Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeit. Befristung. Überraschende Klausel. Transparenzgebot

 

Orientierungssatz

1. Eine auflösende Bedingung in einer Altersteilzeitarbeitsvereinbarung, wonach das Arbeitsverhältnis nach Ablauf des Kalendermonats endet, in dem der Arbeitnehmer zum Bezug der frühestmöglichen gesetzlichen Altersrente berechtigt ist, kann nach dem Verlauf der Vertragsverhandlungen als Überraschungsklausel anzusehen sein. Dies kann anders zu beurteilen sein, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor der Unterzeichnung der Altersteilzeitvereinbarung auf die Bedeutung der auflösenden Bedingung hingewiesen hat.

2. Wird in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Befristungsabrede getroffen, bei der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer vereinbarten Zeitbefristung vorzeitig durch Eintritt einer oder mehrerer auflösenden Bedingungen enden kann, ist die vor Ablauf der Zeitbefristung bestehende Beendigungsmöglichkeit im Vertragstext deutlich erkennbar hervorzuheben.

 

Normenkette

BGB § 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1, 3, § 310 Abs. 4; TzBfG § 21

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 24.04.2006; Aktenzeichen 9 Sa 46/05)

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 18.08.2005; Aktenzeichen 10 Ca 130/05)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Freiburg – vom 24. April 2006 – 9 Sa 46/05 – aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg – Kammern Offenburg – vom 18. August 2005 – 10 Ca 130/05 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis des Klägers nicht auf Grund vertraglicher Vereinbarung vom 29. Dezember 2003 am 31. März 2006 geendet hat, sondern bis zum 31. März 2009 andauert.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Beendigung ihres Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.

Der am 7. März 1946 geborene Kläger ist seit dem 22. Mai 1995 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 12. Juni 1995 gelten für das Arbeitsverhältnis ua. der Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TVArb) und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost/Deutschen Post AG in ihrer jeweiligen Fassung.

Der Tarifvertrag Nr. 37d vom 2. April 1998 über die Altersteilzeit bei der Deutschen Post AG (TV ATZ) idF des TV 114 lautet auszugsweise wie folgt:

“§ 3

Dauer der Altersteilzeitarbeit

(1) Die Altersteilzeit darf 24 Monate nicht unterschreiten.

(2) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die frühestmögliche gesetzliche Rente in Anspruch zu nehmen. Die Altersteilzeit ist auf längstens 5 Jahre begrenzt.”

Der Kläger stellte im November 2003 bei der Beklagten einen Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags. Diese schlug ihm mit Schreiben vom 3. Dezember 2003 eine Laufzeit des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2006 vor. Dabei ging sie davon aus, dass der Kläger ab dem 1. April 2006 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch nehmen konnte. Der Kläger hatte nämlich im Sommer 2003 einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gestellt, über den im Dezember 2003 noch nicht entschieden war.

Der Kläger beantwortete das Schreiben der Beklagten unter dem 8. Dezember 2003 wie folgt:

“… möchte ich noch nach meinen Erkundigungen hinzufügen, dass die Altersteilzeit auch frei wählbar ist und somit auch die Möglichkeit für mich bestünde, meine jetzige Tätigkeit bis zum 60. Lebensjahr fortzuführen als Altersteilzeit, also somit mit 60 aufhören und somit die Altersteilzeit mit 62 zu beenden. Falls sich eine andere Lösung im Sinne der Schwerbehindertenregelung ergeben würde, würde ich es Ihnen mitteilen.

…”

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2003 wandte sich die Beklagte wiederum an den Kläger:

“… anbei erhalten Sie nochmals die Erklärung zum Antrag auf Altersteilzeit mit der Bitte, den Zeitpunkt der Inanspruchnahme des für Sie frühestmöglichen Rentenbeginns einzutragen.

Bei dem Ihnen bereits zugesandten Vertrag über die Altersteilzeit hatten wir den 31.03.2006 als Ende der Altersteilzeit bestimmt, weil Sie im Rahmen der Altersteilzeit dazu verpflichtet sind, den für Sie frühestmöglichen Rentenbeginn (für Schwerbehinderte ab 60. Lebensjahr) in Anspruch zu nehmen.

