Leitsatz (redaktionell)

1. Mit der Befristung eines Lehrarbeitsvertrages auf sechs Monate oder weniger wird § 64 Hessisches Personalvertretungsgesetz, nach dem der Personalrat der Kündigung zustimmen muß, dann nicht umgangen, wenn der Personalrat der Befristung ausdrücklich zugestimmt hat.

2. Auf die Frage, ob ein befristetes Arbeitsverhältnis mehr als sechs Monate besteht und damit das Kündigungsschutzgesetz objektiv umgangen werden kann, findet die Rechtsprechung des Senats zur Anwartschaftszeit entsprechend Anwendung (Vergleiche BAG 1976-12-06 2 AZR 470/75 = AP Nr 2 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit und BAG 1979-01-18 2 AZR 254/77 = AP 3 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit).

3. Wird ein mehrmals befristetes Arbeitsverhältnis rechtlich unterbrochen, so sind die Zeiten des früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber nur dann auf das neue Arbeitsverhältnis anzurechnen, wenn dieses auf das neue Arbeitsverhältnis in einem engen und sachlichen Zusammenhang steht. Ein enger Zusammenhang besteht in der Regel nicht mehr, wenn die Unterbrechung 2 2/3 Monate gedauert hat.

 

Normenkette

BGB § 242; PersVG HE § 64; BGB § 620 Abs. 1; KSchG § 1 i.d.F des Gesetzes vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1476)

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 27.08.1981; Aktenzeichen 12 Sa 435/81)

ArbG Fulda (Entscheidung vom 11.02.1981; Aktenzeichen 1 Ca 773/80)

 

Tatbestand

Der Kläger bestand im Juni 1978 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Haupt- und Realschulen in Hessen. Er vertritt die Fächer Geographie und Sport. Sein gewichteter Notenmittelwert gemäß den einschlägigen Erlassen des Hessischen Kultusministers beträgt 2,0.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses. Sie schlossen folgende Verträge:

1. Arbeitsvertrag vom 16. August 1978: Zeitanstellung (VergGr. III BAT) für die Zeit vom 1. September 1978 bis 31. Januar 1979 mit einer Unterrichtsverpflichtung von 28 Wochenstunden an der S.-schule in Fulda;

2. Erster Änderungsvertrag zu Nr. 1 vom 25. Januar 1979: Verlängerung bis 31. Juli 1979;

3. Zweiter Änderungsvertrag zu Nr. 1 vom 25. Juli 1979: Verlängerung für die Zeit ab 1. August 1979 bis zum Dienstantritt von Frau E. G, längstens bis zum 31. Januar 1980, ebenfalls an der S.-schule. Dieser Vertrag endete am 11. Dezember 1979, weil Frau G am 12. Dezember 1979 ihren Dienst wieder antrat.

In der Zeit vom 16. Dezember 1979 bis zum 7. Januar 1980 (Weihnachtsferien) war das Arbeitsverhältnis rechtlich unterbrochen.

4.a) Lehrauftrag vom 29. Januar 1980: 13 Wochenstunden Vertretungsunterricht für die mutterschaftsbedingt ausgefallene Frau B an der K.- A.-Schule in FD-Z.-Nord (P.-Realschule);

b) Arbeitsvertrag vom 12. Mai 1980: Schulbezogene "Aufstockung" von Nr. 4 a) um 13 Wochenstunden wegen Heilkur des Realschullehrers F für die Zeit vom 21. April 1980 bis zum Dienstwiederantritt von Herrn F, längstens bis zum 31. Juli 1980 mit einer Unterrichtsverpflichtung von nunmehr insgesamt 26 Wochenstunden.

Herr F trat seinen Dienst am 22. Mai 1980 wieder an. Daraufhin erhielt der Kläger:

c) Lehrauftrag vom 18. Juli 1980 für die Zeit vom 22. Mai bis zum 31. Juli 1980: 13 Wochenstunden Unterrichtsverpflichtung an der K.-A.-Schule gegen ein Entgelt von 23,80 DM pro Einzelstunde.

