Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Änderungskündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Dem Kündigungsschutzgesetz, insbesondere § 1 Abs 2 und 3, läßt sich nicht die Wertung entnehmen, der Arbeitgeber müsse aufgrund einer Rationalisierung im Dienstleistungsbereich ohne Rücksicht auf eine einschlägige Organisationsentscheidung in jedem Falle anstelle mehrerer Änderungskündigungen (im Streitfall zwei Änderungskündigungen mit dem Ziel von Halbtagsbeschäftigungen) eine geringere Anzahl von Beendigungskündigungen (vorliegend nur eine Beendigungskündigung) aussprechen.

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Entscheidung vom 08.05.1992; Aktenzeichen 3 Sa 11/92)

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 13.12.1991; Aktenzeichen 3 Ca 265/91)

 

Tatbestand

Die am 3. April 1937 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 2. September 1970 bei der Beklagten mit einem durchschnittlichen monatlichen Bruttolohn von 3.000,-- DM beschäftigt. Sie ist mit der Essensausgabe, mit Reinigungsarbeiten und einmal wöchentlich mit dem Personalverkauf betraut. In diesem Bereich sind insgesamt sechs Arbeitnehmerinnen beschäftigt.

Mit dem nachfolgenden Schreiben vom 25. Juni 1991 leitete die Beklagte beim Betriebsrat das Anhörungsverfahren zu der von ihr beabsichtigten ordentlichen Änderungskündigung der Klägerin ein:

"Wir bitten um Zustimmung für eine Änderungskün-

digung Frau L R betreffend. Im Zuge der

Umsetzung des Programms "Straffung der Aufgaben

im Bereich Küche/Reinigung", das mit dem Be-

triebsrat ausgiebig beraten wurde (vgl. Sitzung

13.06.91), beabsichtigen wir, bei zwei Mitarbei-

terinnen die Arbeitszeit auf vier Stunden täglich

zu verkürzen, und zwar unter Beachtung der Regeln

der Zumutbarkeit und sozialen Verträglichkeit bei

Frau P und Frau R . Unter Berücksichtigung

der sozialen Auswahlkriterien

- Alter, Betriebszugehörigkeit, familiäre bzw.

Versorgungssituation, besondere Merkmale - und

betrieblicher Notwendigkeiten fiel die Wahl auf

diese beiden Damen. Frau P hat der Vertrags-

änderung bei Wahrung der tariflichen Bestimmungen

aus dem Arbeitsplatzsicherungsabkommen am

21.06.1991 zugestimmt. Ein Einvernehmen mit Frau

Rost war nicht zu erzielen, so daß wir eine Ände-

rungskündigung aussprechen müssen. Eine betriebs-

bedingte ordentliche Kündigung zum 30. September

1991 bei Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfrist

soll ausgesprochen werden. Wir bieten die Fort-

setzung des Arbeitsverhältnisses bei geänderter

Arbeitszeit an. Wirksam wird die damit verbundene

Kürzung des Einkommens nach Ablauf von zwölf Mo-

naten entsprechend Arbeitsplatzsicherungsabkom-

men. Wir haben beiden Damen angeboten, in Zukunft

auf ihre "freie Kapazität" während Engpässen

durch Krankheit und Urlaub bei entsprechender

Vergütung inkl. eines Zuschlages für diese Stun-

den zurückzugreifen. Eine Liste mit den sozialen

Daten aller Mitarbeiterinnen dieses Bereiches

liegt dem Betriebsrat vor. Für weitere Auskünfte

steht der Unterzeichner bereit."

Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende teilte der Beklagten mit, der Betriebsrat habe über den Antrag beraten, werde jedoch keine Stellungnahme abgeben. Der Zeitpunkt dieser Mitteilung ist zwischen den Parteien streitig. Mit Schreiben vom 27. Juni 1991, der Klägerin zugestellt am 28. Juni 1991, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1991 und bot ihr gleichzeitig eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden an. Die Klägerin hat die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht unter Vorbehalt angenommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial ungerechtfertigt. Sie hat das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe bestritten. Sie hat außerdem die soziale Auswahl gerügt und insbesondere auf die Mitarbeiterinnen H (47 Jahre, 21 Jahre Betriebszugehörigkeit) und P (49 Jahre, 10 Jahre Betriebszugehörigkeit) verwiesen. Außerdem hat die Klägerin die ordnungsgemäße Anhörung des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrates bestritten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, daß das zwischen den Parteien

bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die

Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 1991 mit

dem 30. September 1991 aufgelöst worden ist,

sondern darüber hinaus unverändert fortbestan-

den hat;

2. die Beklagte zu verurteilen, sie über den

30. September 1991 hinaus als gewerbliche Ar-

beitnehmerin mit der Essensausgabe, der Durch-

führung von Reinigungstätigkeiten und dem Per-

sonalverkauf zu unveränderten Vertragsbedin-

gungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, sie habe sich nach eingehender Beratung mit ihrem Betriebsrat entschlossen, die Organisation des Servicebereichs Reinigung und Essensausgabe wie folgt neu zu ordnen und zu straffen:

Sortieren der Essenmarken entfällt 1,5 Std.

