründet. Von den Beklagten könne nicht der Beweis gefordert werden, der Beklagte F habe dem Kläger nicht für den 21./22. Mai Urlaub gewährt, weil die Beklagten diesen negativen Beweis für das Fehlen der von ihnen bestrittenen Zusage "so gut wie nicht" führen könnten und nach der Darstellung des Klägers bei dem behaupteten Gespräch nur der Beklagte F und er selbst anwesend gewesen seien. Deshalb müsse der Kläger die Bewilligung des Urlaubs beweisen und nicht die Beklagten dessen Nichtbewilligung. Da der Kläger diesen Beweis nicht hat erbringen können, ist das Landesarbeitsgericht von dessen unbefugtem Fernbleiben von der Arbeit ausgegangen und hat darin einen schwerwiegenden, die fristlose Entlassung rechtfertigenden Verstoß gegen die vertragliche Arbeitspflicht gesehen, weil der Kläger nur zwei Wochen zuvor, am 7. Mai, schon einmal unerlaubt am Arbeitsplatz gefehlt habe und deshalb am 8. Mai 1981 abgemahnt worden sei. Einer Berücksichtigung auch dieses Sachverhalts stehe die zweiwöchige Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht entgegen, weil bei Pflichtverletzungen, die zu einem Gesamtverhalten zusammengefaßt werden könnten, die Ausschlußfrist mit dem letzten Vorfall beginne, der ein weiteres und letztes Glied der Kette der Ereignisse bilde, die Anlaß der Kündigung seien. In einem solchen Falle könne der Arbeitgeber unterstützend auch auf die früheren Ereignisse zurückgreifen.

Bei der abschließenden Interessenabwägung hat das Landesarbeitsgericht dem Interesse der Beklagten an der fristlosen Kündigung den Vorrang vor dem Bestandsschutzinteresse des Klägers gegeben. Dabei hat es die kurze Beschäftigungszeit des Klägers bei den Beklagten (drei Monate), von denen noch fünf Wochen auf eine Kur entfielen, sein Alter von 29 Jahren und die Tatsache, daß er im Kündigungszeitpunkt noch ledig und ohne Unterhaltspflicht gewesen sei, hervorgehoben. Es hat außerdem angenommen, in dem Kleinbetrieb der Beklagten wirke sich willkürliches Fehlen sehr störend aus, weshalb die Beklagten auf Ordnung bedacht sein müßten. Auch hätten sie für den Kläger im Hinblick auf dessen Kuraufenthalt viel Verständnis aufgebracht.

B. Dieser Würdigung des Landesarbeitsgerichts kann im Ergebnis, nicht aber in der Begründung gefolgt werden.

I. 1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

2. Bei der Frage des wichtigen Grundes handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 626 Abs. 1 BGB Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat und ob es alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände, die für oder gegen die außerordentliche Kündigung sprechen, beachtet hat.

Dieser eingeschränkten Überprüfung hält das Berufungsurteil im Ergebnis stand.

II. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zu folgen, daß unentschuldigtes Fehlen ebenso wie unbefugtes vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes an sich geeignet sind, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers abzugeben, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erfolglos abgemahnt hat (LAG Düsseldorf vom 2. November 1971 - 8 Sa 346/71 - DB 1971, 2319 und LAG Hamm vom 7. April 1972 - 2 Sa 102/72 - BB 1973, 141 sowie KR-Hillebrecht, § 626 BGB Rz 336 i.V.m. Rz 96). Die Erforderlichkeit der vergeblichen Abmahnung ergibt sich bei Störungen im Leistungsbereich, zu denen das unentschuldigte Fehlen gehört, aus dem in § 326 Abs. 1 BGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken (BAG Urteil vom 28. Oktober 1971 - 2 AZR 15/71 - AP Nr. 62 zu § 626 BGB und BAG Urteil vom 29. Juli 1976 - 3 AZR 50/75 - AP Nr. 9 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung sowie KR-Hillebrecht, § 626 BGB Rz 96 und 97 m.w.N.).

III. Vorliegend hat die Revision aber zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts gerügt, es sei deswegen von einem unentschuldigten Fehlen des Klägers am 21. und 22. Mai 1981 auszugehen, weil dieser nicht habe beweisen können, daß er am 14. Mai für diese Tage Dienstbefreiung bzw. Urlaub erhalten habe. Dennoch ist dem Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu folgen.