Wir bitten Sie daher, den zugesandten Vertrag über die Altersteilzeit bis spätestens 23.12.2003 zu unterschreiben und zurückzusenden, wenn Sie die bisherigen Regelungen zum Renteneintrittsalter für sich bewahren wollen. Ab dem 01.10.2004 gelten die neuen gesetzlichen Regelungen, die zu einer Verschlechterung des Renteneintrittsalters führen können. …”

Hierauf antwortete der Kläger mit Schreiben vom 18. Dezember 2003:

“… wie schon im Schreiben vom 08.12.2003 Ihnen mitgeteilt, käme für mich der frühest mögliche Rentenbeginn mit Erreichung des 63. Lebensjahres in Betracht, nachweislich füge ich einen Auszug aus der Rentenberechnung der LVA hinzu.

Eine, wie Sie annehmen, Schwerbehinderten Rente, sowie eine Anerkennung einer 50%igen, Schwerbehinderung, liegt mir zur Zeit vom Versorgungsamt nicht vor.

Deshalb bezieht sich auch meine Antragsausfüllung auf folgende mich betreffenden Daten.

Antragstellung auf Altersteilzeit.

Altersteilzeitbeginn ist ab dem 01.04.2004

Altersteilzeitende wäre dann der 01.04.2009 so wie in dem beiliegenden Schreiben der LVA bestätigt.

Auf andere Gesetzlich mir zustehende Schwerbehinderten-Begutachtungen, kann ich mich zur Zeit nicht berufen, solange ich keinen schriftlichen Bewilligungsbescheid dafür habe.

Ich bitte um Neuformulierung des Altersteilzeitvertrages.”

Die Beklagte übermittelte dem Kläger daraufhin ein Vertragsformular für eine als “Arbeitsvertrag über die Altersteilzeit” bezeichnete Vereinbarung, das bis auf das Beendigungsdatum für die Altersteilzeit dem bereits zuvor übersandten Vertragsentwurf entsprach. In dem Begleitschreiben vom 29. Dezember 2003 hieß es dazu:

“… anbei übersenden wir Ihnen den Arbeitsvertrag über die Altersteilzeit. Die Altersteilzeit beginnt am 01.04.2004 und endet mit Ablauf des 31.03.2009.”

Die vom Kläger am 29. Dezember 2003 unterzeichnete Vereinbarung lautet auszugsweise wie folgt:

“… wird auf der Grundlage des TV Nr. 37d in der jeweils gültigen Fassung folgende Vereinbarung geschlossen:

§ 1 Beginn und Ende der Altersteilzeit

(1) Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird ab 01.04.2004 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt.

(2) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet ohne Kündigung mit Ablauf des 31.03.2009.

(3) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Tages, an dem der Kläger sich arbeitslos meldet.

(4) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der/die Arbeitnehmer(in) die frühestmögliche gesetzliche Altersrente in Anspruch nehmen kann.”

Der Kläger wurde durch Bescheid des Versorgungsamts vom 12. Mai 2004 für die Zeit ab dem 1. Juli 2003 als schwerbehinderter Mensch mit einem GdB von 60 anerkannt. Danach war es dem Kläger möglich, bereits ab dem 1. April 2006 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 37 SGB VI in Anspruch zu nehmen.

Mit Schreiben vom 15. März 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass nach der Regelung in § 1 Abs. 4 der Vereinbarung vom 29. Dezember 2003 das Altersteilzeitarbeitsverhältnis wegen der Möglichkeit, eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch zu nehmen, mit Ablauf des 31. März 2006 ende.

Der Kläger erbrachte seit dem 1. April 2005 keine Arbeitsleistung mehr, da ihn die Beklagte wegen der ihrer Ansicht nach zu diesem Zeitpunkt beginnenden Freistellungsphase nicht mehr beschäftigte.

