Zusammenfassung

 
Überblick

Der Beitrag stellt die Voraussetzungen der Abmahnung dar. Es wird detailliert beschrieben, wie die Abmahnung gestaltet werden muss, damit erstens der Arbeitnehmer nicht ihre Entfernung aus der Personalakte verlangen kann und zweitens sie im Falle einer späteren verhaltensbedingten Kündigung als ausreichende Warnung anerkannt wird. Erfahrungsgemäß werden hier die meisten Fehler gemacht. Dargestellt wird darüber hinaus, wer abmahnungsberechtigt ist, wie der Zugang der Abmahnung gesichert wird, zu welchem Zeitpunkt die Abmahnung ausgesprochen werden und was bei Betriebsratsmitgliedern beachtet werden muss. Die Beantwortung prozessualer Fragen rundet die Darstellung schließlich ab.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Das grundsätzliche Erfordernis einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung war nirgendwo gesetzlich verankert, sondern beruhte auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Für die außerordentliche Kündigung gibt es allerdings mittlerweile die Vorschrift des § 314 Abs. 2 BGB, der eine vorherige Abmahnung grundsätzlich verlangt. Im Übrigen kann nur auf § 1 Abs. 2 KSchG zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung und auf § 626 BGB für die außerordentliche Kündigung Bezug genommen werden.

1 Rechtsgrundlage

Bei der Abmahnung handelt es sich um die Ausübung eines arbeitsvertraglichen Gläubigerrechts, dessen rechtliche Herkunft das BAG aus der früheren Regelung des § 326 Abs. 1 BGB[1], dem als Dauerschuldverhältnis mit dem Arbeitsrecht ähnlichen Mietrecht und den dortigen §§ 542, 553 BGB[2] und aus Treu und Glauben[3] in Form des sog. venire contra factum proprium[4] herzuleiten suchte. Mehrheitlich werden zur dogmatischen Rechtfertigung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz[5] aber auch die Fürsorge- und Treuepflicht herangezogen:

Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, dass die Kündigung das letzte Mittel im Arbeitsverhältnis (ultima ratio) ist, es soll von ihr nur Gebrauch gemacht werden, wenn alle anderen Mittel erschöpft oder sinnlos sind. Denn sie nimmt dem Arbeitnehmer die finanzielle Lebensgrundlage, seine soziale Anerkennung, oft auch seine sozialen Kontakte, dem Arbeitgeber nimmt sie u. U. eingearbeitete Arbeitskräfte. Aus der Fürsorge- und Treuepflicht ergibt sich, dass der Vertragspartner dazu gehalten ist, den anderen "nicht blind ins Verderben rennen", d. h. sein Arbeitsverhältnis nicht ohne Warnung aufs Spiel setzen zu lassen. Daraus rechtfertigt sich das Erfordernis, zunächst alle milderen Mittel auszuschöpfen, sofern sie erfolgversprechend sein können. Das bedeutet bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes für die verhaltensbedingte, aber auch die fristlose Arbeitgeberkündigung, dass grundsätzlich die Abmahnung vorauszugehen hat, es sei denn, die Abmahnung ist sinnlos oder der Pflichtverstoß zu schwer.

Kündigt der Arbeitgeber, bevor eine notwendige Abmahnung erfolgt ist, verstößt er gegen das "Übermaßverbot".

Das Erfordernis einer Abmahnung wird mittlerweile für die außerordentliche Kündigung auch durch § 314 Abs. 2 BGB bestätigt, wobei die genaue Abgrenzung von § 314 Abs. 2 und § 626 BGB noch ungeklärt ist.[6]

Ausnahmsweise kann auch eine formell unwirksame Abmahnung die Warnfunktion erfüllen, da es auf die sachliche Berechtigung zur Abmahnung ankommt. Aus der formellen Unwirksamkeit einer Abmahnung kann der Arbeitnehmer nicht schließen, dass der Arbeitgeber sein Verhalten akzeptiere.[7]

2 Vorbereitung der Abmahnung

Zum einen geht es um das Recherchieren und Dokumentieren des Sachverhalts zur Vorbereitung einer eventuellen Kündigung aus Beweislastgründen. Zum anderen stellt sich die Frage, ob vor Ausspruch einer Abmahnung die Anhörung des Arbeitnehmers erforderlich ist.

2.1 Recherche im Vorfeld

Die genaue Ermittlung des Sachverhalts ist als Vorarbeit für den Ausspruch der Abmahnung von erheblicher Bedeutung. Da die Abmahnung zur Vorbereitung der Kündigung dient (sie schafft eine Prognosegrundlage für die möglicherweise folgende Kündigung[1]), muss der Arbeitgeber im Streitfall, der u. U. erst längere Zeit später stattfindet, die Berechtigung der Abmahnung und damit die konkrete Vertragspflichtverletzung im Einzelnen darlegen und beweisen können.

Es empfiehlt sich daher, den Vorfall gründlich zu recherchieren und zu dokumentieren. Wenn möglich, sollten schriftliche Aussagen der beteiligten Personen eingeholt werden. Das führt auf der einen Seite dazu, dass sich derjenige, der die Vorwürfe erhebt, noch einmal überlegt, ob es wirklich so gewesen ist, denn jetzt zeigt sich, dass an seiner Behauptung festgehalten werden kann und Beschuldigungen nicht ohne Konsequenzen erhoben werden können. Zudem wird in einem späteren Prozess diesen Personen durch Vorhalt der Aussage die Erinnerung wesentlic...

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