Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Rückzahlung von Ausbildungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Lehrgangsdauer bis zu zwölf Monaten rechtfertigt in der Regel nur dann eine längere Bindung als drei Jahre nach Abschluß der Ausbildung, wenn durch die Teilnahme am Lehrgang eine besonders hohe Qualifikation verbunden mit überdurchschnittlichen Vorteilen für den Arbeitnehmer entsteht.

 

Normenkette

BAT § 26; BGB § 611; GG Art. 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 13.08.1982; Aktenzeichen 5 Sa 39/82)

ArbG Reutlingen (Entscheidung vom 23.02.1982; Aktenzeichen 1 Ca 421/81)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin die während eines Lehrgangs an der Sparkassenschule weitergezahlte Vergütung zeitanteilig zurückzuzahlen. Der Beklagte wurde ab 1. September 1971 bei der Klägerin zum Bankkaufmann ausgebildet. Nach bestandener Prüfung war er ab 15. Juni 1974 bei der Klägerin als Bankkaufmann tätig. Dem Arbeitsverhältnis lagen die Vorschriften des BAT zugrunde. Ab 1. Juli 1976 erhielt der Beklagte eine Vergütung nach der VergGr. VI b der Anlage 1 a zum BAT. Vom 15. August 1977 bis zum 16. Juni 1978 nahm der Beklagte auf seinen Wunsch hin an einem Fachlehrgang der Württembergischen Sparkassenschule teil, der mit der Abschlußprüfung zum Sparkassenbetriebswirt endete. Zuvor hatten die Parteien am 3. August 1977 folgendes schriftlich vereinbart:

§ 1

Gewährung von Sonderurlaub

--------------------------

(1) Dem Angestellten wird von der Sparkasse auf

seinen Antrag zum Besuch des 59. Fachlehrgangs

der Württembergischen Sparkassenschule, an dem

er im Interesse seiner Ausbildung bzw. Fortbil-

dung teilzunehmen wünscht, gemäß § 50 Abs. 2 BAT

unter Verzicht auf die Bezüge für die Zeit vom

15. August 1977 bis zum 16. Juni 1978 Sonderur-

laub gewährt.

(2) Die Sparkasse anerkennt, daß die Beurlaubung

auch betrieblichen Interessen der Sparkasse

dient; der in Abs. 1 genannte Zeitraum gilt da-

her gemäß § 50 Abs. 2 BAT als Beschäftigungszeit

i. S. des § 19 BAT.

§ 2

Gewährung und Rückzahlung eines Unterhaltsdarlehens

---------------------------------------------------

(1) Um dem Angestellten den Lehrgangsbesuch zu er-

möglichen, gewährt ihm die Sparkasse ein zinsloses

Unterhaltsdarlehen.

(2) Das Unterhaltsdarlehen bemißt sich nach der

Vergütung (§ 26 Abs. 1 BAT), die der Angestellte

im Falle der Weiterbeschäftigung ohne Beurlaubung

gemäß § 50 Abs. 2 BAT in Vergütungsgruppe VI b er-

halten hätte. Bei verheirateten Beurlaubten, deren

Ehegatte im öffentlichen Dienst steht, ermäßigt

sich das Unterhaltsdarlehen insoweit, als sich in-

folge dieser Beurlaubung die Vergütung ihres Ehe-

gatten erhöht. Das Unterhaltsdarlehen wird jeweils

am 15. eines Monats gezahlt. Die Bestimmungen der

§§ 37 und 38 BAT über Krankenbezüge werden ent-

sprechend angewendet.

(3) Das Unterhaltsdarlehen ist in Höhe der Summe

der gemäß Abs. 2 bezahlten Beträge einschließlich

der auf die Vergütung nach Abs. 2 entfallenden

Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und zur

Zusatzversicherung zurückzuzahlen, wenn der Ange-

stellte

a) den Lehrgangsbesuch aus einem von ihm zu ver-

tretenden Grund abbricht oder

b) aus einem von ihm zu vertretenden Grund inner-

halb von 5 Jahren nach Ablauf der in § 1 ge-

nannten Frist aus den Diensten der Sparkasse

ausscheidet.

