Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. Schriftform. Bestätigung. nachträgliche schriftliche Niederlegung einer mündlich vereinbarten Befristung

 

Leitsatz (amtlich)

Halten die Arbeitsvertragsparteien eine zunächst nur mündlich und damit nach § 623 BGB aF (seit 1. Januar 2001: § 14 Abs. 4 TzBfG), § 125 Satz 1 BGB formnichtig vereinbarte Befristung in einem nach Vertragsbeginn unterzeichneten Arbeitsvertrag schriftlich fest, führt dies nicht dazu, dass die Befristung rückwirkend wirksam wird. § 141 Abs. 2 BGB steht der Geltendmachung des Formmangels nicht entgegen. Die Vorschrift ist auf die nach Vertragsbeginn erfolgte schriftliche Niederlegung einer zuvor nur mündlich vereinbarten Befristung nicht anwendbar.

 

Orientierungssatz

  • Nach § 623 BGB aF (seit 1. Januar 2001: § 14 Abs. 4 TzBfG) bedarf die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags der Schriftform. Wird die Befristung nur mündlich vereinbart, ist sie nach § 623 BGB aF, § 125 Satz 1 BGB nichtig. Das hat nicht die Unwirksamkeit des gesamten Arbeitsvertrags zur Folge. Vielmehr entsteht anstelle des befristeten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
  • Die nach Vertragsbeginn und nach Aufnahme der Arbeit erfolgte schriftliche Niederlegung der mündlich vereinbarten Befristung in einem schriftlichen Arbeitsvertrag führt nicht dazu, dass die Befristung rückwirkend wirksam wird. Eine derartige Rechtsfolge ergibt sich nicht aus § 141 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift ist auf die nach Vertragsbeginn vorgenommene schriftliche Fixierung einer zunächst nur mündlich getroffenen Befristungsvereinbarung in einem wirksamen Arbeitsvertrag nicht anwendbar.
  • Wird in einem nach Vertragsbeginn unterzeichneten Arbeitsvertrag eine zuvor mündlich getroffene Befristungsabrede schriftlich festgehalten, liegt darin in der Regel nicht die nachträgliche Befristung des zunächst entstandenen unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Die Parteien wollen dadurch regelmäßig nur das zuvor mündlich Vereinbarte schriftlich festhalten, aber keine Vertragsänderung herbeiführen.
 

Normenkette

BGB §§ 623, 125, 141; BeschFG § 1

 

Verfahrensgang

LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 11.02.2004; Aktenzeichen 4 Sa 469/03)

ArbG Magdeburg (Urteil vom 24.06.2003; Aktenzeichen 9 Ca 4526/02)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. Februar 2004 – 4 Sa 469/03 – aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 24. Juni 2003 – 9 Ca 4526/02 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund Befristung am 31. Oktober 2002 geendet hat.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund Befristung am 31. Oktober 2002 geendet hat.

Der Kläger war vom 1. November 2000 bis zum 31. Oktober 2002 als Sachbearbeiter bei dem Bundesvermögensamt in M… beschäftigt. In dem Vorstellungsgespräch Mitte Oktober 2000 hatte ihm der Amtsvorsteher mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis für zwei Jahre befristet sei. Der Kläger nahm am 1. November 2000 die Arbeit auf. Am 10. November 2000 unterzeichneten die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, dessen § 1 wie folgt lautet:

“§ 1

Herr R… K… wird ab 01. November 2000 nach § 1 des Gesetzes über arbeitsrechtliche Vorschriften zur Beschäftigungsförderung vom 26. April 1985 (BGBl. I S. 710) in der jeweils geltenden Fassung als vollbeschäftigter Angestellter mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen

Arbeitszeit von 40 Stunden für die Zeit bis zum 31. Oktober 2002

beschäftigt.”

Der Kläger wurde über den 31. Oktober 2002 hinaus nicht weiterbeschäftigt.