übernimmt täglich

EDV (Neu-

Investition)

Pantry GL-Essen verkürzt 0,5 Std.

täglich

Öffnung des Personal-Shops verkürzt 3,0 Std.

je Woche =

0,5 Std.

täglich

Raffi-Labor (Labor-Geschirr) verkürzt 3,0 Std.

täglich

Pförtner-Raum reinigen entfällt 0,5 Std.

täglich

Büro Dr. M übernimmt 0,5 Std.

Reinigungsdienst täglich

Reinigung verschiedener Häufigkeit ca. 1,0

Räume gestreckt Std.

täglich

In der Summe der Einzelmaßnahmen sei es dadurch möglich, einen Arbeitsplatz einzusparen bzw. die Stundenzahl zu reduzieren. Sie habe sich für die Beibehaltung der Gesamtzahl von 6 Beschäftigten im Servicebereich entschieden und beschlossen, zwei Personen eine Halbtagsbeschäftigung anzubieten, weil dies einerseits bei Ausscheiden einer Kraft die Wiederaufstockung der Stundenzahl und ihr gleichzeitig ermögliche, bei Engpässen auf noch nicht anderweitig verplante Stunden-Kontingente der zwei Mitarbeiterinnen - vor allem in den Morgenstunden - zurückzugreifen. Als Kriterien für die Sozialauswahl habe sie berücksichtigt: Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Personenstand, Unterhaltsverpflichtungen, besondere gesetzliche Schutzrechte, Leistungsmomente, Unentbehrlichkeit bei bestimmten Aufgaben. In die soziale Auswahl seien alle sechs im hier fraglichen Bereich Beschäftigten einbezogen worden.

Sie habe die Kündigung der Klägerin auch erst nach Eingang der abschließenden Stellungnahme des Betriebsrates ausgesprochen. Soweit von ihr erstinstanzlich als Datum der Stellungnahme der 28. Juni 1991 angegeben worden sei, beruhe dies auf einem Tippfehler. Die Mitteilung des Betriebsrates sei bereits am 27. Juni 1991 durch den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden E erfolgt, der von der Betriebsratsvorsitzenden L beauftragt gewesen sei, gegenüber ihrem Personalleiter eine entsprechende Erklärung abzugeben.

Die Klägerin hat die tatsächliche Durchführung der von der Beklagten für den Servicebereich behaupteten Neuorganisation in Einzelheiten bestritten.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits (§ 565 ZPO), weil der Senat mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts weder abschließend über die Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratsanhörung entscheiden, noch davon ausgehen kann, das von der Beklagten schlüssig behauptete Konzept zur Neuordnung ihres Servicebereichs sei auch tatsächlich durchgeführt worden und habe zur Verringerung der Beschäftigungsmöglichkeit auch hinsichtlich der Klägerin geführt.

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Änderungskündigung für unwirksam angesehen und seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Kündigung sei nicht i. S. von § 1 Abs. 2 KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen gerechtfertigt. Die Herabsetzung des Arbeitskräftebedarfs durch die von der Beklagten vorgetragene Rationalisierungsmaßnahme ergebe keinen dringenden betrieblichen Grund i. S. von § 1 Abs. 2 KSchG für den Ausspruch von Änderungskündigungen gegenüber zwei Mitarbeiterinnen mit dem Ziel, deren Arbeitszeit anteilig soweit herabzusetzen, daß damit insgesamt die arbeitsvertragliche Arbeitszeit der in diesem Bereich beschäftigten Mitarbeiter dem um eine Volltagsbeschäftigung ermäßigten Arbeitskräftebedarf entspreche.

In der Rechtsprechung und Literatur sei die Frage des Verhältnisses von Beendigungskündigungen und Änderungskündigungen zur Anpassung der vorhandenen Arbeitskapazität an den Arbeitskräftebedarf insbesondere im Anschluß an ein Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 22. Juni 1982 - 2 Ca 605/82 - (DB 1982, 1938) erörtert worden. In dieser Entscheidung habe das Arbeitsgericht Bocholt die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber sei vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung im Rahmen des für den Betrieb technisch, wirtschaftlich und organisatorisch möglichen verpflichtet, die reduzierte Arbeitsmenge auf die vorhandenen Arbeitskräfte unter Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit zu verteilen. Hierdurch werde das Beschäftigungsrisiko gleichmäßig auf alle Arbeitnehmer verteilt und der dem Kündigungsschutzgesetz zugrundeliegende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verwirklicht. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich zwar in zweierlei Hinsicht: Zum einen gehe es vorliegend darum, ob der Arbeitgeber berechtigt sei, bei gesunkenem Arbeitskräftebedarf statt durch Ausspruch einer entsprechenden Zahl von Beendigungskündigungen die Anpassung durch den Ausspruch von Änderungskündigungen zur dauerhaften und gleichmäßigen Herabsetzung der regelmäßigen Arbeitszeit einer größeren Zahl der in Betracht kommenden Arbeitnehmer vorzunehmen, während das Arbeitsgericht Bocholt zu entscheiden gehabt habe, ob der Arbeitgeber hierzu zur Vermeidung von Beendigungskündigungen verpflichtet sei. Ein weiterer Unterschied liege darin begründet, daß die Beklagte nicht sämtliche in Betracht kommenden sechs Arbeitnehmerinnen in eine dann entsprechend geringere Arbeitszeitverkürzung einbezogen, sondern entschieden habe, die Arbeitszeitverkürzung nur bei zwei Arbeitnehmerinnen vorzunehmen.

