Zusammenfassung

 
Begriff

Das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers ist grundsätzlich seine Privatsache, die den Arbeitgeber nichts angeht. Etwas anderes kann nur gelten, wenn es entweder arbeitsvertraglich vereinbart wurde oder das außerdienstliche Verhalten die Interessen des Arbeitgebers derart stark berührt, dass sich daraus ausnahmsweise Verletzungen der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB ergeben können. Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über außerdienstliches Verhalten sind nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit zulässig, soweit sie nicht gegen die guten Sitten verstoßen, oder sie, wenn es sich um Formularvereinbarungen handelt, den Arbeitnehmer nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. So ist etwa die Verpflichtung eines Kassierers oder Buchhalters zulässig, nicht an Glücksspielen teilzunehmen, ebenso wie die eines Kraftfahrers, innerhalb bestimmter Zeiten vor Arbeitsbeginn keinen Alkohol zu trinken. Ebenso ist eine Verpflichtung eines finanziellen Anreizes, sich gegen Corona impfen zu lassen, zulässig, weil sie den Arbeitnehmer nicht "unangemessen benachteiligt", sondern auch seinem Schutz dient.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Wichtige Rechtsgrundlagen finden sich in §§ 138, 242, 307, 626 BGB und § 1 KSchG.

Arbeitsrecht

1 Kündigung

Interessen des Arbeitgebers können durch das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers so stark berührt werden, dass darin ein Grund zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung zu sehen ist. Das kann jedoch nur ausnahmsweise der Fall sein, etwa wenn dieses den Betriebsfrieden empfindlich stört, das Ansehen des Arbeitgebers massiv beeinträchtigt, im Kundenkreis des Arbeitgebers erhebliches Missfallen erregt oder ernsthafte Gesundheitsgefährdungen im Betrieb oder beim Kunden auslöst.

Dabei kann schlechtes außerdienstliches Verhalten wie Trunkenheit in der Öffentlichkeit und unsittlicher Lebenswandel umso eher ein Kündigungsgrund sein, je höher der Arbeitnehmer in der Hierarchie des Unternehmens steht und sein Verhalten damit gegenüber der Öffentlichkeit und Kunden auf den Betrieb abfärbt. Das ist aber in der Regel nur bei einem leitenden Angestellten der Fall. Bei ihm kann auch ein außerdienstliches Verhalten eine Kündigung rechtfertigen, das sein Ansehen bei den Mitarbeitern derart beeinträchtigt, dass er zu einer ordnungsgemäßen Ausübung seiner Tätigkeit nicht mehr in der Lage ist. Hierbei kommt es ganz auf den Einzelfall an, etwa ob nur eine oder mehrere Verfehlungen vorliegen und ob die Chance besteht, durch Abmahnung Wiederholungen des Fehlverhaltens zu vermeiden. Ferner ist hier wie stets eine umfassende Interessenabwägung erforderlich und die Kündigung nur als letztes Mittel zulässig.

 
Praxis-Beispiel

Wichtige Gründe "an sich" für eine außerordentliche und damit auch für eine ordentliche Kündigung aufgrund außerdienstlichen Fehlverhaltens:

  • grobe Beleidigung des Arbeitgebers, seiner Vertreter oder Repräsentanten in sozialen Netzwerken, hier "Facebook"; üble Nachrede[1]
  • menschenverachtende Äußerung auf privatem Facebook-Nutzerkonto, wenn ersichtlich ist, dass der Arbeitnehmer bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist und die Äußerung ruf- und geschäftsschädigend sein kann[2]
  • menschenverachtendes und ausländerfeindliches Foto auf Facebook-Seite[3]
  • Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bzw. dringender Verdacht[4]
  • Darlehensgewährung an den Stammgast einer Spielbank durch einen Mitarbeiter[5]
  • Drogenkonsum eines Berufskraftfahrers außerhalb der Arbeitszeit, unabhängig davon, ob die Fahrtüchtigkeit konkret gefährdet ist[6]
  • Kirchenaustritt eines Mitarbeiters kirchlicher Einrichtungen[7]
  • Steuerhinterziehung eines Angestellten einer Finanzbehörde in erheblicher Höhe, selbst wenn sich der Angestellte nach § 371 der Abgabenordnung selbst angezeigt hat[8]
  • Totschlag durch einen im öffentlichen Dienst Beschäftigten[9]
  • unzulässige Konkurrenztätigkeit[10]

Bei Arbeitnehmern in Vertrauensstellungen kann das Vertrauen des Arbeitgebers durch außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers leichter gestört werden als bei anderen Arbeitnehmern (z. B. Schuldenmachen eines Kassierers). Bei Arbeitnehmern in Tendenzbetrieben können ebenfalls erhöhte Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten gestellt werden, wenn dadurch die Tendenz des Betriebs berührt wird. Die Wiederverheiratung eines katholischen Chefarztes kann allerdings nicht per se eine Kündigung rechtfertigen.[11]

Spielbankbesuche des Zweigstellenleiters einer Bank stellen keinen Kündigungsgrund dar, sofern sie ohne Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis bleiben.[12]

Eine außerdienstliche politische Betätigung, die sich nicht auf das Arbeitsverhältnis auswirkt, ist auch dann kein Kündigungsgrund, wenn sie allgemein als verfassungswidrig (KPD) angesehen wird.[13]

[2] ArbG Mannheim, Urteil v. 19.2.2016, 6 Ca 190/15.
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