Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des Einigungsstellenbeisitzers

 

Leitsatz (amtlich)

  • Nach § 76a Abs. 3 BetrVG haben der Vorsitzende und die nicht dem Betrieb angehörenden Beisitzer der Einigungsstelle gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Vergütung ihrer Tätigkeit, wobei sich die Höhe der Vergütung nach den Grundsätzen des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG richtet.
  • Solange es an der in § 76a Abs. 4 BetrVG vorgesehenen Rechtsverordnung fehlt, bedarf es zur Bestimmung der Höhe der Vergütung entweder einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Einigungsstellenmitglied oder, wenn eine solche Vereinbarung nicht zustande- kommt, einer Bestimmung der Vergütungshöhe durch das anspruchsberechtigte Einigungsstellenmitglied nach billigem Ermessen gemäß den §§ 316, 315 BGB unter Beachtung der Grundsätze des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG. Für eine gerichtliche Festsetzung der Vergütungshöhe ist nur Raum, wenn die vom Einigungsstellenmitglied getroffene Vergütungsbestimmung nicht der Billigkeit entspricht (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB).
  • Bei der Bestimmung der Vergütung des Beisitzers kann an die dem Vorsitzenden der Einigungsstelle gezahlte Vergütung angeknüpft werden, sofern diese ihrerseits billigem Ermessen, insbesondere den Grundsätzen des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG entspricht und keine Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen, die die Eignung der Vorsitzendenvergütung als Bezugsgröße für die Bemessung der Beisitzervergütung ausschließen oder zumindest in Frage stellen.
  • Haben Arbeitgeber und Einigungsstellenvorsitzender sich über die Höhe des Vorsitzendenhonorars geeinigt oder hat der Arbeitgeber die vom Einigungsstellenvorsitzenden nach § 315 Abs. 1 BGB getroffene Bestimmung der Höhe seiner Vergütung nicht als unbillig beanstandet, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß sie billigem Ermessen entspricht.
  • Durch einen Abschlag von 3/10 gegenüber der Vorsitzendenvergütung wird im allgemeinen dem Unterschied in den Aufgaben und der Beanspruchung des Vorsitzenden und der Beisitzer der Einigungsstelle ausreichend Rechnung getragen. Eine Bestimmung der Beisitzervergütung in Höhe von 7/10 der Vorsitzendenvergütung hält sich deshalb beim Fehlen besonders zu berücksichtigender individueller Umstände im Rahmen billigen Ermessens.
 

Normenkette

BetrVG 1972 § 76a; BGB §§ 315-316; ArbGG § 83 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Beschluss vom 15.01.1991; Aktenzeichen 13 TaBV 112/90)

ArbG Bochum (Beschluss vom 15.05.1990; Aktenzeichen 2 BV 32/90)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der beteiligten Arbeitgeberin gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 15. Januar 1991 – 13 TaBV 112/90 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen !

 

Tatbestand

A. Die antragstellende Gewerkschaftssekretärin (Beteiligte zu 1) begehrt von der beteiligten Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) die Zahlung restlichen Honorars für ihre Tätigkeit als nicht betriebsangehörige Beisitzerin in einer Einigungsstelle nach dem BetrVG.

Die Antragstellerin war aufgrund einer Bestellung durch den Betriebsrat Mitglied einer Einigungsstelle, die für die Filiale der beteiligten Arbeitgeberin in W… gebildet worden war. Eine Honorarzusage ist ihr nicht gegeben worden. Die Einigungsstelle tagte insgesamt zwei Stunden und 50 Minuten. Weitere 50 Minuten benötigte die Antragstellerin für die Hin- und Rückfahrt zu der Sitzung. Verdienstausfall oder weitere Auslagen sind nicht angefallen.

Der Vorsitzende der Einigungsstelle stellte der beteiligten Arbeitgeberin ein Honorar von 850,-- DM in Rechnung, wobei er einen Stundensatz von 300,-- DM zugrunde legte. Die Antragstellerin hat ein Honorar in Höhe von 7/10 des Honorars des Vorsitzenden, also 595,-- DM, gefordert. Die beteiligte Arbeitgeberin hält diese Forderung für zu hoch und hat der Antragstellerin lediglich 360,-- DM gezahlt.

