Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmungsersetzung zur Umgruppierung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme durch das Arbeitsgericht setzt voraus, daß der Arbeitgeber den Betriebsrat gemäß § 99 Abs 1 BetrVG zuvor ausreichend unterrichtet hat.

2. Der Senat hält an seiner Entscheidung vom 3. Juli 1984 (1 ABR 74/82 = BAGE 46, 158 = AP Nr 20 zu § 99 BetrVG 1972) fest, wonach der Betriebsrat alle Gründe, aus denen er seine Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme verweigern will, innerhalb der Wochenfrist dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen muß.

3. Hat das Landesarbeitsgericht die Zulässigkeit einer unselbständigen Anschlußbeschwerde des Beschwerdegegners bejaht, die Anschlußbeschwerde aber als unbegründet zurückgewiesen, so ist eine Rechtsbeschwerde mit dem Ziel, die Verwerfung der Anschlußbeschwerde als unzulässig zu erreichen, mangels einer Beschwerde unzulässig.

 

Normenkette

BetrVG § 99; ArbGG § 92 Fassung: 1979-07-02

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 06.03.1984; Aktenzeichen 11 TaBV 87/83)

ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 20.07.1983; Aktenzeichen 6 BV 11/83)

 

Gründe

A. Der Arbeitgeber betreibt ein Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie. Er beschäftigt in seinem Wuppertaler Betrieb rd. 800 Arbeitnehmer, von denen etwa die Hälfte Angestellte sind. Auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten finden die Tarifverträge der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein- Westfalens Anwendung. Beim Arbeitgeber ist u.a. der Werkzeugmacher L. seit dem 1. April 1957 beschäftigt. Er wurde im Anschluß an seine Berufsausbildung als Werkzeugmacher weiterbeschäftigt und war bis August 1969 in die Lohngruppe 8 des damals gültigen Lohnrahmenabkommens eingruppiert.

Mit Wirkung vom 1. September 1969 an "ernannte" der Arbeitgeber den Werkzeugmacher zum Angestellten. Im entsprechenden Schreiben vom 1. September 1969 heißt es insoweit u.a.:

In Anerkennung Ihrer Tätigkeit in unserem Unternehmen

verleihen wir Ihnen mit Wirkung vom 1. September 1969

folgende Angestelltenrechte:

1. Sie zählen ... unter Beibehaltung Ihrer bisherigen

Tätigkeit zum Kreis der Angestellten der Firma ...

....

Sie werden in die Gehaltsgruppe M 2 entsprechend dem

jeweiligen Gehaltsrahmenabkommen eingestuft.

....

In gleicher Weise sind vorher und nachher insgesamt 126 Arbeiter zu Angestellten ernannt worden.

Mit Rücksicht darauf, daß sich das Entgelt dieser "Angestellten" und der mit entsprechenden Tätigkeiten beschäftigten Arbeiter immer weiter auseinanderentwickelte, beschloß der Arbeitgeber Ende 1982 eine Änderung dieses Zustandes. Die Problematik wurde mit dem Betriebsrat erörtert. Mit Schreiben vom 14. Januar 1983, modifiziert durch Schreiben vom 24. Januar 1983, schrieb der Arbeitgeber allen sogenannten "S-Angestellten", auch dem Werkzeugmacher L., u.a. wie folgt:

Wir haben Sie mit Wirkung vom 1. September 1969 zum

S -Angestellten ernannt. Hiermit bestätigen wir

diese Ernennung nach Maßgabe folgender Vertragsbe-

stimmungen:

1. Tätigkeit

Sie sind für uns als Werkzeugmacher tätig. ...

2. Arbeitszeit

....

3. Vergütung

Entsprechend Ihrer Tätigkeit werden Sie ab 1.

Februar 1983 in die Lohngruppe 9 des derzeit

geltenden Lohnrahmenabkommens eingestuft. Im

übrigen findet das Lohnrahmenabkommen und der

Tarifvertrag über die Leistungsbeurteilung An-

wendung auf diesen Vertrag.

....

