Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratsmitglied. Erstattung von Reisekosten

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt ein Mitglied des Betriebsausschusses außerhalb seiner Arbeitszeit an Sitzungen des Betriebsausschusses teil und muss er den Betrieb ausschließlich deswegen aufsuchen, ist der Arbeitgeber nach § 40 Abs. 1 BetrVG zur Erstattung der Reisekosten verpflichtet, die dem Betriebsratsmitglied für die Fahrten von seiner Wohnung zum Betrieb entstehen. Der Anspruch auf Erstattung der Reisekosten hängt nicht davon ab, ob die Betriebsausschusssitzung aus betriebsbedingten Gründen iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG außerhalb der Arbeitszeit des Betriebsausschussmitglieds stattgefunden hat.

 

Orientierungssatz

1. Der Arbeitgeber trägt nach § 40 Abs. 1 BetrVG die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch Reisekosten, die das Betriebsratsmitglied zur Durchführung konkreter, erforderlicher Betriebsratstätigkeit aufgewendet hat.

2. Zur Erstattung von Reisekosten für Fahrten zwischen der Wohnung und dem Betrieb ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, wenn das Betriebsratsmitglied den Betrieb ausschließlich wegen der Wahrnehmung erforderlicher betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben aufsuchen musste. Fahrtkosten, die das Betriebsratsmitglied auch ohne Rücksicht auf die Betriebsratstätigkeit hätte aufwenden müssen, um seiner Arbeitspflicht nachzukommen, sind keine Kosten, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstanden sind.

3. Bei der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds oder eines Mitglieds des Betriebsausschusses an Sitzungen des Betriebsrats oder des Betriebsausschusses handelt es sich um erforderliche Betriebsratstätigkeit. Dies gilt auch dann, wenn die Sitzungen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds stattfinden. Das Betriebsratsmitglied ist nicht gehalten, sich durch ein zu dieser Zeit im Betrieb anwesendes Ersatzmitglied vertreten zu lassen. Das Betriebsratsmitglied ist nicht iSv. § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG an der Teilnahme verhindert, weil es wegen der Sitzung von seiner Wohnung zum Betrieb fahren muss.

4. Der Anspruch auf Erstattung von Reisekosten nach § 40 Abs. 1 BetrVG hängt nicht davon ab, ob die Betriebsrats- oder Betriebsausschusssitzung aus betrieblichen Gründen iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des Betriebsrats- oder Betriebsausschussmitglieds stattgefunden hat.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 3

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Beschluss vom 29.06.2006; Aktenzeichen 9 TaBV 197/05)

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 20.09.2005; Aktenzeichen 8 BV 511/05)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 29. Juni 2006 – 9 TaBV 197/05 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Fahrtkosten an den Antragsteller zu 2), die diesem anlässlich der Teilnahme an Betriebsausschusssitzungen entstanden sind, sowie über die Zahlung von Tagegeld.

Der zu 3) beteiligte Verein (im Folgenden: Arbeitgeber) betreibt in Frankfurt am Main und Umgebung eine Reihe von Einrichtungen. Er beschäftigt etwa 500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber erstattet bei Dienstreisen Reisekosten nach dem Hessischen Reisekostengesetz (HRKG). Bei eintägigen Dienstreisen wird danach bei einer Abwesenheit von mindestens acht Stunden ein Tagegeld in Höhe von 6,-- Euro gewährt.

Der Antragsteller zu 1) ist der im Betrieb des Arbeitgebers gebildete, aus 11 Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Der Antragsteller zu 2) ist Mitglied des Betriebsrats und des nach § 27 BetrVG gebildeten Betriebsausschusses. Er arbeitete bis März 2005 mittwochs, donnerstags und freitags. Sein Arbeitsplatz befindet sich in E….