Für die Änderungskündigungen lägen keine dringenden betrieblichen Gründe i. S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip könne entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Bocholt (aaO) nicht dahin verstanden werden, daß der Arbeitgeber statt des weitergehenden Eingriffs in die Arbeitsverhältnisse von einem oder wenigen Arbeitnehmern durch Beendigungskündigung in die Arbeitsverhältnisse einer größeren Zahl von Arbeitnehmern durch Verkürzung ihrer arbeitsvertraglichen Arbeitszeit eingreifen könne und sogar müsse. Vielmehr gehe das Kündigungsschutzgesetz mit der Regelung in § 1 Abs. 3 KSchG ersichtlich davon aus, daß bei einem Arbeitskräfteüberhang die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs nicht durch eine gleichmäßige Kürzung der Arbeitszeit bei allen Arbeitnehmern im Wege der Änderungskündigung gewährt werde, sondern durch die Beschränkung der Auswahlfreiheit des Arbeitgebers i. S. der Berücksichtigung von sozialen Gesichtspunkten bei der Auswahl unter Zugrundelegung der sozialen Gesichtspunkten bei der Auswahl unter Zugrundelegung der notwendigen Zahl von Beendigungskündigungen. Daß die Verkürzung der Arbeitszeit für eine größere Zahl von Arbeitnehmern gegenüber dem Ausspruch einer geringeren Zahl von Beendigungskündigungen keine mildere Maßnahme i. S. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei, werde offensichtlich, wenn die verkürzte Arbeitszeit so stark herabgesetzt werde, daß der verbleibende Arbeitsverdienst unterhalb des Arbeitslosengeldanspruchs im Falle einer Beendigungskündigung liege. Auch sonst könnten die persönlichen Umstände bei den einzelnen Arbeitnehmern dazu führen, daß auch eine geringere Verkürzung der Arbeitszeit wegen der damit verbundenen Vergütungseinbußen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für bestimmte Arbeitnehmer unzumutbar mache. Sei dies gerade bei Arbeitnehmern der Fall, die bei Ausspruch der geringeren Zahl von Beendigungskündigungen im Rahmen der sozialen Auswahl nicht hätten gekündigt werden können, würde die unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgesprochene Änderungskündigung dazu führen, daß Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlören, die diesen gem. § 1 Abs. 3 KSchG gerade behalten sollten. Der von der Beklagten vorliegend beschrittene Weg einer Änderungskündigung nur gegenüber einem Teil der Arbeitnehmer des von einem Arbeitskräfteüberhang betroffenen Bereichs sei im übrigen auch nach der vom Arbeitsgericht Bocholt vertretenen Auffassung nicht möglich, da dieses gerade auf eine gleichmäßige Arbeitszeitverkürzung für alle Arbeitnehmer abstelle. Dagegen nehme die Beklagte für sich das Recht in Anspruch, frei darüber entscheiden zu können, wie viele Arbeitnehmer in die Arbeitszeitverkürzung einbezogen würden. Die Entscheidung des Arbeitgebers, die regelmäßige arbeitsvertragliche Arbeitszeit für eine bestimmte Zahl von Arbeitnehmern zu verkürzen, um auf diese Weise den Arbeitskräfteüberhang abzubauen, stelle auch nicht ihrerseits eine unternehmerische Entscheidung dar, die nur dahingehend überprüft werden könne, ob sie offensichtlich unsachlich oder willkürlich sei. Die bloße Verkürzung der arbeitsvertraglichen Arbeitszeit für bestimmte Arbeitnehmer stelle ebensowenig eine unternehmerische Entscheidung dar, wie die Entscheidung des Arbeitgebers, die arbeitsvertraglich vereinbarten Löhne senken zu wollen. Eine unternehmerische Entscheidung, deren Umsetzung dann die Arbeitszeitverkürzung im Sinne dringender betrieblicher Gründe bedingen könne, könne etwa eine Verkürzung der Betriebsöffnungszeiten oder Verkürzung der Maschinenlaufzeiten sein. Denkbar sei auch, daß durch organisatorische Maßnahmen auf bestimmten Arbeitsplätzen keine Ganztagsbeschäftigung mehr möglich sei und die restliche Arbeitszeit auch nicht anderweitig im Betrieb abgeleistet werden könne. Die von solchen Organisationsmaßnahmen zu unterscheidende bloße Verkürzung der arbeitsvertraglichen Arbeitszeit sei dagegen keine kündigungsschutzrechtlich privilegierte unternehmerische Entscheidung.