In einem Anschreiben vom 11. Januar 1983 wird den Angestellten diese Maßnahme erläutert und um Einverständnis mit dieser Vertragsänderung bis zum 28. Januar 1983 gebeten. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, wie der Arbeitgeber zu verfahren gedenkt, falls der Angestellte sein Einverständnis nicht erklärt.

Von den 126 Angestellten haben 118, darunter auch der Werkzeugmacher L., ihr Einverständnis erklärt. Mit im wesentlichen gleichlautenden Schreiben vom 31. Januar 1983 bat der Arbeitgeber den Betriebsrat um Zustimmung zu der in den genannten 118 Fällen notwendig gewordenen Umgruppierung. Für den Werkzeugmacher L. lautet dieses Schreiben u.a. wie folgt:

Bisherige Tätigkeit: Werkzeugmacher

Neue Tätigkeit: Werkzeugmacher

Lohn-/Gehaltsgruppe

bisher: M 2

Neu: 9

Datum der Änderung: -

Grund für die Umgruppierung:

da die vom Mitarbeiter ausgeübte Tätigkeit der beilie-

genden Tätigkeitsbeschreibung entspricht (s. Tätigkeits-

beschreibung Werkzeugmacher C). Die Effektivbezüge sind

hiervon nicht betroffen (s. Anlage 1).

Die beigefügte Tätigkeitsbeschreibung Werkzeugmacher C lautet wie folgt:

1. Kurzbeschreibung der Tätigkeit

Führt Reparaturarbeiten an hochwertigen Folgewerk-

zeugen der Schwierigkeitsgrade 0 - 1 selbständig

durch, hilft Einstellern bei komplizierten Einstell-

vorgängen, Verbesserungsvorschläge für Laufeigen-

schaften der Werkzeuge.

2. Arbeitsplatz, Betriebsmittel

Bohrmaschine, Fräsmaschine, Drehbank, Meß- und

Handwerkzeuge, Shapping, Schleifmaschine, Zeich-

nungen.

3. Werkstück (Artikel)

Folgewerkzeuge für Stanz- und Tiefziehteile.

4. Ausbildung als Werkzeugmacher

3 1/2 Jahre.

5. Berufserfahrung

Nach der Ausbildung mindestens 5 Jahre.

Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 2. Februar 1983 die erbetene Zustimmung zu sämtlichen geplanten Umgruppierungen. Er hat dabei in 24 Fällen - nicht für den Werkzeugmacher L. - auch Einwendungen gegen die vorgesehene Lohngruppe erhoben. Die Schreiben des Betriebsrats haben im wesentlichen gleichen Wortlaut und lauten auszugsweise wie folgt:

Der Betriebsrat ist gehalten, seine Stellungnahme

zur beabsichtigten Umgruppierung innerhalb einer

Woche schriftlich mitzuteilen, weil sonst nach

§ 99 Abs. 3 BetrVG seine Zustimmung als erteilt

gilt.

Der Betriebsrat betrachtet es nicht als Ausdruck

der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Sinne des

§ 2 BetrVG, daß ihm am 31. Januar 1983 118 Zu-

stimmungsersuchen zur Umgruppierung auf den Tisch

gelegt werden und er damit vom Arbeitgeber dazu

gezwungen wird, die Umgruppierungsanträge nur

oberflächlich zu behandeln.

Die dem Betriebsrat vorgelegte Tätigkeitsbe-

schreibung reicht ohne zusätzliche Ermittlungen

des Betriebsrats nicht aus, die vorgeschlagene

Eingruppierung zu überprüfen. Der Betriebsrat

fordert Sie daher auf, in jedem Einzelfall eine

ausführliche, detaillierte Tätigkeits- und Stel-

lenbeschreibung vorzulegen.

Der Betriebsrat verweigert laut Beschluß vom 2.

Februar 1983 seine Zustimmung zur geplanten Um-

gruppierung und beruft sich dabei auf § 99 Abs.