1. Derjenige, der eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat, ist darlegungs- und beweisbelastet für alle Umstände, die als wichtige Gründe geeignet sein können (BAG 2, 333 = AP Nr. 8 zu § 626 BGB; Grunsky, ZfA 1977, 167, 174; KR-Hillebrecht, § 626 BGB Rz 275 m.w.N.; MünchKomm-Schwerdtner, § 626 BGB Rz 70; Stahlhacke, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 4. Aufl., Rz 335-336). Der Kündigende muß also die Voraussetzungen für die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung in vollem Umfang darlegen und beweisen; die Darlegungs- und Beweislast ist nicht so aufzuteilen, daß der Kündigende nur die objektiven Merkmale für einen Kündigungsgrund und die bei der Interessenabwägung für den Gekündigten ungünstigen Umstände und der Gekündigte seinerseits Rechtfertigungsgründe und für ihn entlastende Umstände vorzutragen und zu beweisen hätte (KR-Hillebrecht, aaO, m.w.N.).

Kündigt also der Arbeitgeber, so muß er alle Umstände darlegen und ggfls. beweisen, die den Vorwurf begründen, der Arbeitnehmer habe vertragswidrig gehandelt. Aus einer Arbeitsversäumnis kann nicht schon ohne weiteres auf eine Arbeitspflichtverletzung durch den Arbeitnehmer geschlossen werden, denn im Vertragsrecht indiziert ein bestimmter Sachverhalt, der den objektiven Voraussetzungen für eine Vertragsverletzung entspricht, nicht zugleich ein rechts- bzw. vertragswidriges Verhalten; vielmehr muß die Rechtswidrigkeit eines beanstandeten Verhaltens besonders begründet werden, weshalb der Arbeitgeber ggfls. auch die Tatsachen beweisen muß, die einen Rechtfertigungsgrund für das Verhalten des Arbeitnehmers ausschließen (BAG Urteil vom 12. August 1976 - 2 AZR 237/75 - AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969). Das Fehlen eines Rechtfertigungsgrundes gehört zu den die Kündigung bedingenden Tatsachen.

Hierbei muß allerdings eine Überforderung der mit der Darlegungs- und Beweislast belegten Partei im Kündigungsschutzprozeß vermieden werden. Denn es wäre verfehlt, etwa im Falle einer arbeitgeberseitigen Kündigung, dem Arbeitgeber eine so weitgehende Beweislast aufzuerlegen, die zu erfüllen ihm unzumutbar und auch unmöglich wäre (Stahlhacke, aaO, Rz 337). Daher richtet sich der Umfang der dargestellten Darlegungs- und Beweislast danach, wie substantiiert sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die Kündigungsgründe einläßt. Der Arbeitgeber braucht nicht von vornherein alle nur denkbaren Rechtfertigungsgründe des Arbeitnehmers zu widerlegen. Es reicht auch nicht aus, wenn der Arbeitnehmer Rechtfertigungsgründe pauschal ohne nähere Substantiierung vorbringt. Vielmehr ist er nach § 138 Abs. 2 ZPO im Rechtsstreit gehalten, die Gründe, aus denen er die Berechtigung zum Fehlen am Arbeitsplatz herleiten will, ausführlich vorzutragen, um damit den Vorwurf, unberechtigt gefehlt zu haben, zu bestreiten. Dazu genügt der Hinweis auf eine angebliche Beurlaubung nicht. Es ist vielmehr die Angabe der konkreten Umstände erforderlich, aus denen sich die Beurlaubung ergibt. Die den kündigenden Arbeitgeber treffende Darlegungs- und Beweislast für den Ausschluß von Rechtfertigungsgründen ist damit sachgerecht abgestuft. Denn die notwendige, substantiierte Einlassung des Arbeitnehmers ermöglicht dem Arbeitgeber erst die Überprüfung dieser tatsächlichen Angaben und im Falle, daß er sie für unrichtig hält, auch einen erforderlichen Beweisantritt.