Der Kläger hat sich mit der am 30. März 2005 beim Arbeitgericht eingegangenen Klage gegen die Beendigung seines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zum 31. März 2006 gewandt und gemeint, § 1 Abs. 4 der Altersteilzeitarbeitsvereinbarung sei nicht Vertragsbestandteil geworden, da es sich um eine überraschende Klausel handele. Daneben stelle die Möglichkeit, eine vorzeitige Altersrente nach § 37 SGB VI in Anspruch zu nehmen, keinen Sachgrund dar, der die Befristung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses rechtfertigen könne. Überdies werde er durch die vorzeitige Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses gegenüber nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern benachteiligt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch Befristungslauf/auflösende Bedingung am 31. März 2006 enden wird, sondern bis zum 31. März 2009 andauert.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Die rechtzeitig erhobene Befristungskontrollklage ist begründet. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht angenommen, dass das durch die Vereinbarung vom 29. Dezember 2003 begründete Altersteilzeitarbeitsverhältnis durch die in § 1 Abs. 4 der Vereinbarung enthaltene auflösende Bedingung mit Ablauf des 31. März 2006 geendet hat. Die Regelung in § 1 Abs. 4 ist nach § 305c Abs. 1 BGB als sog. Überraschungsklausel nicht Vertragsinhalt der Altersteilzeitarbeitsvereinbarung der Parteien geworden. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Parteien endet auf Grund der in § 1 Abs. 2 vereinbarten Befristung, die vom Kläger nicht in Frage gestellt wird, erst am 31. März 2009. Auf die weiteren, zwischen den Parteien umstrittenen Rechtsfragen kommt es daher nicht an.

I. Bei der in § 1 Abs. 4 der Altersteilzeitarbeitsvereinbarung vom 29. Dezember 2003 enthaltenen Vereinbarung handelt es sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht um eine Zweckbefristung, sondern um eine auflösende Bedingung iSd. § 21 TzBfG. Es war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch ungewiss, ob der Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente erfüllen würde. Über seinen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch war noch nicht entschieden.

II. Das Arbeitsverhältnis hat nicht auf Grund der in § 1 Abs. 4 der Altersteilzeitarbeitsvereinbarung vom 29. Dezember 2003 enthaltenen auflösenden Bedingung geendet. Zwar hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass nach der Vertragsbestimmung das Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit dem Ablauf des Kalendermonats enden würde, in dem der Kläger eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 37 SGB VI) in Anspruch nehmen kann. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Vereinbarung aber nicht Vertragsbestandteil des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses der Parteien geworden, da sie eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB darstellt und dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht genügt.

1. Bei dem Altersteilzeitarbeitsvertrag der Parteien vom 29. Dezember 2003 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB.

a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrags stellt. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

b) Das Landesarbeitsgericht hat seine Annahme, der von der Beklagten gestellte Vertragstext sei zur Verwendung für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf das äußere Erscheinungsbild des verwandten Formulars gestützt. Im Vertragstext wird der Vertragspartner der Beklagten nicht namentlich, sondern durchgängig als “Arbeitnehmer” bezeichnet. Das Formular enthält standardisierte Regelungsalternativen für den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitvertrags, deren Auswahl von der Beklagten durch Ankreuzen der aus ihrer Sicht einschlägigen Regelungen vorgenommen werden. Dieser Würdigung ist die Beklagte in der Revisionsinstanz nicht mehr entgegengetreten.

2. § 305c Abs. 1 BGB ist auf die in § 1 Abs. 4 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom 29. Dezember 2003 getroffene Regelung anwendbar. Es handelt sich nicht um eine Klausel, die nach § 310 Abs. 4 BGB einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen ist.

Nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB findet der Abschnitt 2 über die Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen und damit auch § 305c BGB auf Tarifverträge keine Anwendung. Diese Einschränkung der Inhaltskontrolle gilt auch für den gesamten Inhalt eines Tarifvertrags, der durch eine formularmäßig verwendete Klausel zum Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien wird. Dadurch wird sichergestellt, dass die nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB von der AGB-Kontrolle ausgenommenen Tarifverträge auch bei einer einzelvertraglichen Inbezugnahme keiner Inhaltskontrolle unterliegen (BAG 27. Juli 2005 – 7 AZR 486/04 –, BAGE 115, 274 = AP BGB § 307 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 5, zu B II 1 f aa der Gründe).