2 Nr. 1 und Nr. 4 BetrVG.

Der S -Angestellte war bisher als Werkzeugma-

cher tätig, nach dem Zustimmungsersuchen soll sich

an dieser Tätigkeit nichts ändern. Aus diesem Grund

hält der Betriebsrat eine Umgruppierung weder für

erforderlich noch für angebracht. Nach der schrift-

lichen Mitteilung des Arbeitgebers an den S -

Angestellten soll der Status des S -Angestell-

ten erhalten bleiben. Ein S -Angestellter ist

aber weder nach den Eingruppierungsvorschriften

des GRA, noch nach den Eingruppierungsvorschriften

des LRA einzugruppieren. Die Frage der richtigen

tariflichen Eingruppierung stellt sich bei einem

S -Angestellten nicht und damit auch nicht die

der vorgeschlagenen Eingruppierung in Lohngruppe 9.

Die vorgesehene Umgruppierung greift sowohl quanti-

tativ als auch qualitativ in die Substanz des Ar-

beitsverhältnisses des S -Angestellten ein und

zwar mit negativer Konsequenz. ... Dem S -Ange-

stellten ... wird das Recht genommen, nach dem Ge-

haltsabkommen vergütet zu werden. Bereits dies ist

ein Nachteil, ...

(Es folgen Ausführungen über die Höhe der Lohneinbu-

ßen bei künftigen Tarifänderungen).

Unbeschadet der vom S -Angestellten erteilten

Zustimmung zur Vertragsänderung hält der Betriebsrat

seine Auffassung über sein Mitbestimmungsrecht nach

§ 99 BetrVG aufrecht.

Der Arbeitgeber hat daraufhin das vorliegende Verfahren anhängig gemacht.

Er ist der Ansicht, daß die erfolgte Vertragsänderung kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auslöse. Die Vereinbarung, daß sich das Entgelt der S-Angestellten künftig wieder nach dem Lohnrahmenabkommen richte, sei keine zustimmungspflichtige Umgruppierung. Nur rein vorsorglich habe er das Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet. Dabei habe er den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet. Er habe dem Betriebsrat angeboten, die Frist zur Stellungnahme zu verlängern. Hinsichtlich der Tätigkeitsbeschreibungen für Ein- und Umgruppierungen sei er wie im Betrieb üblich verfahren. Er habe dem Betriebsrat jeweils die Tätigkeitsbeschreibung mitgeteilt. Aufgrund dieser Tätigkeitsbeschreibung habe der Betriebsrat jeweils zur vorgesehenen Eingruppierung Stellung nehmen können und stets Stellung genommen. Hinsichtlich des Werkzeugmachers L. habe sich die Tätigkeit nicht geändert. Der Werkzeugmacher L. habe in die gleiche Lohngruppe eingruppiert werden sollen, in der er vor der Ernennung zum Angestellten eingruppiert gewesen sei. Bei gleichen Tätigkeitsmerkmalen sei es damals die Lohngruppe 8 gewesen, der die jetzige Lohngruppe 9 entspreche. Darüber hinaus sei die Tätigkeit des Werkzeugmachers L. dem Betriebsrat ohnehin bekannt, da L. Mitglied des Betriebsrats sei.

Darauf, daß die Lohngruppe 9 nicht zutreffe, könne sich der Betriebsrat nicht berufen, da er diesen Grund nicht in seinem Schreiben genannt habe. Die vom Betriebsrat genannten Nachteile rechtfertigten die Verweigerung der Zustimmung nicht. Diese seien nicht Folge der Umgruppierung, sondern der mit Einverständnis des Werkzeugmachers L. erfolgten Vertragsänderung.