5. Arbeitsvertrag vom 4. November 1980: Schulbezogene Zeiteinstellung für die Zeit vom 20. Oktober 1980 bis zum Dienstantritt des nach ärztlicher Bescheinigung voraussichtlich bis Ende des Jahres 1980 arbeitsunfähigen Lehrers D (Zustand nach Myocard- Infarkt-Rezidiv) längstens bis zum 31. Januar 1981, mit einer Unterrichtsverpflichtung von 28 Wochenstunden.

Der Kläger bewarb sich mehrfach erfolglos sowohl beim Regierungspräsidenten in Kassel wie auch beim Regierungspräsidenten in Darmstadt um eine Dauereinstellung.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Befristung seines letzten Arbeitsvertrages sei unwirksam. Bereits bei Aufnahme seiner Tätigkeit im Oktober 1980 sei sicher gewesen, daß der bereits seit August 1980 krank geschriebene Lehrer D noch mehrere Monate weiter herzinfarktbedingt arbeitsunfähig sein werde und seinen Dienst nicht zum 1. Februar 1981 werde aufnehmen können. Erst im Januar 1981 habe in einer Spezialklinik die Entscheidung fallen sollen, ob bei Herrn D eine längere Genesungszeit Aussicht auf Erfolg biete oder eine vorgezogene Pensionierung erfolgen müsse. Auch habe der Kläger Herrn D nur mit 14 bis 16 Stunden vertreten und im übrigen sonst nicht abgedeckten Unterricht gehalten. Daher fehle ein sachlicher Grund.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hat zur Begründung vorgetragen, wegen der mehrfachen Unterbrechungen der Beschäftigung des Klägers sei diesem ein Vertrauensschutz auf unbefristete Anstellung nicht zuzubilligen. Im übrigen habe er krankheits- und schwangerschaftsbedingte Vertretungen wahrgenommen. Demgemäß liege ein sachlicher Grund für die Befristung des letzten Arbeitsvertrages vor.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Das beklagte Land beschäftigt den Kläger im Hinblick auf die angefochtenen Urteile seit dem 28. April 1981 mit 14 Wochenstunden Unterrichtsverpflichtung und mit 14/28 der vollen BAT-Vergütung weiter. Mit der Revision begehrt das beklagte Land weiterhin die Abweisung der Klage, während der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Befristungskontrolle solle eine Umgehung des allgemeinen Kündigungsschutzes verhindert werden. Dementsprechend sei diese Rechtsprechung nicht anwendbar, wenn ein Arbeitsvertrag auf nicht mehr als sechs Monate befristet werde. Sei bei zwei befristeten Arbeitsverträgen, die rechtlich unterbrochen seien, streitig, ob das Kündigungsschutzgesetz umgangen werde, so komme es auf das Bestehen eines engen sachlichen Zusammenhanges zwischen beiden Verträgen an. Greife die in einem zeitlich unterbrochenen Kettenarbeitsverhältnis angestellte Lehrkraft die letzte auf die Pause folgende Befristung an, so sei ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen für die Erfüllung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG regelmäßig entbehrlich. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Pause nicht länger dauere als die zusammengerechneten Zeiten des Arbeitsverhältnisses. Ein Kettenarbeitsverhältnis in diesem Sinne liege objektiv dann vor, wenn vor und nach der letzten Pause insgesamt mindestens drei befristete Verträge mit demselben Arbeitgeber eingegangen worden seien. Da vorliegend zwischen den Parteien ein Kettenarbeitsverhältnis von mehr als zwei Jahren bestehe, seien die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Befristungskontrolle anzuwenden. Dem Gericht sei aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten bekannt, daß die gesamte Personalfehlquote (Lehrkräfteausfall durch Krankheit, Kur, Mutterschaft, Sonderurlaub u.ä.) landesweit nicht durch Festbedienstete abgedeckt würde, sondern durch befristet angestellte Lehrkräfte. Dem entspreche auch Art und Umfang der Mittelzuweisungen in den Haushaltsplänen des Hessischen Kultusministers für 1979 und 1980. Es liege auf der Hand, daß angesichts dieser politisch zumindest in Kauf genommenen landesweiten Unterrichtsfehlabdeckung bei der Befristungskontrolle einzelfallbezogene Prognosen über die voraussichtliche Dauer des Bedarfs nicht möglich seien. Regelmäßig bestehe bei Abschluß solcher Verträge ein fortbestehender Bedarf für Vertretungen. Aus diesem Grunde habe die Kammer unter Abwägung der beiderseitigen Interessen und aufgezeigten Schwierigkeiten in ständiger Rechtsprechung eine feste Zeitgrenze gezogen. Vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalles könnten danach einem mit befristeten BAT-Verträgen oder Lehraufträgen angestellten Lehrer mit Lehramtsbefähigung in der Regel mehr als vier aufeinander folgende Halbjahresbefristungen nicht zugemutet werden. Daran ändere auch nichts, daß die letzte Befristung der Vertretung des Lehrers D gedient habe. Konkrete Vertretungen könnten zwar sachliche Gründe für eine Befristung sein. Vorliegend dürfe aber die letzte Befristung nicht isoliert betrachtet werden. Bereits vor der letzten Befristung und der vorangegangenen Unterbrechung sei der Kläger mit halbjährlichen BAT-Verträgen und einem anschließenden Lehrauftrag und dann noch einmal mit einem weiteren BAT-Vertrag bis auf die Zeit der Weihnachtsferien 1979/80 ständig für das beklagte Land knapp zwei Jahre tätig gewesen. Hierbei sei unerheblich, daß er zunächst nicht abgedeckten obligatorischen Unterricht vertretungsweise erteilt habe und dann danach für einen bestimmten Lehrer eingestellt worden sei. Die Tätigkeit des Klägers stelle sich insgesamt als Daueraushilfe dar, die die Befristung nicht sachlich rechtfertigen könne. Es sei zu berücksichtigen, daß bei Kettenverträgen, deren Zulässigkeit nach dem Inhalt des Klageantrages insgesamt angegriffen werde, an den sachlichen Grund der letzten Befristung besonders strenge Anforderungen zu stellen seien. Gerade diesen Anforderungen genüge aber die letzte Befristung im vorliegenden Falle nicht.

