Nach § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG kann die vorläufige Vollstreckbarkeit im arbeitsgerichtlichen Urteil ausgeschlossen werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Antrag des Beklagten auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils (siehe hierzu Arbeitshilfe: Vorläufige Vollstreckbarkeit: Antrag auf Beseitigung),
  • Darlegung des Beklagten, dass ihm die Zwangsvollstreckung aus dem arbeitsgerichtlichen Urteil einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und
  • Glaubhaftmachung dieser Voraussetzung.

Die Entscheidung des Gerichts über den Ausschluss der Zwangsvollstreckung ist in den Tenor aufzunehmen und in den Entscheidungsgründen zu begründen.

Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 69 Abs. 1 Satz 3 ArbGG erfolgt ohne Sicherheitsleistung durch Beschluss. Der Beschluss ist unanfechtbar.[1]

Lediglich für die Fälle der Vollstreckungsabwehrklage und Drittwiderspruchsklage ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass nach § 769, § 771 Abs. 3 ZPO die Zwangsvollstreckung auch mit Sicherheitsleistung eingestellt werden kann.[2] Die Zwangsvollstreckung kann auch teilweise ausgeschlossen werden.

Wird vom Gericht eine Entscheidung über den Antrag des Beklagten auf Ausschluss der Zwangsvollstreckung versehentlich nicht getroffen oder der Antrag übergangen, besteht die Möglichkeit der Urteilsergänzung bzw. -berichtigung unter den Voraussetzungen der § 319, § 321 ZPO.

Der Beklagte muss darlegen und glaubhaft machen, dass ihm durch die Zwangsvollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil entstehen würde. Ein nicht zu ersetzender Nachteil liegt vor, wenn er nicht abgewendet und bei Wegfall des Vollstreckungstitels nicht durch finanzielle oder andere Mittel ausgeglichen werden kann. Dies ist damit begründet, dass durch die vorläufige Vollstreckbarkeit keine endgültigen Verhältnisse und nicht mehr korrigierbare Tatsachen geschaffen werden sollen. Der Begriff des nicht zu ersetzenden Nachteils findet sich auch in § 707 Abs. 1 Satz 2, § 712 Abs. 1 ZPO und § 719 Abs. 2 ZPO und stellt allein auf die Interessen des Schuldners ab.

 
Praxis-Beispiel

Bei einem Anspruch auf Weiterbeschäftigung oder Beschäftigung ist ein unersetzbarer Nachteil dann gegeben, wenn die Beschäftigung objektiv unmöglich ist[3] oder Schäden in einem Ausmaß zu befürchten sind, dass aller Voraussicht nach vom Arbeitnehmer kein Ersatz zu erlangen sein wird.[4] Ein unersetzbarer Nachteil ist nicht bereits dadurch zu sehen, dass eine bereits erfolgte Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht rückgängig gemacht werden kann, da der Arbeitnehmer eine Gegenleistung erhält.[5]

Einschränkungen bestehen, wenn es um die Vollstreckung von Ansprüchen auf Unterlassung, Duldung oder Vornahme einer Handlung geht. In diesen Fällen kann die Wirkung der Vollstreckung beim Schuldner meist nicht wieder rückgängig gemacht werden. Dabei ist dann eine Abwägung der widerstreitenden Interessen des Schuldnerschutzes mit dem Interesse des Gläubigers an der Beibehaltung der vorläufigen Vollstreckbarkeit vorzunehmen.

Fraglich ist, ob und inwieweit auch die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels zu berücksichtigen sind. Fest steht jedoch: Wenn nach dem bisherigen Vortrag abzusehen ist, dass das Rechtsmittel keinen Erfolg haben wird, kann durch die vorläufige Vollstreckbarkeit auch kein unersetzbarer Nachteil entstehen.[6] In diesem Fall wird der Antrag des Schuldners zurückgewiesen werden. Nach der überwiegenden Meinung sind die Erfolgsaussichten bei der Entscheidung über den Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit mitzuberücksichtigen.[7]

Ein nicht zu ersetzender Nachteil wird z. B. bei der Vollstreckung von Zahlungstiteln angenommen, wenn von der Vermögenslosigkeit des Vollstreckungsgläubigers auszugehen ist und nicht damit gerechnet werden kann, dass im Falle der Abänderung bzw. Aufhebung der Entscheidung eine Rückzahlung erfolgen kann.[8]

Für das Vorliegen eines nicht zu ersetzenden Nachteils genügt es z. B. nicht,

  • dass der Kläger ein ausländischer Arbeitnehmer ist oder
  • wenn zu befürchten ist, dass durch die vorläufige Vollstreckung eine Kreditgefährdung des Schuldners eintritt.

Die Zwangsvollstreckung aus arbeitsgerichtlichen Urteilen kann in bestimmten Fällen auch nach der Verkündung des Urteils eingestellt werden, wenn der Beklagte vor der Urteilsverkündung keinen Antrag nach § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG gestellt hat oder dieser Antrag nicht erfolgreich war. Die nachträgliche Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt dann in Betracht, wenn nach § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

  • gegen eine rechtskräftige Entscheidung ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt worden,
  • nach § 707 Abs. 1 ZPO erfolgt die Wiederaufnahme des Verfahrens oder
  • nach § 719 Abs. 1 ZPO ist Einspruch oder gegen ein vorläufig vollstreckbares Urteil Berufung eingelegt worden.

Allerdings kann die Einstellung der Zwangsvollstreckung in diesen Fällen nur auf Antrag des Beklagten und nur unter denselben Voraussetzungen erfolgen, unter denen die Zwangsvollstreckung nach § 62 Ab...

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