Bis Anfang des Jahres 2003 fanden die Betriebsratssitzungen und die Sitzungen des Betriebsausschusses wöchentlich donnerstags statt. Mit Schreiben vom 3. Februar 2003 informierte der Betriebsrat den Arbeitgeber darüber, dass die Betriebsausschusssitzungen ab dem 3. März 2003 nicht mehr donnerstags, sondern am Montag von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr durchgeführt würden. Dem widersprach der Arbeitgeber und wies den Betriebsrat mit Schreiben vom 20. März 2003 darauf hin, dass dieser Termin außerhalb der individuellen Arbeitszeit ua. des Antragstellers zu 2) liege. Seit März 2003 fanden die Betriebsausschusssitzungen entsprechend der Ankündigung des Betriebsrats wöchentlich montags statt. Seitdem reiste der Antragsteller zu 2) montags von seinem Wohnort in G… bei W… zu der Betriebsausschusssitzung nach F…. Die dadurch entstandenen Fahrtkosten sowie Tagegeld in Höhe von 6,- Euro pro Tag hat der Arbeitgeber bis Februar 2004 erstattet. Seit März 2004 verweigert der Arbeitgeber die Erstattung dieser Kosten.

Der Betriebsrat und der Antragsteller zu 2) haben mit der am 21. Februar 2005 beim Arbeitsgericht eingegangen Antragsschrift die Erstattung der Fahrtkosten und die Zahlung von Tagegeld an den Antragsteller zu 2) wegen seiner Teilnahme an den Betriebsausschusssitzungen für die Monate März 2004 bis einschließlich Februar 2005 geltend gemacht. Der Betriebsrat und der Antragsteller zu 2) haben die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber sei zur Erstattung der Fahrtkosten und zur Zahlung von Tagegeld verpflichtet. Der Antragsteller zu 2) habe an den vom Betriebsratsvorsitzenden anberaumten Betriebsausschusssitzungen teilzunehmen. Die auf Montag nachmittags anberaumten Betriebsausschusssitzungen lägen innerhalb der üblichen betrieblichen Arbeitszeit und innerhalb der persönlichen Arbeitszeit der meisten Betriebsratsmitglieder.

Der Betriebsrat und der Antragsteller zu 2) haben beantragt,

den Arbeitgeber zu verpflichten, an den Antragsteller zu 2) 1.411,22 Euro netto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 158,12 Euro seit dem 1. April 2004,

aus 77,44 Euro seit dem 1. Mai 2004,

aus 148,88 Euro seit dem 1. Juni 2004,

aus 116,16 Euro seit dem 1. Juli 2004,

aus 160,22 Euro seit dem 1. August 2004,

aus 148,88 Euro seit dem 1. September 2004,

aus 116,16 Euro seit dem 1. Oktober 2004,

aus 38,72 Euro seit dem 1. November 2004,

aus 106,16 Euro seit dem 1. Dezember 2004,

aus 116,16 Euro seit dem 1. Januar 2005,

aus 144,88 Euro seit dem 1. Februar 2005 und

aus 79,44 Euro seit dem 1. März 2005

zu zahlen.

Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats und des Antragstellers zu 2) hat das Landesarbeitsgericht den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert und dem Antrag entsprochen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Arbeitgeber die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem zulässigen Antrag im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der Arbeitgeber ist nach § 40 Abs. 1 BetrVG verpflichtet, dem Antragsteller zu 2) die anlässlich seiner Teilnahme an den Betriebsausschusssitzungen in der Zeit von März 2004 bis Februar 2005 entstandenen, der Höhe nach unstreitigen Fahrtkosten einschließlich Tagegeld zu erstatten.

I. Der Antrag ist zulässig. Sowohl der Betriebsrat als auch der Antragsteller zu 2) sind antragsbefugt. Sie sind berechtigt, die Erstattung der dem Antragsteller zu 2) anlässlich der Teilnahme an den Betriebsausschusssitzungen entstandenen Reisekosten gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen.