Im Falle des Buchstabens b) verringert sich der

Rückzahlungsanspruch mit jedem vollen Monat, in

dem der Angestellte nach Ablauf der in § 1 Abs. 1

genannten Frist im Dienste der Sparkasse geblieben

ist, um 1/60.

Die Rückzahlung ist bei Eintreten eines der oben

genannten Gründe, im Falle des Buchstabens b) spä-

testens am Tage des Ausscheidens des Angestellten

aus dem Dienst der Sparkasse, zu leisten.

§ 3

Urlaub, Beihilfe

----------------

(1) Der Anspruch auf Erholungsurlaub verringert

sich für jeden Monat des gemäß § 1 Abs. 1 gewähr-

ten Sonderurlaubs um 1/12.

(2) Der Angestellte erhält während des Sonder-

urlaubs Beihilfe nach Maßgabe der für Angestellte

geltenden Bestimmungen (§ 40 BAT).

§ 4

Zuwendung, Überstundenpauschvergütung

-------------------------------------

Die Sparkasse gewährt, auch soweit im Hinblick

auf die Beurlaubung nach § 1 kein tarifrechtli-

cher Anspruch besteht, eine Überstundenpausch-

vergütung nach Nr. 5 SR s BAT und eine Zuwendung

nach dem Tarifvertrag vom 12.10.1973. Diese Lei-

stungen werden jedoch für jeden Monat der Beur-

laubung um 1/12 gekürzt.

§ 5

Widerruf

--------

Die Beurlaubung (§ 1 Abs. 1) kann aus einem von

dem Angestellten zu vertretenden wichtigen Grund

durch die Sparkasse widerrufen werden.

Nach dem erfolgreichen Besuch des Fachlehrganges erhielt der Beklagte ab 1. Juli 1978 eine Vergütung nach VergGr. V c und ab 1. März 1979 nach VergGr. V b der Anlage 1 a zum BAT.

Da er zu einer Wirtschaftsberatungsgesellschaft überwechseln wollte, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1981. Die Klägerin verlangte deshalb von dem Beklagten unter Berufung auf sein vorzeitiges Ausscheiden 27/60 der von ihr nach Maßgabe der folgenden Abrechnung erbrachten Zahlungen:

Nettoauszahlungsbetrag an den

Beklagten DM 12.239,14

abgeführte Lohnsteuer u. Kirchen-

steuer DM 2.882,41

abgeführte Arbeitnehmeranteile

zur Sozialversicherung DM 2.955,58

abgeführte Arbeitgeberanteile zur

Sozialversicherung DM 2.955,51

------------

Gesamtbetrag der Ausbildungsauf- DM 21.032,71

wendungen für den Beklagten

Die Klägerin hat dazu vorgetragen, der Beklagte habe nach Abschluß des Lehrgangs nur 33 Monate bei ihr gearbeitet. Der Besuch des Lehrgangs sei ein Wunsch des Beklagten gewesen, um eine höhere berufliche Qualifikation zu erwerben. Sie selbst hätte ihn auch ohne die Zusatzausbildung weiterbeschäftigen können, allerdings nur bis zur Vergütungsgruppe V a, während er nach erfolgreichem Lehrgangsabschluß bis zur Vergütungsgruppe III der Anlage 1 a zum BAT aufsteigen könne. Mit dem Lehrgang habe er eine höhere berufliche Qualifikation erworben, die er auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, insbesondere in dem gesamten Bankenbereich, verwerten könne. Angesichts der Höhe der Aufwendungen und des gestaffelten Rückzahlungssystems sei die Gesamtbindungsdauer von fünf Jahren nach Abschluß des Fachlehrgangs nicht zu lang. Es sei auch zulässig, in die Rückzahlungsvereinbarung die von ihr für den Beklagten gezahlten Steuern sowie die angefallenen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung einzubeziehen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zur Zahlung von