Der Arbeitgeber hat beantragt

festzustellen, daß die vertraglich vereinbar-

te Rückgruppierung des Werkzeugmachers L. in

die Lohngruppe 9 ... nicht der Mitbestimmung

des Betriebsrats nach § 99 BetrVG unterliegt,

hilfsweise, die Zustimmung des Betriebsrats

zur Umgruppierung des Werkzeugmachers L. in

die Lohngruppe 9 ... zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hält den Feststellungsantrag für unzulässig. An der erbetenen Feststellung bestehe kein Rechtsschutzinteresse. Im übrigen habe er die Zustimmung zur Umgruppierung zu Recht verweigert. Die Umgruppierung verstoße gegen gesetzliche Vorschriften. Der Arbeitgeber habe das Verbot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verletzt, als er alle 118 Zustimmungsersuchen auf einmal vorgelegt habe. Der Betriebsrat sei auch nicht ausreichend unterrichtet worden, da der Arbeitgeber keine ausführlichen Tätigkeitsbeschreibungen vorgelegt habe. Durch die Umgruppierung werde der Werkzeugmacher L. benachteiligt, was weder aus betrieblichen noch aus persönlichen Gründen gerechtfertigt sei. Dessen persönliches Einverständnis sei unerheblich, da dieses unter dem Druck der angedrohten Kürzung der übertariflichen Zulage um 200,-- DM erklärt worden sei. Für den Werkzeugmacher L. sei die Lohngruppe 10 die richtige Lohngruppe.

Das Arbeitsgericht hat den Feststellungsantrag des Arbeitgebers abgewiesen und auf den Hilfsantrag die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Werkzeugmachers L. in die Lohngruppe 9 ersetzt. Gegen diese Entscheidung haben der Betriebsrat Beschwerde und der Arbeitgeber unselbständige Anschlußbeschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt; es hat die Beschwerde und Anschlußbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Der Arbeitgeber hat gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel eingelegt. Der Betriebsrat verfolgt mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde seine vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Abweisungsanträge weiter.

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist zum Teil unzulässig, zum Teil nicht begründet.

I. 1. Soweit der Betriebsrat mit der Rechtsbeschwerde die Abweisung des Zustimmungsersetzungsantrages begehrt, bestehen gegen die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde keine Bedenken.

2. Unzulässig ist die Rechtsbeschwerde, soweit sich der Betriebsrat gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts wendet, die Anschlußbeschwerde des Arbeitgebers sei zwar zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

Mit der unselbständigen Anschlußbeschwerde hat der Arbeitgeber sich gegen den Teil der Entscheidung des Arbeitsgerichts gewandt, durch den sein Feststellungsantrag, daß kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe, abgewiesen wurde. Das Landesarbeitsgericht hat diese unselbständige Anschlußbeschwerde für zulässig gehalten, sie aber als unbegründet abgewiesen, da das Arbeitsgericht zu Recht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bejaht habe.

Durch diese Entscheidung ist der Betriebsrat nicht beschwert worden. Der Senat hat zwar in seiner Entscheidung vom 19. November 1985 - 1 ABR 37/83 - (zur Veröffentlichung vorgesehen) ausgesprochen, daß der Antragsgegner durch eine Abweisung des Antrages als unzulässig beschwert ist und daher gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen kann mit dem Ziel der Abweisung des Antrages als unbegründet. Diese Entscheidung läßt sich jedoch nicht auf den umgekehrten Fall übertragen. Wird der Antrag als unbegründet abgewiesen, so erhält der Antragsgegner eine Entscheidung in der Sache, die für ihn noch günstiger ist als eine Prozeßabweisung. Gleiches gilt für das Verhältnis zwischen Zulässigkeit und Begründetheit eines Rechtsmittels. Wird ein Rechtsmittel zurückgewiesen, verbleibt es bei der dem Rechtsmittelgegner günstigen Entscheidung der vorhergehenden Instanz, unabhängig davon, ob das Rechtsmittel als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen wird. Dem Rechtsmittelgegner entsteht kein Nachteil dadurch, daß das Rechtsmittel auf seine Begründetheit geprüft und diese verneint wird. Seine Rechtsstellung ist vielmehr bei einer Zurückweisung des Rechtsmittels als unbegründet noch stärker, da die Entscheidung in der Sache für diese Instanz endgültig ist, während ein unzulässiges Rechtsmittel gegebenenfalls wiederholt werden und zu einer dem Rechtsmittelgegner nachteiligen Entscheidung führen kann.

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist daher insoweit mangels Beschwer unzulässig.

II. Im vorliegenden Verfahren ist vom Senat nur noch darüber zu entscheiden, ob das Landesarbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Werkzeugmachers L. in die Lohngruppe 9 zu Recht ersetzt hat (§ 99 Abs. 4 BetrVG). Daß die Umgruppierung der Zustimmung des Betriebsrats bedurfte, steht zwischen den Beteiligten rechtskräftig fest. Der Senat ist an diese Entscheidung gebunden.