Danach ist die Überprüfung von § 1 Abs. 4 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom 29. Dezember 2003 nicht nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB einer Kontrolle nach § 305c Abs. 1 BGB entzogen. Die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der frühest möglichen Inanspruchnahme einer Altersrente nach § 37 SGB VI ist nicht Gegenstand einer Regelung in einem für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltenden Tarifvertrag. Nach § 3 Abs. 2 TV ATZ ist der Arbeitnehmer zwar verpflichtet, die frühestmögliche gesetzliche Rente in Anspruch zu nehmen. Die Vorschrift enthält aber keinen Beendigungstatbestand zu dem Zeitpunkt, in dem der in Altersteilzeit befindliche Arbeitnehmer die Voraussetzungen für den Bezug einer vorzeitigen gesetzlichen Altersrente erfüllt. Die Tarifvertragsparteien haben mit § 3 Abs. 2 TV ATZ lediglich eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Inanspruchnahme der frühestmöglichen Altersrente geschaffen und nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeordnet.

3. § 1 Abs. 4 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom 29. Dezember 2003 stellt eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB dar.

a) Überraschenden Charakter im Sinne dieser Vorschrift hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Die Erwartungen des Vertragspartners werden von allgemeinen und individuellen Begleitumständen des Vertragsschlusses bestimmt. Hierzu zählen ua. der Gang und der Inhalt der Vertragsverhandlungen einerseits sowie der äußere Zuschnitt des Vertrags andererseits (BAG 15. Februar 2007 – 6 AZR 286/06 – Rn. 22, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 35 = EzA BGB 2002 § 611 Aufhebungsvertrag Nr 6; BGH 11. Dezember 2003 – III ZR 118/03 – MDR 2004, 344, zu II 2d aa der Gründe mwN). Im Einzelfall kann der Verwender gehalten sein, auf die Klausel besonders hinzuweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorzuheben (BAG 27. Juli 2005 – 7 AZR 443/04 – Rn. 21, BAGE 115, 265 = AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 27 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 6; 29. November 1995 – 5 AZR 447/94 – BAGE 81, 317 = AP AGB-Gesetz § 3 Nr. 1 = EzA BGB § 611 Inhaltskontrolle Nr. 1, zu II 3 der Gründe).

b) Danach handelt es sich bei § 1 Abs. 4 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom 29. Dezember 2003 um eine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB. Der Kläger brauchte mit der durch § 1 Abs. 4 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom 29. Dezember 2003 bewirkten Beendigung seines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zum 31. März 2006 auf Grund der vorangegangenen Vertragsverhandlungen nicht (mehr) zu rechnen.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat die in § 1 Abs. 4 des Altersteilzeitarbeitsvertrags enthaltene Regelung nicht für überraschend gehalten. Zur Begründung hat es angeführt, dass weder das Erscheinungsbild der Klausel noch ihr Inhalt nach dem Verlauf der Vertragsverhandlungen als überraschend anzusehen seien. Die Vereinbarung in § 1 Abs. 4 über die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der frühestmöglichen Anspruchsberechtigung des Arbeitnehmers auf eine Rente für schwerbehinderte Menschen setze eine dem Kläger bekannte tarifliche Verpflichtung um, auf die die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 15. Dezember 2003 hingewiesen habe. Zwar habe bei dem Kläger durch das Begleitschreiben vom 29. Dezember 2003 der Eindruck entstehen können, dass die Beklagte sich nunmehr vollständig auf seine Forderung auf Beendigung der Altersteilzeit zum 31. März 2009 eingelassen habe. Jedoch sei aus der vorherigen Korrespondenz für den Kläger der Wunsch der Beklagten erkennbar gewesen, das Altersteilzeitarbeitsverhältnis zum frühest möglichen Zeitpunkt zu beenden. Selbst wenn die Klausel in § 1 Abs. 4 des Altersteilzeitarbeitsvertrags objektiv betrachtet ein gewisses Überraschungsmoment beinhalte, werde dies durch die vorangegangene Möglichkeit des Klägers ausgeglichen, sich mit dem Vertragsentwurf vertraut zu machen. Es fehle an dem subjektiven Überraschungsmoment, da die Beklagte dem Kläger das – von ihm zunächst abgelehnte – Vertragsmuster bereits mit dem Schreiben vom 3. Dezember 2003 übersandt habe.

bb) Damit hat das Landesarbeitsgericht die Voraussetzungen des § 305c Abs. 1 BGB verkannt.