II. Den Ausführungen des Berufungsgerichts kann nicht gefolgt werden. Das angefochtene Urteil hält hinsichtlich der Beurteilung der Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Für die Änderungskündigung nach § 2 KSchG müssen hinsichtlich ihrer sozialen Rechtfertigung zunächst die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3 KSchG vorliegen. Hierbei ist zunächst die soziale Rechtfertigung der angebotenen Vertragsänderung zu überprüfen, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist. Auch bei einer Ablehnung des Änderungsangebotes durch den Arbeitnehmer ist nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern auf das Änderungsangebot und seine soziale Rechtfertigung abzustellen (BAG Urteil vom 7. Juni 1973 - 2 AZR 450/72 - BAGE 25, 213 = AP Nr. 1 zu § 626 BGB Änderungskündigung mit Anm. von Löwisch/Knigge und Lieb; KR-Rost, 3. Aufl., § 2 KSchG Rz 92).

Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers demzufolge daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gem. § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß (ständige Rechtsprechung, BAG Urteil vom 15. März 1991 - 2 AZR 582/90 - AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969, zu B I der Gründe, m.w.N.).

2. Dringende betriebliche Gründe für eine Kündigung i. S. des § 1 Abs. 2 KSchG können dann vorliegen, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer überhaupt oder unter Zugrundelegung des Vertragsinhalts für den bisherigen Einsatz entfällt (BAGE 28, 131, 133 = AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II der Gründe). Bei dieser Prüfung ist nicht auf einen "bestimmten räumlich fixierten Arbeitsplatz" abzustellen, weil Art und Ort der Tätigkeit eines Arbeitnehmers oft wechseln und es wegen des Gebotes der sozialen Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG bei anderen vergleichbaren Arbeitsplätzen kündigungsrechtlich unerheblich ist, welcher bestimmte "Arbeitsplatz" entbehrlich geworden ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob unter Respektierung einer etwa bindenden Unternehmerentscheidung mit einem geringeren oder veränderten Arbeitsanfall auch das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen oder innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer gesunken ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 1985 - 2 AZR 321/84 - AP Nr. 24 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu B II 1 der Gründe, m.w.N.). Liegt eine unternehmerische Entscheidung vor, so ist diese selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung und ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist (BAGE 31, 157, 162 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1 b der Gründe; BAGE 32, 150, 155 = AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 2 der Gründe). Diese beschränkte Überprüfung ändert jedoch nichts an der Darlegungslast des Arbeitgebers, substantiiert zu schildern, inwiefern die Durchführung des unternehmerischen Organisationsaktes zu einem Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne Arbeitnehmer führt.

a) Dieser ihr obliegenden Darlegungslast ist die Beklagte nachgekommen. Sie hat im einzelnen vorgetragen, inwiefern durch die zeitlich genau aufgeführten Maßnahmen - durch anderweitige Verteilung der Arbeit, Einbeziehung von elektronischen Hilfsmitteln und Wegfall bzw. Einschränkung von Aufgaben - eine Reduzierung der Dienstleistungen von täglich 7,5 Stunden erreicht werde. Für ihre diesbezüglichen Behauptungen hat sie auch ordnungsgemäß Beweis angeboten.

b) Diese Ausführungen der Beklagten hat die Klägerin allerdings substantiiert bestritten, indem sie vorgetragen hat, die Umorganisation des Abrechnungsverfahrens habe keinerlei Einfluß auf ihren Tätigkeitsbereich oder den ihrer Kolleginnen, weil die Abrechnung des Personalessens von der Buchhaltung vorgenommen werde. Entgegen der Behauptung der Beklagten entfalle das Sortieren der Essenmarken nicht, dies mache für alle Beschäftigten auch allenfalls einen Umfang von einer Dreiviertelstunde täglich aus. Daß die Tätigkeit für die Pantry des Essens der Geschäftsleitung täglich um 0,5 Stunden verkürzt sei, werde ebenso bestritten wie die Behauptung, daß eine Verkürzung bzw. Verringerung der Tätigkeiten für das Laborgeschirr in dem angegebenen Umfang eingetreten sei.

c) Das Vorbringen der Beklagten ist erheblich. Geht man von ihrem schlüssigen Sachvortrag aus, so liegt in der Tat eine Unternehmerentscheidung zur Durchsetzung einer beschlossenen Rationalisierungsmaßnahme und Organisationsänderung vor, die selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung und ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur darauf zu überprüfen ist, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist (BAGE 31, 157, 162 = AP Nr. 6, aaO, zu II 1 b der Gründe; BAGE 32, 150, 155 = AP Nr. 8, aaO, zu II 2 der Gründe; BAGE 55, 262, 269, 270 f. = AP Nr. 42, aaO, zu III 2 der Gründe). Diese Organisationsentscheidung besteht darin, daß die Beklagte bei der von ihr beabsichtigten Rationalisierung eine personelle Konzeption vorgegeben hat, bei der sie - vor allem in den Morgenstunden - auf sechs Arbeitskräfte zurückgreifen will und muß, um diese zeitlich parallel einsetzen zu können. Die Revision rügt zu Recht, das Landesarbeitsgericht sei insoweit lediglich von der rechnerischen Einschränkung des Arbeitskräftebedarfs im Servicebereich um einen Vollarbeitsplatz ausgegangen, ohne den Umstand zu berücksichtigen, daß die Gesamtzahl der Beschäftigten im Servicebereich beibehalten werden sollte. Dafür hat die Beklagte sachliche Gründe angeführt, nämlich daß in einer Abteilung mit 6 Servicemitarbeitern bei einem hauptsächlichen Einsatz in den Morgenstunden eine wesentlich flexiblere Arbeitszeitgestaltung möglich ist und angestrebt wird als mit 5 Mitarbeitern; die zeitliche Lage sollte dabei innerhalb der Gruppe mit der Leitung der Serviceabteilung (Frau M ) abgesprochen werden. Dies ist u. a. dem Kündigungsschreiben vom 27. Juni 1991 zu entnehmen.