Da die Parteien vor dem Arbeits- und vor dem Landesarbeitsgericht weder über das Stundenvolumen noch über die Vergütung gestritten hätten, habe nur festgestellt werden können, daß das Arbeitsverhältnis unbefristet fortbestehe. Einen Anspruch auf Zustellung einer bestimmten Anzahl von Wochenstunden könne der Kläger dem Urteil daher nicht entnehmen. Er könne nur aufgrund des Verhaltens des beklagten Landes möglicherweise darauf vertrauen, auch in Zukunft mit 14 Wochenstunden und nach dem BAT weiterbeschäftigt zu werden.

B. Der Senat vermag der rechtlichen Würdigung des Landesarbeitsgerichts weder in der Begründung noch im Ergebnis zu folgen.

I. Wäre die Annahme des Berufungsgerichts richtig, aus dem Antrag des Klägers ergebe sich nicht, zu welchen Arbeitsbedingungen er beschäftigt werden wolle, insbesondere nicht die Zahl der angestrebten Wochenstunden noch die Höhe der Vergütung, so wäre der Antrag nicht bestimmt genug (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und das Landesarbeitsgericht hätte die Klage bereits als unzulässig abweisen müssen. Im vorliegenden Falle läßt sich der Inhalt des Arbeitsvertrages, den der Kläger festgestellt haben will, aber ausreichend bestimmen. Dies hat das Berufungsgericht übersehen. Der Fünfte Senat hat im Urteil vom 2. Juni 1976 (- 5 AZR 131/75 - AP Nr. 20 zu § 611 BGB Abhängigkeit) entschieden, der Inhalt des Arbeitsvertrages lasse sich immer dann genügend bestimmen, wenn der Arbeitnehmer begehre, in einem Vollzeitarbeitsverhältnis zu stehen und die Arbeitsbedingungen sich im übrigen aus einem Tarifvertrag ergeben. Nach dem letzten befristeten Arbeitsvertrag hatte der Kläger eine wöchentliche Unterrichtsverpflichtung von 28 Stunden, wofür er die Vergütung einer vollbeschäftigten Lehrkraft erhielt. Er war in der Vergütungsgruppe II a des BAT eingruppiert; auch die übrigen Arbeitsbedingungen richteten sich nach dem BAT. Angesichts dieser Umstände war der Antrag des Klägers dahin auszulegen, als vollbeschäftigte Lehrkraft zu den genannten Arbeitsbedingungen auf unbestimmte Zeit beschäftigt zu werden. Ein Wille, sich mit schlechteren Bedingungen zufrieden zu geben, ist dem Antrag nicht zu entnehmen. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zwar anders verstanden, jedoch schadet dies nicht, da das Revisionsgericht an die Auslegung einer Prozeßhandlung durch das Berufungsgericht nicht gebunden ist (BAG 3, 199, 202; BGHZ 13, 133, 134). Die Auslegung des Senats entspricht dem tatsächlichen Willen des Klägers. Im übrigen ist der Antrag auch so von der Beklagten verstanden worden, wie beide Prozeßbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung dem Senat bestätigt haben.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Das Landesarbeitsgericht ist nur deshalb zu einem anderen Ergebnis gekommen, weil es rechtsfehlerhaft die Grundsätze für die Befristungskontrolle auf den vorliegenden Fall angewandt hat.

1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt der Revision, eine Befristungskontrolle komme nur in Betracht, wenn zwingende Kündigungsschutzbestimmungen umgangen werden können. Dies ergibt sich aus den vom Großen Senat entwickelten (BAG 10, 65) und in der Folgezeit vom Bundesarbeitsgericht weitergeführten Grundsätzen zur Befristungskontrolle.

a) Der letzte befristete Arbeitsvertrag zwischen den Parteien hat erheblich weniger als sechs Monate gedauert. Aus diesem Grunde kommt eine Umgehung des allgemeinen Kündigungsschutzes für diese Befristung nicht in Betracht.

b) Möglich wäre zwar bei einem so kurzen Arbeitsverhältnis die Umgehung des Personalvertretungsgesetzes. Nach § 64 Hess.PersVG bedarf die Kündigung auch in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses der Zustimmung des Personalrats. Vorliegend hat aber der Personalrat der auf ca. drei Monate befristeten Einstellung des Klägers zugestimmt. Da dem Personalrat bei seiner Zustimmung auch der vorgesehene Beendigungszeitpunkt bekannt gewesen ist, hat er gleichzeitig auch der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Januar 1981 zugestimmt. Aus diesem Grunde liegt auch keine Umgehung der kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen des Hessischen Personalvertretungsgesetzes vor. Dementsprechend hat vorliegend der Kläger auch nicht die Unwirksamkeit damit begründet, Rechte des Personalrates seien umgangen worden.