1. Der Betriebsrat hat in seiner Zustimmungsverweigerung vom 2. Februar 1983 u.a. geltend gemacht, die Umgruppierung verstoße gegen gesetzliche Vorschriften. Der Arbeitgeber habe das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG verletzt und gegen seine Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG dadurch verstoßen, daß er alle 118 Zustimmungsgesuche gleichzeitig eingereicht und keine ausführlichen Tätigkeitsbeschreibungen beigefügt habe.

Mit dieser Begründung kann der Betriebsrat nicht erreichen, daß der Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers abgewiesen wird.

a) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 28. Januar 1986 (1 ABR 10/84 - zur Veröffentlichung vorgesehen) ausgesprochen, daß die Verletzung der Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG keinen Verstoß gegen ein Gesetz im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG darstellt. Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat seine Zustimmung nur verweigern, wenn die Maßnahme selbst gegen eine der hier genannten Vorschriften verstößt. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist keine das Mitbestimmungsverfahren sichernde Vorschrift. Für einen Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit muß das gleiche gelten. Gegen dieses Gebot kann der Arbeitgeber bei der Einschaltung und Unterrichtung des Betriebsrats anläßlich einer personellen Einzelmaßnahme verstoßen, nicht aber die geplante personelle Maßnahme selbst.

b) Die ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG durch den Arbeitgeber ist jedoch Voraussetzung dafür, daß die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG, innerhalb der der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern muß, zu laufen beginnt (Beschluß des Senats vom 28. Januar 1986 - 1 ABR 10/84 -). Ohne eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats kann die Rechtsfolge des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht eintreten. Nach dieser Bestimmung gilt die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt, wenn der Betriebsrat sie nicht schriftlich innerhalb einer Woche "nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber" (§ 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG) verweigert. Für die Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht (§ 99 Abs. 4 BetrVG) gilt das gleiche. Nur bei ordnungsgemäßer Unterrichtung kann der Betriebsrat zu der geplanten personellen Maßnahme abschließend Stellung nehmen und die Gründe, aus denen er seine Zustimmung verweigern will, innerhalb der dann laufenden Wochenfrist nennen. Die dem Betriebsrat mit der Unterrichtung mitgeteilten tatsächlichen Umstände und seine Zustimmungsverweigerungsgründe bestimmen den Streitstoff im Zustimmungsersetzungsverfahren. Dabei braucht im vorliegenden Falle nicht darüber entschieden zu werden, ob der Arbeitgeber eine zunächst unvollständige Unterrichtung im Laufe des Zustimmungsersetzungsverfahrens vervollständigen kann. Der Betriebsrat ist hier vom Arbeitgeber ausreichend unterrichtet worden.

c) Daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat alle 118 Zustimmungsgesuche zur gleichen Zeit vorgelegt hat, ist hier nicht zu beanstanden. Die Problematik der Umgruppierung der "S-Angestellten" war dem Betriebsrat seit Oktober 1982 aus Erörterungen mit dem Arbeitgeber bekannt. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat darüber hinaus angeboten, die Frist zur Stellungnahme zu verlängern. Davon hat der Betriebsrat keinen Gebrauch gemacht. Er hat nicht einmal die Wochenfrist ausgenutzt, sondern schon nach drei Tagen in allen Fällen ausführlich Stellung genommen.

Auch die vorgelegte Tätigkeitsbeschreibung war ausreichend. In ihr werden die Tätigkeit des Werkzeugmachers L., sein Arbeitsplatz, seine Maschinen und Werkzeuge sowie die herzustellenden Artikel im einzelnen angegeben. Die geforderten Voraussetzungen hinsichtlich der Ausbildung und Berufserfahrung werden beschrieben. Damit weiß der Betriebsrat, auf welchem Arbeitsplatz der betreffende Arbeitnehmer beschäftigt werden soll und aufgrund welcher Merkmale dieses Arbeitsplatzes der Arbeitgeber die vorgeschlagene Lohngruppe als zutreffend ansieht. Das genügt jedenfalls in der Regel (vgl. die Entscheidung des Senats vom 5. Februar 1971, BAG 23, 196 = AP Nr. 6 zu § 61 BetrVG (1952)). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß sich die Tätigkeit des Werkzeugmachers L. nicht geändert hatte. Diese war von L. schon vor seiner Ernennung zum Angestellten ausgeübt worden. L. war aufgrund dieser Tätigkeit mit Zustimmung des Betriebsrats in die damalige Lohngruppe 8 eingruppiert worden, die hinsichtlich ihrer Tätigkeitsmerkmale der heutigen Lohngruppe 9 entspricht.

2. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zur Umgruppierung mit der Begründung verweigert, der Werkzeugmacher L. werde benachteiligt. Künftige Tariferhöhungen, die an die Lohngruppe 9 anknüpften, fielen bei gleichem Prozentsatz geringer aus als bei einer Anknüpfung an die Gehaltsgruppe M 2.

Mit dieser Begründung kann die Zustimmung zu einer Ein- oder Umgruppierung nicht verweigert werden.

a) Die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer Vergütungsgruppe durch den Arbeitgeber ist Rechtsanwendung und kein Akt rechtlicher Gestaltung. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei einer solchen Maßnahme nach § 99 Abs. 1 BetrVG ist deshalb kein Mitgestaltungsrecht, sondern ein Mitbeurteilungsrecht (Entscheidung des Senats vom 31. Mai 1983, BAG 43, 35 = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972). Durch dieses Mitbeurteilungsrecht soll eine größere Richtigkeit der Eingruppierung in eine betriebliche Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung gewährleistet und im Interesse der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sichergestellt werden, daß die Vergütungsordnung gleichmäßig und einheitlich angewandt wird. Welche Lohn- oder Gehaltsgruppe zutreffend ist, bestimmt sich allein nach den in der jeweiligen Vergütungsordnung geregelten Voraussetzungen, in der Regel also nach den vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeiten. Die vom Arbeitgeber vorgenommene Eingruppierung, d.h. seine Entscheidung, daß die Voraussetzungen einer bestimmten Vergütungsgruppe erfüllt sind, kann nur richtig oder falsch sein. Daraus folgt, daß der Betriebsrat einer Eingruppierung oder Umgruppierung auch nur mit der Begründung widersprechen kann, diese verstoße gegen die maßgebende Vergütungsordnung. Das ist ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Ist die Eingruppierung zutreffend, besteht für den Betriebsrat kein Grund, seine Zustimmung dazu zu verweigern.

b) Durch eine zutreffende Eingruppierung kann der Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden. Ein Nachteil kann ihm vielmehr allenfalls durch diejenige Maßnahme entstehen, die eine Umgruppierung erforderlich macht. Wird dem Arbeitnehmer etwa durch eine Versetzung eine neue Tätigkeit zugewiesen, die eine Umgruppierung in eine niedrigere Vergütungsgruppe zur Folge hat, so kann der Betriebsrat der Versetzung seine Zustimmung mit der Begründung verweigern, der Arbeitnehmer werde dadurch benachteiligt, ohne daß dies durch betriebliche oder persönliche Gründe gerechtfertigt ist.

Im vorliegenden Fall tritt eine Benachteiligung des Werkzeugmachers L. möglicherweise dadurch ein, daß sein Entgelt sich nicht mehr nach der Gehaltsgruppe M 2, sondern nach der Lohngruppe 9 bestimmt. Diese Änderung beruht auf einem Vertrag, den der Arbeitgeber mit dem Werkzeugmacher L. abgeschlossen hat. Diese einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages unterliegt nicht der Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG. Der Betriebsrat kann daher anläßlich der in Ausführung der Vertragsänderung notwendig werdenden Umgruppierung nicht geltend machen, der Werkzeugmacher L. werde benachteiligt. Der Senat hat daher in seiner Entscheidung vom 28. Januar 1986 (- 1 ABR 8/84 - zur Veröffentlichung vorgesehen) ausgesprochen, daß im Zustimmungsersetzungsverfahren um die zutreffende Eingruppierung nicht zu prüfen ist, ob eine einzelvertragliche Gehaltsvereinbarung im Wege einer Änderungskündigung an die zutreffende Vergütungsgruppe angepaßt werden kann. Entscheidend ist allein, daß der Arbeitnehmer in die nach der auszuübenden Tätigkeit zutreffende Vergütungsgruppe eingruppiert wird. Auf welches (übertarifliche) Entgelt er nach seinem Arbeitsvertrag einen Anspruch hat, ist unerheblich. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer durch eine Änderung der Gehaltsvereinbarung benachteiligt wird. Unerheblich ist ebenso, ob der Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Werkzeugmacher L. deswegen unwirksam ist, weil - wie der Betriebsrat meint - die Zustimmung des Werkzeugmachers L. durch die Androhung der Kürzung der übertariflichen Zulage erzwungen wurde.