Der Betriebsrat ist befugt, die seinen Mitgliedern anlässlich der Durchführung von Betriebsratstätigkeit entstandenen Kosten gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen (vgl. zu Schulungskosten: BAG 29. Januar 1974 – 1 ABR 34/73 – AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 8, zu II 2 der Gründe; 15. Januar 1992 – 7 ABR 23/90 – BAGE 69, 214 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 41 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 68, zu B I 2b aa der Gründe; 28. Juni 1995 – 7 ABR 47/94 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 75). Der Betriebsrat kann daher den Arbeitgeber auf Zahlung von Reisekosten, die einem seiner Mitglieder bei der Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben entstanden sind, an dieses Mitglied in Anspruch nehmen. Auch das einzelne Betriebsratsmitglied kann im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren vom Arbeitgeber den Ersatz von Aufwendungen verlangen, welche ihm wegen seiner Tätigkeit als Betriebsratsmitglied entstanden sind (BAG 6. November 1973 – 1 ABR 26/73 – BAGE 25, 357 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 6, zu I 1 der Gründe).

II. Der Antrag ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Arbeitgeber nach § 40 Abs. 1 BetrVG verpflichtet ist, dem Antragsteller zu 2) die anlässlich seiner Teilnahme an den Betriebsausschusssitzungen in der Zeit von März 2004 bis Februar 2005 entstandenen Reisekosten einschließlich Tagegeld zu erstatten. Bei der Teilnahme an Betriebsausschusssitzungen handelt es sich für die Mitglieder des Betriebsausschusses um erforderliche Betriebsratstätigkeit. Dies gilt auch für Betriebsausschusssitzungen, die außerhalb der persönlichen Arbeitszeit eines Mitglieds des Betriebsausschusses stattfinden. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es für den Kostenerstattungsanspruch nicht darauf an, ob die Betriebsausschusssitzung aus betriebsbedingten Gründen iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG außerhalb der Arbeitszeit des Betriebsausschussmitglieds stattgefunden hat.

1. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Er hat die erforderlichen Aufwendungen einzelner Betriebsratsmitglieder, die ihnen bei der Wahrnehmung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben entstehen, zu erstatten (BAG 28. August 1991 – 7 ABR 46/90 – BAGE 68, 224 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 39 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 66, zu B II der Gründe; 10. August 1994 – 7 ABR 35/93 – NZA 1995, 796, zu B I der Gründe; 14. Februar 1996 – 7 ABR 32/95 –, zu B I der Gründe). Allerdings hat der Arbeitgeber wegen des in § 2 Abs. 1 BetrVG enthaltenen Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit nur die für eine sachgerechte Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten zu tragen (BAG 18. Januar 1989 – 7 ABR 89/87 – BAGE 60, 385 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 28 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 60, zu B II 1 der Gründe; 25. Mai 2005 – 7 ABR 45/04 – AP BetrVG 1972 § 24 Nr. 13 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 9, zu B I der Gründe). Zu den vom Arbeitgeber zu erstattenden Kosten gehören auch Reisekosten, die das Betriebsratsmitglied zur Durchführung konkreter Betriebsratstätigkeit aufgewendet hat (BAG 28. August 1991 – 7 ABR 46/90 – aaO; 25. Mai 2005 – 7 ABR 45/04 – aaO). Für Fahrtkosten aus Anlass von Fahrten zwischen der Wohnung des Betriebsratsmitglieds und dem Betrieb gilt dies allerdings nur, wenn das Betriebsratsmitglied ohne die konkret zu erledigende Betriebsratstätigkeit den Betrieb nicht hätte aufsuchen müssen. Fahrtkosten, die das Betriebsratsmitglied auch ohne Rücksicht auf die Erledigung konkreter Betriebsratstätigkeit hätte aufwenden müssen, um seiner Pflicht zu genügen, sich im Betrieb zur Arbeit bereit zu stellen, sind keine Kosten, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstanden sind (BAG 28. August 1991 – 7 ABR 46/90 – aaO; 13. Juni 2007 – 7 ABR 62/06 – Rn. 13, NZA 2007, 1301).