Mit der am 18. November 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31. Oktober 2002 hinaus geltend gemacht und gemeint, die Befristung sei mangels eines sie rechtfertigenden Sachgrunds unwirksam. Da der schriftliche Arbeitsvertrag erst am 10. November 2000 unterzeichnet worden sei, sei mit der Arbeitsaufnahme am 1. November 2000 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die nachträgliche schriftliche Befristung verstoße gegen das Anschlussverbot in § 1 Abs. 3 BeschFG.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. Oktober 2002 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht auf Grund Befristung am 31. Oktober 2002 geendet. Die im Oktober 2000 mündlich vereinbarte Befristung ist nach § 623 BGB in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (aF), § 125 Satz 1 BGB nichtig. Durch die am 10. November 2000 erfolgte schriftliche Niederlegung des Arbeitsvertrags wurde die Befristung nicht rückwirkend wirksam. Dadurch wurde weder eine weitere Befristungsabrede getroffen, noch wurde die nur mündlich und damit formnichtig vereinbarte Befristung iSv. § 141 BGB bestätigt. Dem Kläger ist es auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Befristung zu berufen. Der Klage war daher unter Abänderung bzw. Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen stattzugeben.

A. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich entgegen dem Antragswortlaut nicht um eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, sondern um eine Befristungskontrollklage gemäß § 17 Satz 1 TzBfG, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf Grund Befristung am 31. Oktober 2002 geendet hat. Der Kläger wendet sich ausschließlich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Befristung zu diesem Zeitpunkt. Andere Beendigungstatbestände oder -zeitpunkte sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Das hat der Senat bei der Tenorierung berücksichtigt.

B. Die Klage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht auf Grund Befristung am 31. Oktober 2002 geendet. Der Kläger hat das Recht, die Unwirksamkeit der Befristung geltend zu machen, nicht verwirkt.

I. Die mit Arbeitsvertrag vom Oktober 2000 vereinbarte Befristung zum 31. Oktober 2002 ist nach § 623 BGB aF iVm. § 125 Satz 1 BGB nichtig.

1. Da die Befristung im Oktober 2000 mündlich vereinbart und in dem Arbeitsvertrag vom 10. November 2000 schriftlich niedergelegt wurde, ist ihre Wirksamkeit nicht nach den Vorschriften des am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu beurteilen, sondern nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen in §§ 620, 623 BGB aF. Denn für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts kommt es auf die Rechtslage im Zeitpunkt seines Abschlusses an (BAG 26. Juli 2000 – 7 AZR 43/99 – AP BeschFG 1985 § 1 Nr. 26 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 18, zu B I 4 der Gründe; 15. Januar 2003 – 7 AZR 535/02 – AP TzBfG § 14 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu I der Gründe).

2. Nach § 623 BGB aF (seit 1. Januar 2001: § 14 Abs. 4 TzBfG) bedarf die Befristung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Eine nur mündlich vereinbarte Befristung ist nach § 125 Satz 1 BGB nichtig. Wird eine Befristung nicht wirksam vereinbart, führt dies nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Arbeitsvertrags. Vielmehr tritt an die Stelle des unwirksam befristeten Arbeitsvertrags ein unbefristeter Arbeitsvertrag (BAG 27. Januar 1988 – 7 AZR 292/87 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 116 = EzA BGB § 620 Nr. 97, zu I 3b bb der Gründe; 22. März 2000 – 7 AZR 581/98 – BAGE 94, 118, 122 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 1 = EzA BeschFG § 1 Klagefrist Nr. 4, zu B II 2a aa der Gründe; 25. Oktober 2000 – 7 AZR 537/99 – BAGE 96, 155, 158 f. = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 7 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 23, zu B IV 1a der Gründe). Das gilt auch im Falle der auf der Verletzung der Schriftform beruhenden Nichtigkeit der Befristung.

3. Hiernach ist zwischen den Parteien am 1. November 2000 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden. Die Parteien haben in dem Vorstellungsgespräch Mitte Oktober 2000 mündlich einen Arbeitsvertrag mit einer Befristung zum 31. Oktober 2002 vereinbart. Dieser Vertrag ist wirksam. Lediglich die Befristung ist nach § 623 BGB aF iVm. § 125 Satz 1 BGB nichtig.