Die Antragstellerin hält auch ihre weitergehende Forderung in Höhe von 235,-- DM für begründet. Ihren Honoraransatz habe sie unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts errechnet; im übrigen entspreche er auch den Vorgaben des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG. So habe sie das Honorar auf der Basis der für die Sitzung aufgewandten Zeit unter Berücksichtigung von § 76a Abs. 4 Satz 4 BetrVG errechnet. Die Forderung sei insgesamt auch nicht unangemessen, wie sich aus einem Vergleich mit der Forderung des Vorsitzenden ergebe, die die beteiligte Arbeitgeberin nicht angegriffen habe. In dieser Rechnung seien die Zeiten, die sie zur Vorbereitung der Sitzung benötigt habe, noch nicht einmal berücksichtigt. Sie hat behauptet, sich fünf Stunden auf die Sitzung vorbereitet zu haben.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, an die Antragstellerin 235,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27. März 1990 zu zahlen.

Die Beteiligte zu 2) hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, die Honorarforderung sei unangemessen hoch und nur in der bereits erfüllten Höhe begründet gewesen. Nach § 76a Abs. 3, 4 BetrVG müsse der Honoraranspruch für jedes honorarberechtigte Mitglied einer Einigungsstelle individuell aufgrund der dort genannten Kriterien und der tatsächlichen Leistungen des Mitglieds errechnet werden. Eine pauschale Orientierung des Stundensatzes an dem des Vorsitzenden sei mit dem Gesetz nicht vereinbar, da die Tätigkeit des Vorsitzenden wegen dessen herausgehobener Verantwortung mit der Tätigkeit eines Beisitzers nicht vergleichbar sei. Aus § 76a Abs. 3, 4 BetrVG ergebe sich nur die bereits bezahlte Vergütung in Höhe von 360,-- DM.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben nach dem Antrag der Antragstellerin erkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihr Ziel der Antragsabweisung weiter, während die Antragstellerin um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, daß der Antragstellerin für ihre Tätigkeit in der Einigungsstelle ein Honorar in der geforderten Höhe zusteht.

I. Der Betriebsrat ist nicht Beteiligter dieses Verfahrens, weil die Voraussetzungen des § 83 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen. Entgegen der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des § 76a BetrVG ergibt sich nunmehr der Vergütungsanspruch des Vorsitzenden und der Beisitzer der Einigungsstelle, die nicht zu den in § 76a Abs. 2 BetrVG genannten Personen gehören, unmittelbar aus § 76a Abs. 3 BetrVG. Einer Honorarzusage des Betriebsrats an den von ihm benannten Beisitzer bedarf es nicht mehr. Damit wird nunmehr der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung über den Vergütungsanspruch des Beisitzers nicht mehr in seiner materiellen Rechtsstellung betroffen. Für die neue, durch § 76a BetrVG geschaffene Rechtslage hält daher der Senat an der bisherigen Rechtsprechung, nach der der Betriebsrat am Verfahren über die Vergütungshöhe von ihm bestellter Einigungsstellenbeisitzer zu beteiligen war (vgl. z. B. BAG Beschluß vom 15. Dezember 1978 – 6 ABR 64/77 – AP Nr. 5 zu § 76 BetrVG 1972), nicht fest.

II. Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, beträgt der Vergütungsanspruch der Antragstellerin 595,00 DM (hiervon hat die beteiligte Arbeitgeberin 360,00 DM erfüllt). In dieser Höhe hat die Antragstellerin ihre Vergütung einseitig aufgrund des ihr zustehenden Leistungsbestimmungsrechts (§§ 316, 315 Abs. 1 BGB) festgesetzt. Diese Festsetzung hält sich im Entscheidungsfall im Rahmen billigen Ermessens und der gemäß § 76a Abs. 3 Satz 2 BetrVG geltenden Grundsätze des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG.

1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß sich der Anspruch der Antragstellerin allein auf § 76a Abs. 3 und 4 BetrVG gründet. Zwar hatte die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Honoraranspruch des vom Betriebsrat bestellten nicht betriebsangehörigen Einigungsstellenbeisitzers aus dem besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis abgeleitet, das durch die Anrufung der Einigungsstelle entsteht (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 20. Februar 1991 – 7 ABR 6/90 – EzA § 76 BetrVG 1972 Nr. 56, zu II 2a der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).