Bei der Teilnahme des Betriebsratsmitglieds an Sitzungen des Betriebsrats handelt es sich um erforderliche Betriebsratstätigkeit. Die Teilnahme an den Sitzungen des Betriebsrats gehört zu den gesetzlichen Aufgaben eines Betriebsratsmitglieds nach § 29 BetrVG (BAG 25. Mai 2005 – 7 ABR 45/04 – AP BetrVG 1972 § 24 Nr. 13 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 9, zu B I 1 der Gründe; vgl. zur Teilnahme an den Sitzungen des Gesamtbetriebsrats: BAG 29. April 1998 – 7 ABR 42/97 – BAGE 88, 322 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 58 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 82, zu B II 4 der Gründe). Ebenso verhält es sich bei der Teilnahme von Mitgliedern des Betriebsausschusses an Sitzungen des Betriebsausschusses. Dies gilt auch dann, wenn die Sitzungen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds stattfinden. Das Betriebsratsmitglied ist nicht gehalten, sich durch ein zu dieser Zeit im Betrieb anwesendes Ersatzmitglied vertreten zu lassen. Die Tatsache, dass das Betriebsratsmitglied von seinem Wohnort zum Betrieb fahren muss, um an den Sitzungen teilzunehmen, ist kein Grund zur Annahme eines Verhinderungsfalls iSv. § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG (vgl. zur Betriebsratssitzung: BAG 18. Januar 1989 – 7 ABR 89/87 – BAGE 60, 385 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 28 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 60, zu B II 2 der Gründe). Entstehen dem Betriebsratsmitglied allein wegen der Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats oder des Betriebsausschusses Kosten, die ohne die Teilnahme nicht anfielen, ist der Arbeitgeber zur Erstattung der Kosten verpflichtet. Das ist der Fall, wenn das Betriebsratsmitglied den Betrieb außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit ausschließlich wegen der Teilnahme an einer Sitzung des Betriebsrats oder des Betriebsausschusses, dem es angehört, aufsuchen muss und ihm dadurch Reisekosten für die Fahrt von seiner Wohnung zum Betrieb entstehen (vgl. hierzu BAG 18. Januar 1989 – 7 ABR 89/87 – aaO).

Der Anspruch auf Kostenerstattung hängt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht davon ab, ob die Betriebsratssitzung oder die Betriebsausschusssitzung aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds stattfindet. § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG bestimmt zwar für den Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf Freizeitausgleich, dass dieser nur zu gewähren ist, wenn Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds durchzuführen ist. § 37 Abs. 3 BetrVG regelt jedoch nicht die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für erforderliche Betriebsratstätigkeit, sondern ausschließlich den Anspruch auf Freizeitausgleich für Betriebsratstätigkeit, die außerhalb der persönlichen Arbeitszeit und damit während der Freizeit des Betriebsratsmitglieds wahrzunehmen ist. Das Betriebsratsmitglied, das während seiner Freizeit betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben wahrnehmen muss, hat keinen Vergütungsanspruch nach § 37 Abs. 2 BetrVG für die dazu aufzuwendende Zeit. Hierfür gewährt § 37 Abs. 3 BetrVG einen Ausgleich. Das von dem Betriebsratsmitglied erbrachte “Freizeitopfer” ist allerdings nicht bereits dann durch entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Vergütung auszugleichen, wenn das Betriebsratsmitglied während seiner Freizeit erforderliche Betriebsratstätigkeit ausgeübt hat, sondern nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG.