2. Der allgemeine Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes hat vorliegend nicht umgangen werden können, weil das Arbeitsverhältnis nicht länger als sechs Monate gedauert hat.

a) Für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis von mehr als sechs Monaten anzunehmen ist, kann wegen der Begründung der Befristungskontrolle durch den Großen Senat (objektive Umgehung des Kündigungsschutzes) die Rechtsprechung zur Anwartschaftszeit herangezogen werden. Danach sind auf die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG die Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in einem engen und sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis steht. Dabei soll es insbesondere auf Anlaß und Dauer der Unterbrechung sowie Art der Weiterbeschäftigung ankommen (BAG Urteil vom 6. Dezember 1976 - 2 AZR 470/75 - AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit; vgl. auch KR-Becker, § 1 KSchG Rz 57). Nach einer weiteren Senatsentscheidung soll ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen zwei rechtlich unterbrochenen Arbeitsverhältnissen in aller Regel zu verneinen sein, wenn die Zeit der Unterbrechung verhältnismäßig lange - dort über vier Monate - gedauert hat (BAG Urteil vom 18. Januar 1979 - 2 AZR 254/77 - AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit). Wird für die Möglichkeit, den allgemeinen Kündigungsschutz durch eine Befristung zu umgehen, vorausgesetzt, daß die Gesamtdauer der einzelnen zeitlich nicht erheblich unterbrochenen Arbeitsverhältnisse mehr als sechs Monate beträgt (KR-Hillebrecht, § 620 BGB Rz 99), so wird damit inhaltlich das gleiche gesagt.

Im vorliegenden Falle lag zwischen dem vorletzten und dem letzten Arbeitsvertrag eine rechtliche Unterbrechung von 2 2/3 Monaten. Das ist eine erhebliche Pause, die allein schon einen engen sachlichen Zusammenhang zu den vorherigen Befristungen ausschließt.

b) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, mit Rücksicht auf das Vorliegen eines Kettenvertrages sei vorliegend die Unterbrechung unschädlich, dies sei bei allen Vertragsgestaltungen der Fall, bei denen vor oder nach der rechtlichen Unterbrechung mindestens zwei befristete Arbeitsverhältnisse ohne Pause aufeinander folgten, entbehrt jeder Rechtsgrundlage, ist willkürlich und damit rechtlich unzutreffend.

3.a) Der Auffassung, bei der rechtlichen Unterbrechung eines Arbeitsverhältnisses, die zeitlich erheblich ist, seien die vorhergehenden Betriebszugehörigkeitszeiten nicht der letzten hinzuzurechnen, kann auch nicht entgegengehalten werden, damit werde einer Umgehung des Kündigungsschutzes Tür und Tor geöffnet, weil der Arbeitgeber sich der Befristungskontrolle entziehen könne, indem er vor der letzten Befristung jeweils eine rechtliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses eintreten lasse. Gegen eine solche Möglichkeit kann sich der Arbeitnehmer durch Klage wehren. Gerade die Tatsache, daß der Kläger vorliegend nach Auslaufen des vorletzten Vertrages keine Feststellungsklage erhoben hat, obwohl ihm eine Weiterbeschäftigung nicht fest zugesagt war, und die Vertretungsmöglichkeit im Falle des Lehrers D gar nicht vorhersehbar war, spricht gegen die Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten vor der rechtlichen Unterbrechung von 2 2/3 Monaten. Schließlich soll mit der Befristungskontrolle allein die objektive Umgehung des Kündigungsschutzes verhindert werden. Hätte zwischen den Parteien aber ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit bestanden, hätte der Kläger auch gem. § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen Klage erheben müssen, anderenfalls wäre die Kündigung rechtswirksam (§ 7 KSchG). Die Befristungskontrolle will keineswegs eine Besserstellung des befristet eingestellten Arbeitnehmers erreichen. Es kann dahingestellt bleiben, ob es aus diesem Grunde nicht nahe liegt, § 4 KSchG auf befristete Arbeitsverhältnisse analog anzuwenden, mit der Maßgabe, daß innerhalb von drei Wochen nach Auslaufen des befristeten Vertrages Klage zu erheben wäre (ebenso Zöllner, Arbeitsrecht, 2. Aufl. 1979, S. 177 Fn. 6; Bötticher, SAE 1961, 128 und KR- Hillebrecht, § 620 BGB Rz 238). Der Siebte Senat hat jedenfalls die analoge Anwendung des § 4 KSchG mit der Begründung ausgeschlossen, dies wäre eine unzulässige Rechtsfortbildung (Urteil vom 7. März 1980 - 7 AZR 177/78 - AP Nr. 54 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag), hat aber weiter ausgeführt, die Klagebefugnis könne prozeßrechtlich verwirkt sein. Hierbei könne zur Konkretisierung des Zeitmomentes auf die Dreiwochenfrist des § 4 KSchG zurückgegriffen werden.

b) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des Siebten Senats ist vorliegend von der Rechtswirksamkeit aller Befristungen einschließlich der vorletzten auszugehen, weil der Kläger die Klage auf Feststellung ihrer Unwirksamkeit prozessual verwirkt hat.

Das Zeitmoment der Verwirkung ergibt sich aus der Tatsache, daß der Kläger 2 2/3 Monate lang keine Klage erhoben hat. Hinzu kommen müssen aber besondere Umstände, aus denen sich für das beklagte Land ein prozessualer Vertrauenstatbestand ergibt, der sich gerade auf die Klageerhebung bezieht. Der Vertrauensschutz muß dabei so dringend sein, daß das Interesse des Klägers an der sachlichen Prüfung demgegenüber zurücktreten muß (BAG Urteil vom 2. November 1961 - 2 AZR 66/61 - AP Nr. 1 zu § 242 BGB Prozeßverwirkung). Im vorliegenden Falle hat das beklagte Land darauf vertrauen dürfen, nicht mehr mit einer Klage auf Feststellung, die Befristungen der Verträge Ziff. 1 bis 4 seien unwirksam, überzogen zu werden. Der Kläger hat nämlich nicht nur bis zum Abschluß des letzten befristeten Vertrages, also während der rechtlichen Unterbrechung von 2 2/3 Monaten, keine Feststellungsklage erhoben, er hat darüber hinaus dem beklagten Land auch nicht zu erkennen gegeben, er sei trotzdem der Auffassung, sein Arbeitsverhältnis bestehe fort. Ebensowenig hat er nach Ablauf der vorletzten Befristung seine Arbeit dem beklagten Land angeboten. Noch nicht einmal nach Abschluß des letzten befristeten Arbeitsvertrages hat er geltend gemacht, zwischen den Parteien bestehe über den 31. Juli 1980 hinaus ein Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit.

Erst am 19. Dezember 1980 hat er Feststellungsklage erhoben, nachdem er knappe fünf Monate das beklagte Land in dem Glauben gelassen hatte, er werde die vorhergehenden Befristungen nicht angreifen. Darauf durfte das beklagte Land sich umso mehr verlassen, als er nach dem 1. Februar 1980 sich nicht mehr um eine Daueranstellung beim beklagten Land beworben und für die Zeit der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses auch kein Gehalt geltend gemacht hatte.

Auch wegen prozessualer Verwirkung kann der Kläger vorliegend nicht auf die früheren Beschäftigungszeiten zurückgreifen, mit dem Ergebnis, daß vorliegend der allgemeine Kündigungsschutz nicht hat umgangen werden können.

Dementsprechend war auf die Revision des beklagten Landes die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Dr. Röhsler Dr. Weller zugleich für den erkrankten Richter Triebfürst Thieß Dr. Bächle

 

Fundstellen

Haufe-Index 438050

BB 1984, 1298-1299 (Leitsatz 1-3 und Gründe)

NJW 1983, 1443-1444 (Leitsatz 1-3 und Gründe)

AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, Nr 71

AR-Blattei, Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis VIII Entsch 47 (Leitsatz 1-3 und Grü

AR-Blattei, ES 220.8 Nr 47 (Leitsatz 1-3 und Gründe)

EzA § 620 BGB, Nr 61 (Leitsatz 1-3 und Gründe)

PersV 1984, 512-514 (Leitsatz 1-3 und Gründe)

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