Zutreffend erweist sich zwar die Annahme des Landesarbeitsgerichts, auf Grund des äußeren Erscheinungsbilds sei die in § 1 Abs. 4 des Vertrags vom 29. Dezember 2003 enthaltene auflösende Bedingung nicht als überraschend anzusehen. Die Überschrift “Beginn und Ende der Altersteilzeit” weist ausreichend auf den Inhalt der nachfolgenden Regelung hin. Anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen, musste der Kläger aber angesichts der mit der Beklagten geführten Korrespondenz nicht mit der vorzeitigen Beendigung seines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bei Anerkennung seiner Schwerbehinderteneigenschaft und der daraus folgenden Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer Altersrente nach § 37 SGB VI rechnen. Dem steht auch die vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Auffassung angeführte Kenntnis des Klägers von der sich aus § 3 Abs. 2 TV ATZ ergebenden Verpflichtung nicht entgegen. Der Kläger konnte vielmehr davon ausgehen, dass die Beklagte auf seine Forderung nach einer Laufzeit des Altersteilzeitarbeitverhältnisses eingegangen war, die nicht von einer Inanspruchnahmemöglichkeit einer vorzeitigen Altersrente nach § 37 SGB VI abhing. Der Kläger hat nicht nur im Schreiben vom 8. Dezember 2003 auf die seiner Ansicht nach bestehende Möglichkeit hingewiesen, bei der Vereinbarung der Altersteilzeit von den tariflichen Vorgaben abzuweichen. Er hat auch sein fehlendes Einverständnis mit der von der Beklagten gewünschten Laufzeit bis zum 31. März 2006 eindeutig zum Ausdruck gebracht. An dieser Position hielt er in seinem Schreiben vom 18. Dezember 2003 ausdrücklich fest, mit der er die Beklagte um eine Korrektur der Vertragslaufzeit bat, obwohl diese auf die sich für den Kläger aus § 3 Abs. 2 TV ATZ ergebende Verpflichtung hingewiesen hatte. Nachdem sich die Beklagte zu der von dem Kläger geforderten Laufzeit bis zum 31. März 2009 bereit erklärt und den Vertragstext entsprechend angepasst hatte, durfte sich der Kläger darauf verlassen, dass der Altersteilzeitarbeitsvertrag zu den von ihm gewünschten Bedingungen zustande kommt, zumal in dem Begleitschreiben vom 29. Dezember 2003 ausdrücklich eine Vertragslaufzeit bis zum 31. März 2009 erwähnt wird. Dem steht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht entgegen, dass der Kläger bereits seit Anfang Dezember 2003 die Möglichkeit hatte, sich mit der Bedeutung der in § 1 Abs. 4 des Altersteilzeitarbeitsvertrags enthaltenen auflösenden Bedingung vertraut zu machen. Die Regelung in § 1 Abs. 4 idF des mit dem Schreiben vom 3. Dezember 2003 übersandten Vertragsentwurfs hatte ursprünglich keine eigenständige Bedeutung, da die Befristung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2006, dem Tag der frühestmöglichen Inanspruchnahme einer gesetzlichen Altersrente, bereits in § 1 Abs. 2 des Vertragsentwurfs als Vertragsdauer ausdrücklich geregelt war. Nachdem die Beklagte den in § 1 Abs. 2 enthaltenen Beendigungszeitpunkt entsprechend dem Wunsch des Klägers geändert hatte, musste ein durchschnittlicher Arbeitnehmer nicht damit rechnen, dass ein redlich handelnder Arbeitgeber dem Wunsch des Klägers nach einer von dem Ausgang des anhängigen Anerkennungsverfahrens unabhängigen Laufzeit der Altersteilzeit nur vordergründig, nicht aber tatsächlich entsprechen würde. Vielmehr hätte die Beklagte den Kläger zB in dem Begleitschreiben vom 29. Dezember 2003 auf die Bedeutung der auflösenden Bedingung in § 1 Abs. 4 des Altersteilzeitarbeitsvertrags hinweisen müssen.