d) Bezogen auf die vorliegende Änderungskündigung bedeutet dies, daß die Umsetzung dieser Unternehmerentscheidung die Änderung der Arbeitsbedingungen "bedingen", also notwendig machen muß. Hiervon ist auszugehen. Die Beklagte hat einen bestimmten Beschäftigungsbedarf - vornehmlich in den Vormittagsstunden - errechnet und auf ihr (berechtigtes) Interesse hingewiesen, die bisherigen Arbeitnehmer - bei Vorbehaltsannahme - im Betrieb zu halten, um gegebenenfalls bei einer frei werdenden Stelle auf alte, erfahrene Kräfte zurückgreifen zu können und gleichzeitig bei Engpässen diese Mitarbeiter zu Überstunden heranziehen zu können. Ferner hat die Beklagte dargestellt, aufgrund erheblicher Verluste und eines Rückgangs des Marktes für vegetable Fette/Öle, einhergehend mit einer durch fettärmere Ernährung bedingten Reduzierung der Produktion, zu der Rationalisierungsmaßnahme gezwungen gewesen zu sein. Derartige Kostengesichtspunkte hat auch der Senat als sachlichen Grund für eine Rationalisierungsmaßnahme anerkannt (vgl. Senatsurteil vom 26. April 1990 - 2 AZR 390/89 - BAGE 64, 354, 367 f. = AP Nr. 28 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW, zu III 2 der Gründe). Den von der Beklagten behaupteten rückläufigen Trend belegt auch die unstreitige Personalreduzierung von 295 Arbeitnehmern im Jahre 1988 auf noch 255 Arbeitnehmer im Jahre 1991. Zum anderen hält sich die Stundenreduzierung in einem noch vertretbaren Rahmen, der den Mitarbeiterinnen ermöglicht, gegebenenfalls ein Zweitarbeitsverhältnis einzugehen. Umstände, die den Schluß darauf zulassen, daß der Entschluß der Beklagten, die Anzahl von sechs Arbeitnehmern im Servicebereich beizubehalten, nicht notwendig, sondern offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich gewesen sei, hat die Klägerin nicht dargetan. Ob eine noch weitergehende Reduzierung willkürlich wäre, hat der Senat vorliegend nicht zu entscheiden (vgl. dazu nachfolgend unter e bb). Wie zur Klarstellung zu betonen ist, hängt nicht bereits die Bindung an eine unternehmerische Entscheidung primär davon ab, ob für sie ein sachlicher Grund vorliegt, sondern diese Prüfung wird erst im Rahmen der Mißbrauchskontrolle erheblich, wenn der Arbeitgeber auf den Einwand des Rechtsmißbrauchs auf die Gründe verweist, die für die Ausübung seines Gestaltungsrechts maßgeblich gewesen sind.

e) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Klage nicht mit der Begründung stattgegeben werden, die Beklagte sei von vornherein nicht berechtigt gewesen, den - nach ihrer Behauptung - durch organisatorische Maßnahmen entstandenen Arbeitskräfteüberhang durch den Ausspruch von Änderungskündigungen gegenüber zwei Mitarbeitern dem Arbeitskräftebedarf anzupassen. Dabei erfordert der Streitfall keine Auseinandersetzung mit der vom Landesarbeitsgericht aufgegriffenen Entscheidung des Arbeitsgerichts Bocholt vom 22. Juni 1982 (- 2 Ca 605/82 - DB 1982, 1938), wonach der Arbeitgeber in Anwendung des ultima-ratio-Prinzips verpflichtet sei, zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen die Arbeitszeit aller Arbeitnehmer entsprechend zu kürzen (ablehnend Vollmer, DB 1982, 1933; Däubler, AiB 1982, 132; siehe auch LAG Hamm Urteil vom 15. Dezember 1982 - 12 Sa 993/82 - DB 1983, 506).