DM 9.464,71 nebst 4 % Zinsen ab

1. April 1981 zu verurteilen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat sich im wesentlichen darauf berufen, die fünfjährige Bindungszeit sei angesichts der geringen Weiterbildung durch den Lehrgang zu lang, allenfalls eine dreijährige Bindung sei angemessen. Die Ausbildung zum Sparkassenbetriebswirt habe in erster Linie den Interessen der Klägerin gedient. Darüber hinaus sei eine Vereinbarung, die Bruttobezüge einschließlich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zurückzuzahlen, unwirksam. Weiter hat der Beklagte vorgetragen, außerhalb des Betriebes der Klägerin bestehe kein nennenswerter Bedarf an Arbeitnehmern mit der Ausbildung als Sparkassenbetriebswirt. Jedenfalls sei es weder von der Klägerin ausreichend dargetan noch sonst ersichtlich, daß er die durch den Besuch des Lehrgangs erlangte Qualifikation auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nutzbringend verwerten könne. Die erfolgreiche Teilnahme an dem Lehrgang sei auch nicht für die erfolgte höhere Eingruppierung erforderlich gewesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nur teilweise begründet. Der Beklagte ist nur verpflichtet, 3/36 der von der Klägerin an ihn während der Teilnahme an dem Sparkassenlehrgang gezahlten Vergütung mit Ausnahme der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zurückzuzahlen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, nach den von dem Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen über Zulässigkeit von Bindungsklauseln und deren Dauer sei eine Bindung von fünf Jahren rechtlich nicht zu beanstanden, obwohl der Lehrgang nur zehn Monate gedauert habe. Dies ergebe sich insbesondere auch aus der Höhe der Aufwendungen der Klägerin und der zeitanteiligen Kürzung des Rückzahlungsbetrages. Bei Würdigung aller Umstände liege kein Mißverhältnis zwischen den Vorteilen, die der Beklagte durch die Zusatzausbildung zum Sparkassenbetriebswirt zumindest teilweise auf Kosten der Klägerin erlangt habe, und dessen zeitlicher Bindung für die Dauer von fünf Jahren vor.

Dem vermag der Senat nicht in vollem Umfang zu folgen.

II. 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Arbeitsvertragsparteien vereinbaren, daß Ausbildungskosten, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer aufgewendet hat, von diesem zurückzuzahlen sind, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf bestimmter Fristen beendet. Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Zahlungsverpflichtungen, die an die vom Arbeitnehmer ausgehende Kündigung anknüpfen, können das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 GG beeinträchtigen. Deshalb kommt es darauf an, ob den möglichen Nachteilen für den Arbeitnehmer ein angemessener Ausgleich gegenübersteht. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen. Die Rückzahlungspflicht muß vom Standpunkt eines verständigen Betrachters aus einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entsprechen; der Arbeitnehmer muß mit der Ausbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhalten haben. Insgesamt muß die Erstattungspflicht dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zumutbar sein. Dabei kommt es u. a. auf die Dauer der Bindung, den Umfang der Fortbildungsmaßnahme, die Höhe des Rückzahlungsbetrages und dessen Abwicklung an (vgl. BAG 13, 168, 174 ff. = AP Nr. 25 zu Art. 12 GG, zu II 1 der Gründe; BAG 28, 159, 163 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, zu II 1 a der Gründe; BAG Urteile vom 19. März 1980 - 5 AZR 362/78 - und vom 23. Februar 1983 - 5 AZR 531/80 - AP Nr. 5 und 6 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, jeweils m. w. N.).

2. a) Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat mit Urteil vom 23. Februar 1983 (- 5 AZR 531/80 - AP Nr. 6 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, das Urteil ist auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen) eine Bindungsfrist von fünf Jahren bei der Teilnahme an dem Lehrgang für die Fachprüfung II im Sparkassendienst als unzumutbar angesehen und eine dreijährige Bindung als angemessen bezeichnet. Hiervon abzuweichen besteht im vorliegenden Fall kein Anlaß. Bei dem von dem Beklagten besuchten Lehrgang handelt es sich gleichfalls unstreitig um einen Lehrgang zur Vorbereitung auf die zweite Sparkassenprüfung. Die erfolgreiche Teilnahme eröffnet ebenfalls die gehobene Laufbahn (VergGr. V b bis VergGr. II BAT). Der einzige Unterschied zu dem vom Senat bereits entschiedenen Fall besteht in der Dauer des Lehrgangs, damals knapp sechs Monate, diesmal zehn Monate, wobei allerdings nicht übersehen werden darf, daß dem sechsmonatigen Lehrgang ein Fernlehrgang mit abschließender Zwischenprüfung vorausging. Dieser Unterschied rechtfertigt aber keine um zwei Jahre längere Bindungsdauer. Der Senat hat zwar in der vorbezeichneten Entscheidung ausgeführt, zu den Umständen, die für die Zulässigkeit einer Bindung des Arbeitnehmers durch Rückzahlungsverpflichtungen für vom Arbeitgeber getragene Ausbildungskosten maßgebend seien, gehörten auch das Verhältnis von Ausbildungs- und Bindungsdauer. Eine Lehrgangsdauer unter zwölf Monaten rechtfertigt jedoch im Regelfall keine längere Bindung als drei Jahre. Etwas anderes könnte nur dann anzunehmen sein, wenn durch die Lehrgangsteilnahme eine besonders hohe Qualifikation und damit verbunden überdurchschnittlich große Vorteile für den Arbeitnehmer entstehen, wie etwa bei Flugzeugführern. Bei der hohen Anzahl der Absolventen der Lehrgänge für die Zweite Sparkassenprüfung liegen solche besonderen Vorteile auch bei Berücksichtigung des großen Bedarfs an solchen Arbeitskräften nicht vor.