4. Die im nachfolgenden schriftlichen Arbeitsvertrag vom 10. November 2000 enthaltene Befristungsabrede führte weder dazu, dass die zunächst formnichtige Befristung rückwirkend wirksam wurde, noch wurde dadurch das am 1. November 2000 entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis nachträglich wirksam befristet.

a) Die nur mündlich und damit formnichtig vereinbarte Befristung ist nicht nach § 141 BGB rückwirkend wirksam geworden.

aa) Nach § 141 Abs. 1 BGB ist die Bestätigung eines nichtigen Rechtsgeschäfts durch denjenigen, der es vorgenommen hat, als erneute Vornahme zu beurteilen. Die Bestätigung hat keine rückwirkende Kraft. Das Rechtsgeschäft gilt erst vom Zeitpunkt der Bestätigung an (BGH 1. Oktober 1999 – V ZR 168/98 – NJW 1999, 3704, 3705, zu III 2b bb der Gründe; Soergel/Hefermehl BGB 13. Aufl. § 141 Rn. 11; Palandt/Heinrichs BGB 63. Aufl. § 141 Rn. 8; Erman/Palm BGB 10. Aufl. § 141 Rn. 6; Staudinger/Roth BGB Neubearbeitung 2003 § 141 Rn. 25). Allerdings sind die Parteien, die einen nichtigen Vertrag bestätigen, nach § 141 Abs. 2 BGB im Zweifel verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre. Diese Vorschrift sieht eine schuldrechtliche Rückwirkung in dem Verhältnis der Vertragspartner zueinander vor, weil es in der Regel ihren Interessen entspricht, den zunächst nichtigen, später wirksam gewordenen Vertrag auch in der Zeit zwischen dem Vertragsschluss und der Bestätigung zu erfüllen (Soergel/Hefermehl aaO; Erman/Palm aaO Rn. 7; Staudinger/Roth aaO Rn. 26). Die Regelung des § 141 Abs. 2 BGB ist jedoch auf die nach Vertragsbeginn erfolgte schriftliche Niederlegung einer mündlich und damit formnichtig getroffenen Befristungsabrede nicht anwendbar (vgl. etwa APS/Backhaus 2. Aufl. § 14 TzBfG Nr. 479; ErfK/Müller-Glöge 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 151; KR-Spilger 7. Aufl. Anhang 1 zu § 623 BGB Rn. 101 ff.; aA Bauer BB 2001, 2526, 2528; Straub NZA 2001, 919, 927). Die gesetzlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Der mündlich geschlossene Arbeitsvertrag ist – abgesehen von der Befristung – von Anfang an wirksam und bildet die rechtliche Grundlage für die daraus resultierenden Rechte und Pflichten der Parteien. Aus der Befristung als solcher ergeben sich keine Ansprüche, die schon für die Zeit vor der Bestätigung erfüllt werden könnten. Bei einer zunächst formnichtigen, später schriftlich festgehaltenen Befristung hat die Vorschrift daher keinen Anwendungsbereich.

Die Vorschrift kann auf die nachgeholte Befristungsabrede auch nicht analog angewandt werden. Selbst wenn angenommen würde, das Gesetz zur Schriftform sei lückenhaft, weil der Gesetzgeber den Fall der Nachholung nicht geregelt habe, steht der analogen Anwendung im Wege teleologischer Auslegung Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses in § 623 BGB aF entgegen. Das Schriftformerfordernis bezweckt im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Befristung, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne weitere rechtsgeschäftliche Erklärung führt, die Gewährleistung größtmöglicher Rechtssicherheit. Der Arbeitnehmer soll bei Vertragsbeginn durch das Lesen der Vereinbarungen erkennen, dass er keinen Dauerarbeitsplatz erhält, um ggf. den Vertragsschluss zugunsten anderer Angebote ablehnen zu können. Außerdem dient das Schriftformerfordernis der Beweiserleichterung. Dadurch soll unnötiger Streit der Parteien über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristung vermieden werden (BT-Drucks. 14/626 S. 11; BAG 3. September 2003 – 7 AZR 106/03 – AP TzBfG § 14 Nr. 4 = EzA TzBfG § 14 Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu 2b der Gründe). Mit dieser Zwecksetzung wäre es nicht vereinbar, wenn die analoge Anwendung des § 141 Abs. 2 BGB der Geltendmachung der Formnichtigkeit einer zunächst nur mündlich vereinbarten Befristung entgegenstünde. Dies eröffnete die Möglichkeit, darüber zu streiten, ob überhaupt mündlich eine Befristung vereinbart wurde, die im Nachhinein bestätigt werden konnte. Auch ein derartiger Streit sollte durch das Schriftformerfordernis jedoch gerade verhindert werden.