Die Pflicht des Arbeitgebers zur Tragung der durch die Betriebsratstätigkeit entstehenden Kosten ist nicht in § 37 BetrVG, sondern in § 40 Abs. 1 BetrVG geregelt. Danach ist die Kostentragungspflicht nur davon abhängig, dass das Betriebsratsmitglied erforderliche Betriebsratstätigkeit geleistet hat und dadurch Kosten entstanden sind. Weitere Voraussetzungen, wie sie in § 37 Abs. 3 BetrVG genannt sind, müssen nicht vorliegen. Musste das Betriebsratsmitglied erforderliche betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit wahrnehmen und sind hierdurch Kosten entstanden, hat der Arbeitgeber diese Kosten zu erstatten. So verhält es sich, wenn Betriebsratssitzungen oder Betriebsausschusssitzungen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit eines Betriebsratsmitglieds oder eines Mitglieds des Betriebsausschusses anberaumt werden. Das Betriebsratsmitglied ist – sofern kein Fall der Verhinderung vorliegt – zur Teilnahme an den Sitzungen verpflichtet. Es kann nicht selbst darüber bestimmen, zu welchem Termin die Sitzungen stattfinden. Die Einberufung der Betriebsrats- und Betriebsausschusssitzungen obliegt nach § 29 Abs. 2 Satz 1 BetrVG dem Betriebsratsvorsitzenden. Dieser hat bei der Terminierung die Vorgaben des § 30 BetrVG zu beachten, wonach die Sitzungen in der Regel während der Arbeitszeit stattfinden und bei der Ansetzung der Sitzungen auf betriebliche Notwendigkeiten Rücksicht zu nehmen ist. Hält sich der Betriebsratsvorsitzende bei der Terminierung von Sitzungen jedoch nicht an diese Vorgaben, ist das Betriebsratsmitglied dennoch zur Teilnahme verpflichtet, und die Teilnahme stellt eine erforderliche Betriebsratstätigkeit iSv. § 40 Abs. 1 BetrVG dar.

2. Nach diesen Grundsätzen ist der Arbeitgeber zur Erstattung der geltend gemachten Reisekosten einschließlich Tagegeld an den Antragsteller zu 2) verpflichtet. Der Antragsteller zu 2) musste von März 2004 bis Februar 2005 den Betrieb montags ausschließlich zur Teilnahme an Betriebsausschusssitzungen aufsuchen. Dadurch sind ihm Fahrtkosten für die Fahrten von seiner Wohnung in G… zum Betrieb in F… entstanden, die ohne die Teilnahme an den Sitzungen des Betriebsausschusses nicht angefallen wären. Diese der Höhe nach unstreitigen Fahrtkosten hat der Arbeitgeber zu erstatten.

Dem Antragsteller zu 2) steht auch das geltend gemachte Tagegeld in Höhe von 6,-- Euro pro Tag zu. Der Arbeitgeber erstattet bei Dienstreisen und bei der Teilnahme an Betriebsrats- und Betriebsausschusssitzungen Reisekosten nach den Bestimmungen des Hessischen Reisekostengesetzes. Nach § 9 HRKG bestimmt sich die Höhe des Tagegeldes nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG. Danach ist bei einer Abwesenheit von der Wohnung oder dem Tätigkeitsmittelpunkt, dh. dem Arbeitsort von länger als acht Stunden ein Tagegeld von 6,-- Euro pro Tag zu zahlen. Die Betriebsausschusssitzungen fanden nicht an dem Arbeitsort des Antragstellers zu 2) in E…, sondern in F… statt. Der Antragsteller zu 2) war unstreitig in der Zeit von März 2004 bis Februar 2005 an den Montagen, an denen er an den Betriebsausschusssitzungen teilgenommen hat, länger als acht Stunden von seiner Wohnung abwesend.

 

Unterschriften

Dörner, Gräfl, Koch, Krollmann, Hökenschnieder

 

Fundstellen

Haufe-Index 1967212

BAGE 2009, 242

BB 2008, 834

DB 2008, 938

EBE/BAG 2008, 66

FA 2008, 249

NZA 2008, 546

ZAP 2008, 637

ZTR 2008, 403

AP, 0

EzA-SD 2008, 14

EzA

ZMV 2008, 278

AUR 2008, 194

ArbRB 2008, 171

RdW 2008, 511

HzA aktuell 2008, 16

PuR 2008, 12

SPA 2008, 6

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