b) Die Höhe der von der Klägerin gezahlten Vergütung kann im Gegensatz zu der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nur eine untergeordnete Rolle spielen (BAG 28, 159, 166 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, zu II 5 der Gründe). Sie ist von der Art der Ausbildung und dem Ausbildungsort abhängig und sagt nichts aus über die Vorteile, die der Arbeitnehmer durch die Ausbildung erhält. Insbesondere hängt gerade die Höhe der hier streitigen weitergezahlten Vergütung entscheidend von der vorherigen Vergütung des Arbeitnehmers und der Dauer des Lehrgangs ab, also von Umständen, die bereits als solche in die Abwägung einzubeziehen sind.

3. Ist nach alledem eine Bindungsdauer von fünf Jahren unzulässig lang, so ist sie entsprechend der vertraglichen Regelung auf ein angemessenes Maß zurückzuführen (BAG Urteile vom 24. Januar 1963 - 5 AZR 100/62 - AP Nr. 29 zu Art. 12 GG, zu II 3 der Gründe und vom 20. Februar 1975 - 5 AZR 240/74 - AP Nr. 2 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, zu II 4 a (1) der Gründe). Entsprechend der Entscheidung des Senats vom 23. Februar 1983 (aaO) erscheint eine Bindung von drei Jahren als angemessen, insbesondere dann, wenn eine gleichfalls zeitanteilige Kürzung des Rückzahlungsbetrages eintritt, je nach Dauer der Arbeitsleistung des Beklagten nach Lehrgangsabschluß. Daraus folgt aber, daß der Beklagte nur verpflichtet ist, 3/36 der erhaltenen Vergütung an die Klägerin zurückzuzahlen, nachdem er 33 Monate nach Abschluß des Lehrgangs bei dieser verblieben ist.

III. 1. Die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte sei aus einem von ihm "zu vertretenden Grund" im Sinne von § 2 Abs. 3 b der Vereinbarung vom 3. August 1977 ausgeschieden, greifen nicht durch.

Die Rückzahlungsvereinbarung vom 3. August 1977 ist nach Sinn und Zweck (§§ 133, 157 BGB) dahin auszulegen, daß ein vom Arbeitnehmer zu vertretender Grund im Sinne dieser Regel immer dann vorliegen soll, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht im Bereich der Klägerin, sondern in dem des Beklagten ihren Grund hatte. Hier hat der Beklagte aber aus freien Stücken gekündigt, um einer anderen Beschäftigung nachgehen zu können.

2. Ebenso ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden, auch die von der Klägerin auf die an den Beklagten gezahlte Vergütung entrichteten Lohn- und Kirchensteuern sowie die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung seien in die Berechnung einzubeziehen.

Nach der Vereinbarung vom 3. August 1977 (§ 2 Abs. 2) hat der Beklagte die "Vergütung (§ 26 Abs. 1 BAT)" fortgezahlt erhalten, die er im Falle der Weiterbeschäftigung erhalten hätte. Nach § 2 Abs. 3 der Vereinbarung hat er sich zur Rückzahlung der gemäß § 2 Abs. 2 gezahlten Summe einschließlich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und zur Zusatzversicherung verpflichtet. Dem entspricht, daß die Klägerin, abgesehen von den Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung, während der Lehrgangsdauer aus keinem rechtlichen Grund - mit Ausnahme der Vereinbarung - zur Zahlung irgendwelcher Beträge verpflichtet war.