Vorliegend geht es um die Frage, ob ein Arbeitgeber als Folge des durch eine organisatorische Maßnahme entstandenen Arbeitskräfteüberhanges eine Mehrzahl von Änderungskündigungen zur Verkürzung der Arbeitszeit anstelle einzelner Beendigungskündigungen aussprechen darf. Das wird, soweit das Problem überhaupt in der Literatur behandelt wird, unter Hinweis auf die freie Entscheidung des Unternehmers bei der Gestaltung des Betriebes bejaht (vgl. Hueck/v. Hoyningen-Huene, KSchG, 11. Aufl., § 2 Rz 72; Schwerdtner, ZIP 1984, 10, 13; vgl. auch LAG München Urteil vom 15. Februar 1984 (- 6 Sa 589/83 - ARST 1985 Nr. 105, S. 145).

aa) Der Senat hat in der Entscheidung vom 20. Februar 1986 (-2 AZR 212/85 - AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969, zu B II 2 b der Gründe) ausgeführt, das unternehmerische Ermessen sei ein normativer Begriff, der keinen für alle Fälle feststehenden Inhalt habe, sondern stets im Hinblick auf den Zusammenhang, in dem er jeweils stehe, zu bestimmen sei. Jede Disposition, die der Arbeitgeber in seinem Bereich treffe, sei wörtlich genommen eine Unternehmerentscheidung, insbesondere jede Kündigung. Dennoch liege klar zutage, daß im Sinne des KSchG die arbeitgeberseitige Kündigung selbst keine Unternehmerentscheidung sei, anderenfalls würde das KSchG keinen Bestandschutz gewähren, vielmehr könne der Arbeitgeber stets die ausgesprochene Kündigung erfolgreich mit dem Hinweis verteidigen, die Kündigung sei eine nicht zu überprüfende Unternehmerentscheidung. Das was kündigungsrechtlich mit unternehmerischem Ermessen gemeint sei, könne als "Bestimmung der der Geschäftsführung zugrunde liegenden Unternehmenspolitik" bezeichnet werden. Dementsprechend könnten die Gerichte für Arbeitssachen diese Entscheidungen des Unternehmers über die Leitung des Unternehmens nicht auf ihre Zweckmäßigkeit überprüfen.

bb) Im Ermessen des Unternehmers liegt unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen (zu II 1 c und d) auch die Entscheidung, mit welcher Anzahl von Arbeitskräften er nach Durchführung des innerbetrieblichen Organisationsaktes die verbleibende Arbeitsmenge durchführen läßt. Die Bestimmung, ob ein umfangmäßig konkretisierter Dienstleistungsbedarf nur mit Volltags- oder teilweise auch mit Halbtagsbeschäftigungen abgedeckt werden soll, gehört zum Bereich der "Unternehmenspolitik". Dies leuchtet bei der Einstellung von Arbeitnehmern ohne weiteres ein und findet bei der Umgestaltung von bestehenden Arbeitsverhältnissen wegen § 1 Abs. 2 KSchG (vgl. dazu auch nachfolgend III 2) dort seine Grenze, wo keine sachlich begründbaren, betrieblichen Erfordernisse vorliegen. Dies könnte, wie vom Landesarbeitsgericht im Grundsatz zutreffend, aber nicht auf den konkreten Fall bezogen, betont wird, dann der Fall sein, wenn der Dienstleistungsbedarf vom Arbeitgeber willkürlich dergestalt verteilt würde, daß z. B. der verbleibende Arbeitsverdienst unterhalb des Arbeitslosengeldanspruchs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses läge oder daß nur noch Teilzeitbeschäftigungen von 10 Stunden oder weniger wöchentlich verblieben, um auf diese Weise die Geltung des KSchG zu unterlaufen (§ 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG). Dies hat aber mit der vorliegenden Fallkonstellation nichts zu tun, nach der der beklagte Arbeitgeber 6 Arbeitskräfte (4 Volltags- und 2 Halbtagsbeschäftigte) braucht, um - vornehmlich in den Vormittagsstunden - seinen Dienstleistungsbedarf im Servicebereich abzudecken.

3. Die Rechtssache ist an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, unter Berücksichtigung des schlüssigen Vortrages der Beklagten und der Erwiderung der Klägerin zu überprüfen, ob durch die von der Beklagten behauptete organisatorische Maßnahme ein Arbeitskräfteüberhang im Betrieb der Beklagten tatsächlich entstanden ist.

a) Die Herabsetzung der Arbeitszeit durch Änderungskündigung verstößt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gegen Sinn und Zweck des KSchG, insbesondere gegen das Prinzip der sozialen Auswahl in § 1 Abs. 3 des Gesetzes. Zwar ist zutreffend, daß bei einer Anpassung der Belegschaft an den verminderten Arbeitskräftebedarf durch Beendigungskündigungen Arbeitnehmer, die sozial schwächer sind als die zu Entlassenden, ihre volle Arbeitszeit und ihren vollen Verdienst behalten würden. Die Reduzierung der Arbeitszeit bei einzelnen Mitarbeitern führt daher zwangsläufig zu einer Begünstigung der sozial stärkeren Mitarbeiter, die im Falle des Ausspruchs von der sozial stärkeren Mitarbeiter, die im Falle des Ausspruchs von Beendigungskündigungen entlassen würden und entsprechend zu einer Benachteiligung der anderen.

aa) Aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 KSchG ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß ein Arbeitskräfteüberhang allein durch Beendigungskündigungen unter Berücksichtigung von sozialen Gesichtspunkten abgebaut werden kann. Diese Bestimmung setzt den Ausspruch einer Beendigungskündigung voraus und besagt, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu ermitteln hat, den die Kündigung am wenigsten hart trifft. Die soziale Auswahl dient damit im Falle einer Beendigungskündigung der personellen Konkretisierung der zur Kündigung führenden dringenden betrieblichen Erfordernisse i. S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

bb) Aus Sinn und Zweck der Regelungen der §§ 1, 2 KSchG läßt sich für die Auffassung des Berufungsgerichts, eine Anpassung des Arbeitskräftebedarfs an die verringerte Arbeitsmenge sei nur durch Beendigungskündigung möglich, nichts herleiten.