Durch die Schaffung der ausdrücklichen gesetzlichen Anspruchsgrundlage in § 76a Abs. 3 BetrVG ist diese Begründung entbehrlich geworden. Das Entstehen des Honoraranspruchs des vom Betriebsrat bestellten nicht betriebsangehörigen Einigungsstellenmitglieds hängt deshalb nicht mehr – wie nach der früheren Rechtslage (vgl. dazu BAG Beschluß vom 1. Dezember 1983 – 6 ABR 6/81 – AP Nr. 13 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 2b der Gründe) – davon ab, ob der Betriebsrat dem Beisitzer ein Honorar wenigstens dem Grunde nach zugesagt hat.

Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Vergütungsanspruch liegen damit dem Grunde nach vor. Die Antragstellerin ist ordnungsgemäß zum Mitglied der Einigungsstelle bestellt worden und ist dort auch tätig geworden.

2. Zur Höhe des Anspruchs kann sich der Senat dem Landesarbeitsgericht jedoch nur im Ergebnis anschließen. Das Landesarbeitsgericht hat die Vorschrift des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG, auf die § 76a Abs. 3 Satz 2 BetrVG verweist, zu Unrecht als gesetzliche Regelung des im Einzelfall geschuldeten Honorars verstanden und auf dieser Grundlage die Höhe des dem Antragsteller zustehenden Honorars selbst zu ermitteln versucht.

a) Das Landesarbeitsgericht hat hierzu im wesentlichen ausgeführt:

Auf der Grundlage des § 76a BetrVG sei es zwar nicht möglich, das Beisitzerhonorar mit 7/10 des Honorars des Vorsitzenden festzusetzen. Im Ergebnis sei die Forderung der Antragstellerin jedoch nicht zu beanstanden, da sie sich in der geforderten Höhe auch aus § 76a Abs. 3, 4 BetrVG ergebe. Die reine Sitzungszeit sei für die Antragstellerin dieselbe gewesen wie für den Vorsitzenden. Die Entlohnung von Vorbereitungszeit habe sie nicht verlangt. Teile man ihre Honorarforderung durch die investierten Stunden, so ergebe sich ein Stundensatz, der um 3/10 niedriger sei als der des Vorsitzenden. Dieser Stundensatz genüge den Anforderungen aus § 76a Abs. 4 Sätze 3 und 4 BetrVG. Die beteiligte Arbeitgeberin könne nicht geltend machen, dieser Stundensatz sei unangemessen hoch, da sie durch die Zahlung des Honorars an den Vorsitzenden zu erkennen gegeben habe, daß sie dessen Honorar nicht für unangemessen hoch halte; das verbiete es ihr, bei der Forderung der Antragstellerin den Sachverhalt anders zu beurteilen.

b) Dieser Begründung kann sich der Senat nicht anschließen. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, daß eine richterliche Festsetzung der Höhe der Vergütung eines Einigungsstellenmitglieds erst dann in Betracht kommt, wenn die vom Einigungsstellenmitglied selbst bestimmte Höhe seiner Vergütung nicht der Billigkeit entspricht (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Die Vorschrift des § 76a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG gibt dem Gericht nicht die Befugnis, die Höhe der Vergütung ohne Rücksicht auf eine vom Einigungsstellenmitglied vorgenommene Bestimmung der Vergütungshöhe nach eigenem Ermessen selbst festzusetzen.