bb) Die schriftliche Niederlegung der zunächst nur mündlich vereinbarten Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 10. November 2000 führte daher nicht dazu, dass die Befristung rückwirkend mit Wirkung zum 1. November 2000 wirksam wurde. Abgesehen davon, dass sich eine derartige Rechtsfolge nicht aus § 141 BGB ergeben kann, liegt in dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 10. November 2000 keine Bestätigung der bis dahin nichtigen Befristungsabrede im Sinne von § 141 BGB. Eine Bestätigung gemäß § 141 BGB setzt voraus, dass die Parteien den Grund der Nichtigkeit kennen oder zumindest Zweifel an der Rechtsbeständigkeit der Vereinbarung haben. Fehlt das Bewusstsein der möglichen Fehlerhaftigkeit des Rechtsgeschäfts, kann nicht von einer Bestätigung iSv. § 141 BGB ausgegangen werden (BGH 10. Mai 1995 – VIII ZR 264/94 – BGHZ 129, 371, 377, zu II 1c aa der Gründe mwN; BAG 13. November 1975 – 2 AZR 610/74 – BAGE 27, 331, 337 = AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 20, zu 4 der Gründe). Im Streitfall ist weder festgestellt noch von den Parteien vorgetragen, dass sie bei Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrags am 10. November 2000 Zweifel an der Wirksamkeit der bis dahin nur mündlich vereinbarten Befristung hatten und daher im Rechtssinne bestätigen wollten.

b) Das am 1. November 2000 entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis wurde auch nicht durch die schriftliche Niederlegung der Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 10. November 2000 nachträglich befristet.

Ein unbefristeter Arbeitsvertrag kann zwar nachträglich befristet werden. Das gilt auch für einen mangels Schriftform unwirksam befristeten Arbeitsvertrag, der ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit zur Folge hat. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Parteien übereinstimmende, auf diese Rechtsfolge gerichtete Willenserklärungen abgeben. Daran fehlt es, wenn die Parteien lediglich eine mündlich vereinbarte Befristung zu einem späteren Zeitpunkt nach Aufnahme der Arbeit durch den Arbeitnehmer in einem schriftlichen Arbeitsvertrag niederlegen. Damit treffen sie in der Regel keine neue Befristungsvereinbarung, sondern halten nur schriftlich fest, was sie zuvor mündlich vereinbart haben. So verhält es sich auch im Streitfall. Die Parteien haben nicht vorgetragen, am 10. November 2000 eine von der im Oktober 2000 mündlich vereinbarten Befristung unabhängige weitere Befristungsabrede getroffen zu haben.

II. Selbst wenn die Parteien in dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 10. November 2000 eine neue, eigenständige Vereinbarung über die Befristung des zunächst unbefristeten Arbeitsvertrags zum 31. Oktober 2002 getroffen haben sollten, wäre die Befristung unwirksam. Sie genügte zwar dem Schriftformerfordernis. Die Befristung konnte jedoch nicht auf § 1 Abs. 1 BeschFG gestützt werden. Einen Sachgrund, der die Befristung rechtfertigen könnte, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

1. Eine etwaige am 10. November 2000 nachträglich vereinbarte Befristung eines auf unbestimmte Zeit entstandenen Arbeitsverhältnisses wäre nicht nach § 1 Abs. 1 BeschFG wirksam. Nach § 1 Abs. 3 BeschFG ist eine Befristung nach Abs. 1 nicht zulässig, wenn zu einem vorherigen unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht, der vermutet wird, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen ein Zeitraum von weniger als vier Monaten liegt. So verhält es sich hier. Zwischen den Parteien bestand wegen der zunächst nur mündlich und damit formnichtig vereinbarten Befristung vom 1. November bis zum 9. November 2000 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Das stand einer sachgrundlosen Befristung nach § 1 Abs. 1 BeschFG entgegen.

