Zusammenfassung

 
Überblick

Das Nachweisgesetz (NachwG) findet regelmäßig auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Selbst kurzfristige Aushilfsarbeitsverhältnisse sind seit dem 1.8.2022 nicht mehr vom Geltungsbereich ausgenommen. Darüber hinaus unterfallen bestimmte Vertragsverhältnisse mit Praktikanten durch § 1 Satz 2 NachwG dem Geltungsbereich des Gesetzes. Soweit nach dieser Vorschrift Praktikanten unter das NachwG fallen, gelten die folgenden Erläuterungen auch für diese. Die übrigen Praktikanten werden von § 2 Abs. 1a NachwG erfasst. Die Nachweispflicht hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf den Arbeitsvertragsschluss und den eigentlichen Inhalt des Arbeitsvertrags. Durch den Nachweis soll nur sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer durch ein Schriftstück des Arbeitgebers über die wesentlichen für sein Vertragsverhältnis geltenden Bestimmungen und Vereinbarungen in Kenntnis gesetzt wird. Das NachwG verlangt daher insbesondere keinen schriftlichen Arbeitsvertrag. Die Nachweispflicht des Arbeitgebers entfällt aber, soweit ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht und dieser die erforderlichen Angaben über die vereinbarten Vertragsbedingungen enthält (§ 2 Abs. 5 NachwG). Neben den in § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG aufgeführten Angaben hat der Arbeitgeber auch noch andere, für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertragsbedingungen in die Nachweisurkunde aufzunehmen. Ändern sich die bei Vertragsschluss vereinbarten wesentlichen Arbeitsbedingungen, so hat der Arbeitgeber einen Nachweis über die Vertragsänderung spätestens an dem Tag, an dem sie wirksam wird, auszustellen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen (§ 3 Satz 1 NachwG). In § 4 NachwG sind Bußgeldtatbestände geregelt.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Dokumentation der Arbeitsbedingungen ist im Nachweisgesetz (NachwG) geregelt.

1 Vorbemerkung

Infographic

Die ursprüngliche Fassung des NachwG (NachwG) beruhte auf den Vorgaben der sog. Nachweis-Richtlinie 91/533/EWG vom 14.10.1991[1] über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen. Der deutsche Gesetzgeber hatte damals die Richtlinie nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung in nationales Recht umgesetzt. Die vorgegebene Frist für die Mitgliedstaaten zur Umsetzung des Richtlinieninhalts (30.6.1993) war bei Inkrafttreten des NachwG am 1.7.1995 bereits deutlich überschritten.

Schon vor seinem Inkrafttreten war umstritten, ob der deutsche Gesetzgeber mit den im NachwG enthaltenen Regelungen den Vorgaben der Nachweis-Richtlinie ausreichend nachgekommen ist. Diese verpflichtete den Arbeitgeber zur schriftlichen Fixierung der für das Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Vertragsbedingungen. Nach der Gesetzesbegründung soll die Nachweispflicht zur Herstellung von mehr Rechtssicherheit und -klarheit im Arbeitsverhältnis führen. Demgegenüber wollte die Richtlinie nach der ihr vorangestellten Begründung weitergehend "die Arbeitnehmer besser vor etwaiger Unkenntnis ihrer Rechte" schützen. Insbesondere hatte es der deutsche Gesetzgeber versäumt, eine Sanktion für die fehlende oder fehlerhafte Erfüllung der Nachweispflicht durch den Arbeitgeber zu bestimmen, die allerdings auch die RL 91/533/EWG nicht explizit forderte. Nicht zuletzt wegen einer fehlenden Sanktion war das NachwG bisher das in der Praxis am meisten ignorierte arbeitsrechtliche Gesetz: Soweit Arbeitgeber einen schriftlichen Arbeitsvertrag schlossen, meinten sie damit in aller Regel, ihren Verpflichtungen ausreichend nachgekommen zu sein, unabhängig davon, welche Regelungen der Arbeitsvertrag tatsächlich enthielt. Arbeitgeber, die gar keine schriftlichen Arbeitsverträge schlossen, erteilten erfahrungsgemäß auch keine Nachweise nach dem NachwG.

Die Richtlinie 2019/1152/EU vom 20.6.2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union (RL 2019/1152/EU) verschärfte die Anforderungen. Sie musste bis zum 1.8.2022 in nationales Recht umgesetzt werden. Hieraus ergab sich insbesondere folgender Anpassungsbedarf:

  • Mussten bisher noch Aushilfen mit einer Vertragsdauer von bis zu einem Monat kein Nachweis erteilt werden, lässt die Richtlinie nur noch einen Verzicht auf den Nachweis gegenüber Arbeitnehmern, die nicht mehr als 3 Stunden pro Woche beschäftigt werden, zu.[2]
  • Der Katalog des § 2 NachwG musste deutlich weiter gefasst werden.[3] So musste z. B. eine Regelung aufgenommen werden, nach der über Fortbildungen, die Lage der Arbeitszeit, Einzelheiten bei Abrufarbeitsverhältnissen, eine eventuelle Probezeit und jedenfalls über formelle Kündigungsvoraussetzungen informiert werden muss. Darüber hinaus musste aus dem Erwägungsgrund 18 i. V. m. Art. 4 Abs. 2 Buchst. j RL 2019/1152/EU geschlossen werden, dass der Gesetzgeber verpflichtet war, eine Belehrungspflicht über die Frist nach § 4 Satz 1 KSchG gesetzlich vorzusehen.[4]
  • Darüber hinaus entstand der Bedarf, viele an sich schon im NachwG vorhandene Pflichten inhaltlich zu erweitern. So müssen künftig auch te...

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