Die Vergütung nach § 26 BAT ist aber "Bruttovergütung", besteht also aus dem Nettogehalt und den vom Arbeitnehmer geschuldeten Steuern und Abgaben. Darüber hinaus haben die Parteien mit der Vereinbarung vom 3. August 1977 hinreichend deutlich gemacht, daß alle regelmäßig mit einem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehenden Zahlungen der Klägerin berücksichtigt werden sollten. Schließlich hat der Beklagte hinsichtlich der gegebenenfalls zuviel gezahlten Steuern einen Anspruch an den Steuerfiskus; hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge fließt ihm ebenfalls ein Gegenwert in Form höherer Rentenanwartschaften zu.

3. Soweit die Klägerin die von ihr an die Sozialversicherungsträger als Arbeitgeberanteil gezahlten Beiträge von dem Beklagten zurückverlangt, ist die Klage unbegründet. Die entsprechende Vereinbarung vom 3. August 1977 ist rechtsunwirksam.

a) Entgegen der Bezeichnung in § 2 der Vereinbarung vom 3. August 1977 handelt es sich bei den Bezügen des Beklagten nicht um ein "Unterhaltsdarlehen", sondern um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV. Nach dieser Vorschrift sind "Arbeitsentgelt" im Sinne des Sozialversicherungsrechts alle laufenden Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Dies hat das Bundessozialgericht schon für die vor Inkrafttreten des SGB IV bestehende Rechtslage der Arbeitnehmer, die die insoweit gleiche Vereinbarung mit ihren Arbeitgebern abgeschlossen haben, mit Urteil vom 31. August 1976 - 12/3/12 RK 20/84 - = SozR 2200 § 1227 Nr. 4 = BB 1977, 248 f. festgestellt. Danach bestand auch während der Teilnahme an dem Lehrgang zumindest ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis und handelte es sich bei den Zahlungen an den Beklagten um Arbeitsentgelt i. S. des Sozialversicherungsrechts.

b) Damit war die Klägerin aber gemäß §§ 20, 22 SGB IV unabhängig von der Vereinbarung vom 3. August 1977 verpflichtet, die entsprechenden Beiträge an die Sozialversicherungsträger zu zahlen, sie selbst war deren Schuldner. Die Vereinbarung vom 3. August 1977 beinhaltet also insoweit die Pflicht des Beklagten, der Klägerin auch solche Zahlungen zurückzuerstatten, die diese in Erfüllung eigener Verbindlichkeiten an die Träger der Sozialversicherung geleistet hat. Eine solche Vereinbarung ist aber gemäß § 32 SGB I nichtig, da damit zum Nachteil des Beklagten von den Vorschriften des SGB abgewichen wurde.

4. Die von der Klägerin in die Abrechnung eingestellten Arbeitgeberanteile in Höhe von unstreitig 2.955,58 DM waren deshalb bei der Berechnung der vom Beklagten zurückzuzahlenden 3/36 von dem Gesamtbetrag der Abrechnung abzusetzen, so daß dieser nur 18.077,13 DM beträgt. Der Beklagte hat daher nur 3/36 von 18.077,13 DM = 1.506,43 DM an die Klägerin zurückzuzahlen.

Dr. Thomas Michels-Holl Schneider

Polcyn Dr. Frey

 

Fundstellen

Haufe-Index 440139

BB 1985, 121-122 (LT1)

DB 1984, 2411-2412 (LT1)

AuB 1985, 321-321 (T)

AuB 1985, 398-399 (T)

AuB 1987, 28-28 (T)

EzB BGB § 611 Aus- und Weiterbildungskosten, Nr 25 (LT1)

BlStSozArbR 1984, 371-371 (T)

NZA 1984, 288-289 (LT1)

AP § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe (LT1), Nr 8

AR-Blattei, ES 1340 Nr 1 (LT1)

AR-Blattei, Rückzahlungsklauseln Entsch 1 (LT1)

EzA § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, Nr 4 (LT1)

ZfA 1985, 584-584 (T)

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