2. Der Kläger ist seiner diesen Grundsätzen entsprechenden prozessualen Mitwirkungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Er hat zwar angegeben, bereits am 14. Mai 1981 in einem persönlichen Gespräch von dem Beklagten F Urlaub für den Nachmittag des 21. und ganztägig für den 22. Mai 1981 erhalten zu haben, als er mit diesem über eine Erhöhung seines Stundenlohnes gesprochen habe. Diese Schilderung der Umstände der Beurlaubung ist aber nicht so substantiiert, daß den Beklagten eine genaue Nachprüfung und Gegendarstellung mit einem geeigneten Beweisantritt möglich wäre. Der Kläger hat allerdings dargelegt, er habe am 14. Mai 1981 den Mitinhaber F anläßlich eines Gesprächs unter vier Augen über eine Lohnerhöhung um Urlaub gebeten, weil seine Großmutter am 22. Mai ihren 90. Geburtstag gefeiert habe. Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles, aus denen sich ganz erhebliche Zweifel an der Urlaubsgewährung ergeben und die den Beweis des unentschuldigten Fehlens besonders erschweren, sind jedoch an die prozessuale Mitwirkungspflicht des Klägers gemäß § 138 Abs. 2 ZPO besonders strenge Anforderungen zu stellen. Gegen eine am 14. Mai 1981 zugesagte Beurlaubung spricht, daß der erst seit drei Monaten beschäftigte Kläger damals noch keinen Urlaubsanspruch hatte (§ 4 BUrlG) und ihm im Vorgriff bereits am 31. März 1981 zur Vorbereitung seiner Kur ein Tag Urlaub bewilligt worden war. Der Kläger, der sich vom 1. April bis 6. Mai 1981 einer Kur mit anschließender einwöchiger Schonzeit unterzogen hatte, war ferner am ersten Arbeitstag danach, am 7. Mai 1981, ohne Entschuldigung der Arbeit ferngeblieben und hatte allenfalls im Laufe des Tages die Firma davon verständigt. Wegen dieses Verhaltens war nach der Behauptung der Beklagten der Kläger unter Androhung einer fristlosen Kündigung auch abgemahnt worden (vgl. unten zu IV). Die Urlaubsgewährung ist auch deswegen wenig wahrscheinlich, weil der Kläger am 21. Mai 1981 die Baustelle verließ, ohne seine Arbeit abzuschließen und ohne sich abzumelden, obwohl drei Vertreter der Beklagten, unter ihnen die beiden Inhaber, auf der Baustelle anwesend waren. Wenn der Kläger unter solch ungewöhnlichen Umständen eine Dienstbefreiung ausgerechnet unter vier Augen behauptet, hat er nach § 138 Abs. 2 ZPO die näheren Umstände der Urlaubsgewährung so substantiiert darzulegen, daß den Beklagten der Beweis des unentschuldigten Fehlens möglich ist. Zu dem unter diesen Umständen erforderlichen Vortrag des Klägers hätte es gehört, zumindest den Ort und die möglichst genaue Uhrzeit der von ihm behaupteten Unterredung anzugeben. Dies hätte es den Beklagten ermöglicht, möglicherweise zu beweisen, daß Herr F zu der genannten Zeit gar nicht an dem angegebenen Ort gewesen sein konnte. Da der Kläger diese prozessuale Mitwirkungspflicht verletzt hat, ist nach § 138 Abs. 3 ZPO die Behauptung der Beklagten als nicht hinreichend bestritten und damit als zugestanden anzusehen mit der Rechtsfolge, daß von einem unentschuldigten Fehlen am 21. und 22. Mai 1981 auszugehen ist.

3. Das Landesarbeitsgericht ist zwar zu Unrecht von der Annahme ausgegangen, immer dann, wenn ein Arbeitnehmer, der seiner Arbeit ferngeblieben sei, sich zur Rechtfertigung seiner Arbeitsversäumnis darauf berufe, ihm sei vom Arbeitgeber selbst Urlaub für die Fehltage gewährt worden und dieser ein solches Gespräch bestreite, sei es Sache des Arbeitnehmers, die Bewilligung des Urlaubs nachzuweisen. Insofern hat das Berufungsgericht für die Beweislast bei der Anwendung des § 626 BGB einen unzutreffenden allgemeinen Grundsatz aufgestellt. Das ist aber unschädlich, weil das Urteil auf diesem Rechtsfehler nicht beruht, wie die Ausführungen unter III 2 zeigen.