Das Kündigungsschutzgesetz sieht als geschütztes Rechtsgut den Arbeitsplatz und die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers an, die die Grundlagen seiner sozialen und wirtschaftlichen Existenz bilden; es soll ihm diese Rechtsgüter in den Grenzen des sozial und wirtschaftlich Vertretbaren sichern. Insoweit greift es in die unternehmerische Freiheit ein und sucht einen Ausgleich der gegenläufigen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer herbeizuführen.

An diesem Normzweck hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Auslegung des Gesetzes ausgerichtet und als geschütztes Rechtsgut das Arbeitsverhältnis mit seinem im Zeitpunkt der Kündigung bestehenden Inhalt angesehen, das in § 1 KSchG gegen seine Beendigung und in § 2 KSchG gegen die Änderung seines Inhalts geschützt werden soll. Der in § 1 KSchG geregelte Bestandsschutz und der in § 2 geregelte Vertragsinhaltsschutz stehen gleichwertig nebeneinander. Rechtstechnisch erfolgt dieser Schutz durch die an materielle Gründe gebundene Beschränkung der Kündigungsbefugnis.

b) Schließlich gebietet auch die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (ultima-ratio-Prinzip) nicht, anstelle einer geringeren Zahl von Beendigungskündigungen eine größere Zahl von Änderungskündigungen bzw. anstelle einer größeren Anzahl von Änderungskündigungen eine geringere Anzahl von Beendigungskündigungen auszusprechen. Das Kündigungsschutzgesetz stellt für die Beurteilung der Kündigung auf die zweiseitige Rechtsbeziehung ab. Nur die spezifischen, aus Sinn und Zweck des Vertrages und des Gesetzes herleitbaren Interessen der Vertragsparteien spielen für die Frage nach der Rechtfertigung der Kündigung eine Rolle (vgl. Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen, S. 237, 318). Aus dieser strikt arbeitsvertragsbezogenen Konzeption des Kündigungsschutzes ergibt sich, daß sich der Katalog milderer Maßnahmen regelmäßig auf die Rechtsbeziehung der streitenden Vertragsparteien beschränken muß.

c) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus konsequent, die Prüfung unterlassen, ob die Klägerin die Änderung der Arbeitsbedingungen billigerweise hinnehmen mußte, die die Beklagte angeboten hat. Davon ist im Streitfall auszugehen. Die Beklagte hat sich bei ihrem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt, der Klägerin die Arbeitszeitverkürzung vorzuschlagen, die unter Berücksichtigung der weiteren Vertragsänderung mit der Mitarbeiterin P erforderlich war, um den Arbeitskräftebedarf den veränderten betrieblichen Erfordernissen anzupassen. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, die ihr angebotenen Arbeitsbedingungen im Betrieb der Beklagten seien unzumutbar.

d) Das Landesarbeitsgericht wird nach der Zurückverweisung zu berücksichtigen haben, daß das Gebot der ausreichenden sozialen Auswahl für den Arbeitgeber nicht nur bei Beendigungs-, sondern auch bei Änderungskündigungen gilt. Dies ergibt sich aus der ausdrücklichen Verweisung in § 2 Satz 1 KSchG, in dessen Klammerzusatz auch auf § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG Bezug genommen wird. Anders als bei der Beendigungskündigung ist bei der betriebsbedingten Änderungskündigung die Sozialauswahl jedoch nicht an der Prüfung auszurichten, welcher von mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern durch den Verlust des Arbeitsplatzes am wenigsten hart getroffen wird. Da es bei der ordentlichen Änderungskündigung unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer sie unter Vorbehalt angenommen hat oder nicht, um die soziale Rechtfertigung des Änderungsangebotes geht, ist auch bei der sozialen Auswahl darauf abzustellen, wie sich die vorgeschlagene Vertragsänderung auf den sozialen Status vergleichbarer Arbeitnehmer auswirkt. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber, statt die Arbeitsbedingungen des gekündigten Arbeitnehmers zu ändern, diese Änderung einem anderen vergleichbaren Arbeitnehmer hätte anbieten können, dem sie in sozialer Hinsicht eher zumutbar gewesen wäre (vgl. BAGE 52, 210, 215 = AP Nr. 13 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu II 2 der Gründe).