2. Einen Sachgrund für die Befristung hat die Beklagte nicht vorgetragen.

III. Dem Kläger ist es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) versagt, sich auf die Unwirksamkeit der Befristung zu berufen. Es liegt weder der Tatbestand der Verwirkung noch ein widersprüchliches Verhalten des Klägers vor.

1. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte mit der Geltendmachung seines Rechts längere Zeit zugewartet hat (Zeitmoment) und der Schuldner deswegen annehmen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, er sich darauf eingerichtet hat und ihm die gegenwärtige Erfüllung des Rechts oder Anspruchs unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten ist (Umstandsmoment) (vgl. etwa BAG 30. Januar 1991 – 7 AZR 497/89 – BAGE 67, 124, 132 f. = AP AÜG § 10 Nr. 8 = EzA AÜG § 10 Nr. 3, zu I 2 der Gründe; 19. März 2003 – 7 AZR 267/02 – BAGE 105, 317, 324 = AP AÜG § 13 Nr. 4 = EzA AÜG § 1 Nr. 12, zu III 4a der Gründe). Im Streitfall ist bereits das Zeitmoment nicht erfüllt. § 17 Satz 1 TzBfG bestimmt, dass die Unwirksamkeit einer Befristung innerhalb von drei Wochen nach Vertragsende gerichtlich geltend zu machen ist. Diese Frist darf der Arbeitnehmer ausschöpfen. Ist die Frist noch nicht abgelaufen, kann der Arbeitgeber nicht darauf vertrauen, der Arbeitnehmer werde die Unwirksamkeit der Befristung nicht mehr geltend machen. Der Kläger hat die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt. Verwirkung ist daher bereits aus diesem Grund nicht eingetreten.

Davon abgesehen fehlt es auch an dem für die Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, im Vertrauen darauf, dass der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung nicht geltend machen werde, Dispositionen getroffen zu haben, auf Grund derer ihr die Weiterbeschäftigung des Klägers unzumutbar geworden ist.

2. Soweit dem Vorbringen der Beklagten der Vorwurf zu entnehmen sein sollte, der Kläger verhalte sich widersprüchlich und es sei ihm nach den Regeln des venire contra factum proprium versagt, sich auf den Mangel der Schriftform zu berufen, verkennt die Beklagte die Gesetzeslage im Befristungskontrollrecht. Der Kläger ist trotz nachgeholter schriftlicher Vereinbarung einer Befristung nicht gehindert, die Unwirksamkeit der Befristung geltend zu machen. Bei vertraglichen Befristungsabreden ist es regelmäßig erlaubt, sie auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen. Das folgt unmittelbar aus § 17 TzBfG (bis 31. Dezember 2000, § 1 Abs. 5 BeschFG). Vertragsschluss und Klage sind nicht widersprüchlich im Sinne eines Verstoßes gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB (zu Schriftform und Treu und Glauben bei Eigenkündigung und Aufhebungsvertrag vgl. BAG 16. September 2004 – 2 AZR 659/03 – DB 2005, 232, zu B I 2 der Gründe).

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Dörner, Gräfl, Krasshöfer, Wilke, Seiler

 

Fundstellen

Haufe-Index 1337766

BAGE 2006, 75

BB 2005, 1116

DB 2005, 1172

DStR 2005, 931

DStR 2005, 932

NJW 2005, 2333

NWB 2005, 17

NWB 2005, 3888

EBE/BAG 2005, 74

FA 2005, 189

JR 2006, 220

NZA 2005, 575

SAE 2005, 337

StuB 2005, 191

ZAP 2005, 881

ZIP 2005, 1614

ZTR 2005, 428

ZTR 2005, 83

AP, 0

AuA 2005, 50

EzA-SD 2004, 3

EzA-SD 2005, 5

EzA

MDR 2005, 877

NJ 2005, 382

PERSONAL 2005, 54

ZMV 2005, 95

AUR 2005, 235

AUR 2005, 28

ArbRB 2005, 1

ArbRB 2005, 162

NJW-Spezial 2005, 274

RdW 2005, 436

ZGS 2005, 6

BAGReport 2005, 168

BBKM 2005, 30

PayRoll 2005, 38

Pw 2005, 56

SJ 2005, 53

SPA 2005, 3

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