IV. Der Kläger ist auch wegen unentschuldigten Fehlens bereits vergeblich abgemahnt gewesen.

1. Die Feststellungen des Berufungsgerichts, der Kläger habe bereits am 7. Mai 1981 unentschuldigt gefehlt und sei deswegen am 8. Mai 1981 abgemahnt worden, sind von der Revision zwar mit Prozeßrügen angegriffen worden. Diese sind aber unbegründet.

2. Die Revision beanstandet die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts, nach der der Kläger am 7. Mai 1981 unentschuldigt gefehlt hat, mit dem Hinweis, die Zeugin F habe lediglich bekundet, sie habe am 7. Mai 1981 nicht mit der Ehefrau des Klägers telefoniert und es sei ihr auch nicht bekannt, daß diese mit den Beklagten telefoniert hätte. Dies schließe aber denkgesetzlich nicht aus, daß dem Kläger dennoch Arbeitsbefreiung gewährt worden sei. Die Revision übersieht hierbei, daß das Berufungsgericht seine Feststellung ebenso auf die Aussage der Zeugin C gestützt hat, die entgegen der Behauptung des Klägers ausgesagt hat, sie habe den Kläger nicht telefonisch bei den Beklagten entschuldigt, dieser habe vielmehr ihr auf ihre Frage, warum er denn nicht zur Arbeit gehe, erwidert, er habe sich telefonisch bei der Firma entschuldigt, weil er noch etwas zu erledigen habe. Es ist zwar richtig, daß dies denkgesetzlich eine Arbeitsbefreiung des Klägers nicht ausschließt, die Würdigung des Beweisergebnisses durch das Landesarbeitsgericht ist aber möglich und widerspricht keinen Denkgesetzen. Dementsprechend reicht der Vortrag der Revision für eine Verfahrensverletzung nicht aus.

3. Die weitere Feststellung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei am 8. Mai 1981 abgemahnt worden, greift die Revision mit der Rüge an, die Zeugin F habe eine solche Abmahnung nicht aus eigener Wahrnehmung gehört. Sie könne daher eine Abmahnung auch aus eigener Wahrnehmung nicht bekunden. Auch der Bericht an sie durch die Beklagten bedeute nicht von vornherein, daß eine Abmahnung tatsächlich erfolgt sei.

Diese Ausführungen der Revision bezeichnen keinen Verfahrensfehler und können deshalb keinen Erfolg haben. Auch insoweit ist die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts möglich und damit für das Revisionsgericht bindend.

V. Das Berufungsgericht hat ebenfalls zutreffend angenommen, vorliegend seien die Beklagten auch nicht aufgrund der zweiwöchigen Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB gehindert gewesen, auf die Vorfälle vom 7. und 8. Mai 1981 zurückzugreifen. Zwischen dem unentschuldigten Fehlen am 7. Mai und der Abmahnung am 8. Mai sowie dem Zugang der Kündigung am 1. Juni 1981 hat zwar ein längerer Zeitraum als zwei Wochen gelegen. Die Revision übersieht aber, daß bei Pflichtverletzungen, die zu einem Gesamtverhalten zusammengefaßt werden können, die Ausschlußfrist mit dem letzten Vorfall beginnt, der ein weiteres und letztes Glied in der Kette der Ereignisse bildet, die zum Anlaß für eine Kündigung genommen werden. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber u n t e r s t ü t z e n d auch auf die früheren Ereignisse zurückgreifen (BAG Urteile vom 17. August 1972 und 10. April 1975 - 2 AZR 359/71 sowie 2 AZR 113/74 -, AP Nr. 4 und 7 zu § 626 BGB Ausschlußfrist).

VI. Da auch die Interessenabwägung keine revisionsrechtlich erheblichen Fehler erkennen läßt, war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Hillebrecht Dr. Röhsler Dr. Weller

Hauenschild Brocksiepe

 

Fundstellen

Haufe-Index 437775

BB 1984, 725-727 (LT1-3)

DB 1984, 884-885 (LT1-3)

ARST 1984, 91-92 (LT1-3)

BlStSozArbR 1984, 230-230 (T)

AP § 626 BGB (LT1-3), Nr 76

AR-Blattei, ES 1010.8 Nr 60 (LT1-3)

AR-Blattei, Kündigung VIII Entsch 60 (LT1-3)

EzA § 626 nF BGB, Nr 88 (LT1-3)

EzBAT § 54 BAT, Nr 21 (LT1-3)

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