Vor dem Inkrafttreten des § 76a BetrVG ergab sich der Umfang des Vergütungsanspruchs der Einigungsstellenmitglieder beim Fehlen einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber entweder aus einer entsprechenden Honorarzusage des Betriebsrates, die dieser im Rahmen der Erforderlichkeit und Angemessenheit abgeben durfte (vgl. Senatsbeschluß vom 14. Dezember 1988 – 7 ABR 73/87 – AP Nr. 30 zu § 76 BetrVG 1972, zu C II 1 der Gründe; ständige Rechtsprechung seit dem Beschluß vom 11. Mai 1976 – 1 ABR 37/75 – AP Nr. 3 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 3 der Gründe; vgl. dazu die Beschlüsse vom 15. Dezember 1978 – 6 ABR 93/77 – AP Nr. 6 zu § 76 BetrVG 1972, zu III 2b der Gründe; vom 14. Januar 1983 – 6 ABR 67/79 – AP Nr. 12 zu § 76 BetrVG 1972, zu 2 der Gründe; vom 3. Mai 1984 – 6 ABR 60/80 – AP Nr. 15 zu § 76 BetrVG 1972, zu 1 der Gründe) oder aus der rechtsgestaltenden Leistungsbestimmung des Honorarberechtigten (§§ 315, 316 BGB – ständige Rechtsprechung des BAG seit dem Beschluß vom 15. Dezember 1978 – 6 ABR 64/77 – AP Nr. 5 zu § 76 BetrVG 1972, zu III 3b der Gründe; vgl. auch die Beschlüsse vom 13. Januar 1981 – 6 ABR 106/78 – AP Nr. 8 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 2b ee der Gründe; vom 3. Mai 1984 – 6 ABR 60/80 – AP Nr. 15 zu § 76 BetrVG 1972, zu 2 der Gründe; vom 31. Juli 1986 – 6 ABR 79/83 – AP Nr. 19 zu § 76 BetrVG 1972, zu III 3 der Gründe).

c) Diese Rechtslage, nach der die Festlegung der Höhe der geschuldeten Vergütung privatautonomer Gestaltung unterliegt, hat sich, jedenfalls solange es an der Rechtsverordnung nach § 76a Abs. 4 BetrVG fehlt, durch die gesetzliche Neuregelung nicht wesentlich geändert. Die Vorschrift des § 76a Abs. 3 Satz 2 BetrVG bestimmt durch ihre Verweisung auf die in Abs. 4 Sätze 3 bis 5 derselben Vorschrift niedergelegten Grundsätze nicht anstelle privatautonomer Regelung die Höhe der Vergütung. Dies wollte der Gesetzgeber gerade einer Rechtsverordnung überlassen. Vielmehr legt das Gesetz nur Grundsätze fest, die bei der Bemessung der Vergütung zu beachten sind. Das Gesetz entzieht die Vergütungsbemessung nicht privatautonomer Gestaltung, sondern setzt diese bis zum Erlaß der Rechtsverordnung voraus.

d) Allerdings kommt einer Honorarzusage des Betriebsrats keine eigenständige Bedeutung mehr zu. Der Vergütungsanspruch der betriebsfremden Einigungsstellenmitglieder ergibt sich nunmehr dem Grunde nach unmittelbar aus § 76a Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Kommt es über die Höhe der Vergütung nicht zu einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, so ist es Sache des Einigungsstellenmitglieds, den Umfang der Vergütung zu bestimmen, was durch Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber geschieht (§§ 316, 315 BGB). Diese Bestimmung hat das Einigungsstellenmitglied gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen. Dabei hat es die Bemessungsgrundsätze des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG zu beachten, nach denen insbesondere der erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Streitigkeit sowie ein Verdienstausfall zu berücksichtigen sind, die Vergütung der Beisitzer niedriger als die des Vorsitzenden zu bemessen und den berechtigten Interessen der Mitglieder der Einigungsstelle und des Arbeitgebers Rechnung zu tragen ist. Für eine gerichtliche Festsetzung der Höhe der Vergütung ist gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB nur Raum, wenn sich ergibt, daß die vom Einigungsstellenmitglied getroffene Bestimmung billigem Ermessen nicht entspricht.

3. Im Entscheidungsfalle liegt eine Leistungsbestimmung durch die Antragstellerin vor: Sie hat ihr Honorar in Höhe von 7/10 des dem Vorsitzenden gezahlten Honorars festgesetzt. Das Landesarbeitsgericht hätte daher zunächst lediglich prüfen dürfen, ob diese Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht und insbesondere mit den gemäß § 76a Abs. 3 Satz 2 BetrVG unmittelbar geltenden Grundsätzen des Abs. 4 Sätze 3 bis 5 dieser Vorschrift vereinbar ist. Dies ist, wie der Senat aufgrund des festgestellten Sachverhalts selbst beurteilen kann, hier der Fall, so daß sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis als richtig erweist (§ 563 ZPO). Denn die Arbeitgeberin hat weder vorgetragen, daß das dem Vorsitzenden gezahlte Honorar seinerseits den Grundsätzen des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG nicht entsprochen hätte und daher als Anknüpfungspunkt für die Beisitzervergütung nicht in Betracht käme, noch hat sie Umstände dargetan, nach denen es im Entscheidungsfalle billigem Ermessen oder den Grundsätzen des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG widerspräche, die Beisitzervergütung in Höhe von 7/10 des Vorsitzendenhonorars zu bemessen.

a) Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 76a BetrVG ist das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, daß ein um 3/10 niedriger bemessenes Honorar des Beisitzers als das des Vorsitzenden jedenfalls im Regelfalle nicht unbillig oder unangemessen ist (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 20. Februar 1991 – 7 ABR 6/90 – EzA § 76 BetrVG 1972, Nr. 56, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, m.w.N.). Entgegen der Würdigung des Landesarbeitsgerichts läßt sich dem neu eingefügten § 76a BetrVG kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß es künftig nicht mehr zulässig sein solle, die Beisitzervergütung auf der Grundlage des Vorsitzendenhonorars zu bemessen, sofern dieses seinerseits billigem Ermessen, insbesondere den Grundsätzen des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG entspricht und keine Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen, die die Eignung des Vorsitzendenhonorars als Bezugsgröße für die Bemessung der Beisitzervergütung ausschließen oder zumindest in Frage stellen. Haben Arbeitgeber und Einigungsstellenvorsitzender sich über die Höhe des Vorsitzendenhonorars geeinigt oder hat der Arbeitgeber die vom Einigungsstellenvorsitzenden nach § 315 Abs. 1 BGB getroffene Bestimmung der Höhe seiner Vergütung nicht als unbillig beanstandet, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß sie billigem Ermessen entspricht. Wird die Höhe der Vergütung des Vorsitzenden nicht wesentlich von besonderen, nur bei ihm gegebenen individuellen Umständen, namentlich von der Höhe seines nach § 76a Abs. 4 Satz 3 BetrVG bei der Honorarbemessung ebenfalls zu berücksichtigenden Verdienstausfalls beeinflußt, so bestehen keine Bedenken, bei der Bestimmung der Höhe der Beisitzervergütung an das Vorsitzendenhonorar anzuknüpfen und sich hieran zu orientieren. Durch einen Abschlag von drei Zehnteln gegenüber der Vorsitzendenvergütung wird im allgemeinen dem Unterschied in den Aufgaben und der Beanspruchung des Vorsitzenden und der Beisitzer der Einigungsstelle ausreichend Rechnung getragen. Eine solche Bestimmung der Beisitzervergütung hält sich deshalb beim Fehlen besonders zu berücksichtigender individueller Umstände im Rahmen billigen Ermessens.

b) Im Entscheidungsfalle hat die Arbeitgeberin keine Umstände dafür vorgetragen, daß das dem Vorsitzenden gezahlte Honorar nicht den Grundsätzen des § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG entsprochen hätte. Der Senat kann daher davon ausgehen, daß dieses Honorar als Bemessungsgrundlage für das von der Antragstellerin geforderte Honorar geeignet ist. Die beteiligte Arbeitgeberin hat auch keine Umstände dafür vorgetragen, daß unter den nach § 76a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG erheblichen Gesichtspunkten die Verhältnisse des Vorsitzenden und der Antragstellerin so unterschiedlich gelagert wären, daß durch einen Abschlag von 3/10 vom Vorsitzendenhonorar der Vorschrift des § 76a Abs. 4 Satz 4 BetrVG, nach der die Vergütung der Beisitzer niedriger zu bemessen ist als die des Vorsitzenden, nicht ausreichend Rechnung getragen sei.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Kremhelmer, Dr. Steckhan, Nottelmann

Die ehrenamtliche Richterin Lappe ist wegen Ablaufs ihrer Amtszeit verhindert zu unterschreiben.

Dr. Seidensticker

 

Fundstellen

Haufe-Index 838615

BAGE, 331

BB 1993, 581

JR 1993, 264

NZA 1993, 605

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