3. Der Betriebsrat hat erst im Laufe des Verfahrens geltend gemacht, die geplante Umgruppierung des Werkzeugmachers L. in die Lohngruppe 9 verstoße gegen das Lohnrahmenabkommen, zutreffend sei die Lohngruppe 10.

a) Nach der Entscheidung des Senats vom 3. Juli 1984 (BAG 46, 158 = AP Nr. 20 zu § 99 BetrVG 1972) muß der Betriebsrat alle Gründe, aus denen er seine Zustimmung zu einer vom Arbeitgeber geplanten personellen Einzelmaßnahme verweigern will, innerhalb der Wochenfrist dem Arbeitgeber mitteilen. Er kann im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren keine neuen Gründe nachschieben. Die dagegen von Löwisch/Schönfeld vorgebrachte Kritik (Anmerkung zu AP Nr. 20 zu § 99 BetrVG 1972), die die materielle Richtigkeit der Zustimmungsersetzungsentscheidung höher bewertet als den Gesichtspunkt der Rechtsklarheit, vermag eine andere Entscheidung nicht zu begründen. Mit diesen Argumenten hat sich der Senat schon in der Entscheidung vom 3. Juli 1984 auseinandergesetzt.

b) Daß der Betriebsrat sich in seiner Zustimmungsverweigerung vom 2. Februar 1983 vorbehalten hat, die vorgeschlagene Eingruppierung noch zu überprüfen, als er geltend machte, die Tätigkeitsbeschreibung reiche nicht aus, ist unerheblich. Der Betriebsrat war - wie dargelegt - durch diese Tätigkeitsbeschreibung ausreichend unterrichtet. Er mußte daher alle Zustimmungsverweigerungsgründe innerhalb der Wochenfrist geltend machen. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats soll den Arbeitgeber nicht nur darüber unterrichten, daß er überhaupt das Zustimmungsersetzungsverfahren durchführen muß, sondern ihm auch die Entscheidung darüber ermöglichen, ob begründete Aussicht besteht, daß die Zustimmung vom Gericht ersetzt wird, weil die vom Betriebsrat genannten Gründe die Verweigerung der Zustimmung nicht rechtfertigen. Könnte der Betriebsrat sich die Geltendmachung weiterer Zustimmungsverweigerungsgründe vorbehalten, wäre der Arbeitgeber gezwungen, ein gerichtliches Verfahren einzuleiten, dessen Streitstoff und damit auch dessen Ausgang er vorab nicht erkennen und abschätzen kann.

4. Das Landesarbeitsgericht hat damit die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Werkzeugmachers L. zu Recht ersetzt, so daß die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats auch insoweit zurückgewiesen werden mußte.

Dr. Heither Dr. Etzel Matthes

Muhr Weinmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 436964

BAGE 51, 345-356 (LT1-3)

BAGE, 345

DB 1986, 1783-1784 (LT1-3)

NZA 1986, 755-757 (LT1-3)

RdA 1986, 336

AP § 99 BetrVG 1972 (LT1-3), Nr 36

AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVC Entsch 107 (LT1-3)

AR-Blattei, ES 530.14.3 Nr 107 (LT1-3)

EzA § 99 BetrVG, Nr 49 (LT1-3)

MDR 1986, 961-962 (LT1-3)

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