3. Daneben führte § 1 Abs. 4 der Altersteilzeitvereinbarung vom 29. Dezember 2003 – wäre die Klausel Vertragsinhalt geworden – nicht zur Beendigung des Vertragsverhältnisses, da die in § 1 Abs. 2 bis 4 der Vereinbarung enthaltene Regelung über die Befristung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses den Anforderungen des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht genügt.

a) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners, die nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB die Unwirksamkeit von Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Folge hat, auch daraus ergeben, dass diese nicht klar und verständlich sind. Das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltene Transparenzgebot gilt nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB auch für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Die Bestimmung verpflichtet den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein und verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Klausel so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Formularbestimmung genügt dem Bestimmtheitsgebot nur dann, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt (BGH 25. Oktober 2006 – VIII ZR 23/06 – BGHZ 170, 1, zu IV 2c aa der Gründe mwN). Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BAG 11. April 2006 – 9 AZR 557/05 – Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 5; BGH 11. Mai 2005 – IV ZR 25/04 – MDR 2005, 1227, zu II 1c aa der Gründe mwN). Abzustellen ist bei der Bewertung der Transparenz auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BGH 26. Oktober 2005 – VIII ZR 48/05 – BGHZ 165, 12, zu II 3b der Gründe).

b) Die redaktionelle Abfassung der im Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 29. Dezember 2003 in § 1 Abs. 2 bis 4 enthaltenen Beendigungstatbestände wird dem Bestimmtheitsgebot und damit auch dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gerecht.

Wegen der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen, die mit der Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses verbunden sind, muss die vom Verwender gewählte Befristungsabrede den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den durchschnittlichen Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen lassen. Wird wie im Streitfall in einem Formulararbeitsvertrag eine Befristungsabrede getroffen, bei der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Zeitbefristung vorzeitig durch Eintritt einer oder mehrerer auflösenden Bedingungen enden kann, so ist die vorzeitige Beendigungsmöglichkeit im Vertragstext deutlich erkennbar hervorzuheben. Die Beklagte hätte daher bei der Formulierung der in § 1 Abs. 2 bis 4 genannten Beendigungstatbestände kenntlich machen müssen, dass die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 und 4 vor Ablauf der in § 1 Abs. 2 genannten Laufzeit eintreten kann.

c) Es kann danach offenbleiben, ob sich die Beklagte angesichts der vorangegangenen Vertragsverhandlungen bei der redaktionellen Abfassung des in § 1 Abs. 4 des Altersteilzeitarbeitsvertrags enthaltenen Beendigungstatbestands auf die Formulierung “vorzeitige Altersrente” beschränken durfte oder konkret die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses auf Grund der Möglichkeit, eine Altersrente nach § 37 SGB VI in Anspruch zu nehmen, nennen musste. Der Beklagten war nach der ihr vom Kläger vorgelegten Rentenauskunft aus dem Jahr 2002 bekannt, dass der Kläger vor Ablauf der Altersteilzeit am 31. März 2009 lediglich eine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen würde beanspruchen können.

d) Ob im Streitfall der Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Unwirksamkeit der gesamten in § 1 Abs. 2 bis 4 der Altersteilzeitvereinbarung vom 29. Dezember 2003 enthaltenen Befristungsabrede führt, bedarf keiner Entscheidung, da der Kläger die Wirksamkeit der in § 1 Abs. 2 vereinbarten Laufzeit bis zum 31. März 2009 nicht in Frage gestellt und die Beklagte sich nicht auf eine Beendigung auf Grund der Regelung in § 1 Abs. 3 berufen hat.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dörner, Gräfl, Koch, Zumpe, Berger

 

Fundstellen

BB 2008, 49

DB 2008, 133

NWB 2008, 1304

FA 2008, 54

FA 2008, 81

NZA 2008, 1208

StuB 2008, 652

EzA-SD 2007, 8

EzA

HzA aktuell 2008, 3

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