Die Klägerin hat sich darauf beschränkt vorzutragen, die Arbeitnehmerinnen P , K und H seien weniger schutzbedürftig als sie selbst.

aa) Die Mitarbeiterin P ist nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen, weil sie von der Personalmaßnahme der Beklagten ebenso betroffen ist, indem sie vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung am 21. Juni 1991 einer Vertragsänderung mit dem Ziel der Herabsetzung der Arbeitszeit zugestimmt hat.

bb) Bei der erneuten Verhandlung hat das Landesarbeitsgericht die soziale Schutzbedürftigkeit der Klägerin und der von ihr benannten Arbeitnehmerinnen H und K aufgrund der angegebenen Sozialdaten zu überprüfen. Bezüglich der Klägerin und der Arbeitnehmerin H bestehen bei der Betriebszugehörigkeit keine Unterschiede (Eintrittsdatum 2. September 1970 bzw. 23. September 1970). Ob sich aus dem höheren Lebensalter der Klägerin gegenüber der bestehenden Unterhaltspflicht bei Frau H eine unterschiedliche soziale Schutzbedürftigkeit ergibt, ist aufgrund der konkreten Umstände zu entscheiden. Gegenüber der Arbeitnehmerin K weist die Klägerin ein um vier Jahre jüngeres Lebensalter und eine um 16 Monate höhere Betriebszugehörigkeit auf. Die Sozialauswahl ist allerdings nicht auf einen Vergleich des Lebensalters und der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu beschränken. Da bei der Änderungskündigung im Rahmen der Sozialauswahl zu prüfen ist, welchen Arbeitnehmern die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen eher zuzumuten ist, muß bei der Abwägung auch bedacht werden, daß die Änderungskündigung auch mit einer Änderung der Vergütung und der Arbeitszeit verbunden ist. Die zu berücksichtigenden Umstände, die jeweils ein verschiedenes Gewicht haben können, sind bei der Sozialauswahl gegeneinander abzuwägen. Hierbei steht dem Arbeitgeber ein gewisser Wertungsspielraum zu. Das Gesetz verlangt von ihm nur eine "ausreichende" Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte. Erst wenn es an einer solchen ausreichenden Berücksichtigung fehlt, ist die Sozialauswahl mit Mängeln behaftet und die Kündigung deshalb sozialwidrig (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 AZR 543/83 - BAGE 47, 80, 92 f. = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B II 4 a der Gründe, mit Anm. von Löwisch).

III. Der Klage kann schließlich nicht mit der Begründung stattgegeben werden (§ 563 ZPO), daß die Änderungskündigung schon wegen Verstoßes gegen § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG rechtsunwirksam ist.

1. Bei der Änderungskündigung hat der Arbeitgeber sowohl die Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen als auch das Änderungsangebot dem Betriebsrat mitzuteilen. In ihrem Anhörungsschreiben vom 25. Juni 1991 hat die Beklagte auf Informationen Bezug genommen, die sie dem Betriebsrat in der Sitzung vom 13. Juni 1991 gegeben hatte. Eine derartige Bezugnahme ist zulässig. Denn Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG ist es, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, ohne eigene zusätzliche Ermittlungen anstellen zu müssen, seine Überlegungen zur Kündigungsabsicht aus der Sicht der Arbeitnehmerseite dem Arbeitgeber zur Kenntnis zu bringen, damit dieser bei seiner Entscheidung die Stellungnahme des Betriebsrates, insbesondere dessen Bedenken oder dessen Widerspruch gegen die beabsichtigte Kündigung berücksichtigen kann. Daher entfällt die Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer genauen und umfassenden Darlegung der Kündigungsgründe, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat bereits vor Beginn des Anhörungsverfahrens aufgrund bestimmter Umstände erschöpfend über die Kündigungsgründe unterrichtet hatte. In einem solchen Fall genügt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Mitteilung der Kündigungsgründe, wenn er im Anhörungsverfahren pauschal auf die bereits mitgeteilten Kündigungsgründe verweist.

2. Das Landesarbeitsgericht wird nach der Zurückverweisung allerdings aufklären müssen, ob der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung, die der Klägerin am 28. Juni 1991 zugegangen ist, bereits eine abschließende Stellungnahme abgegeben hat (vgl. dazu BAG Urteil vom 1. April 1976 - 2 AZR 179/75 - BAGE 28, 81 = AP Nr. 8 zu § 102 BetrVG 1972; KR-Etzel, 3. Aufl., § 102 BetrVG Rz 118). Den diesbezüglichen Vortrag der Beklagten hat die Klägerin bestritten.

Hillebrecht Bitter Kremhelmer

Gnade Wisskirchen

 

Fundstellen

BAGE 73, 151-166 (LT1)

BAGE, 151

BB 1993, 2020

BB 1993, 2020-2022 (LT1)

DB 1993, 1879-1881 (LT1)

NJW 1993, 3218-3221 (LT1)

EBE/BAG 1993, 133-136 (LT1)

BetrVG, (45) (LT1)

EWiR 1993, 1011 (L1)

NZA 1993, 1075

NZA 1993, 1075-1078 (LT1)

RzK, I 5b Nr 11 (LT1)

SAE 1994, 150-155 (LT1)

ZAP, EN-Nr 1021/93 (S)

AP § 2 KSchG 1969 (LT1), Nr 31

AR-Blattei, ES 1020.1.1 Nr 13 (LT1)

AuA 1994, 190 (LT1)

EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung, Nr 73 (LT1)

JuS 1994, 358 (L)

MDR 1994, 74 (LT1)

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