Beurteilt wird immer, wenn Menschen einander begegnen, miteinander kommunizieren oder zusammenarbeiten. Sie beobachten einander und bewerten ihre Beobachtungen. Dies geschieht öfter unbewusst als bewusst. Meist erfahren die Beurteilten aber das Ergebnis nicht. Vielleicht ziehen sie auch aus dem Verhalten des anderen und aus seinen Reaktionen richtige oder falsche Schlüsse. Das kann die betriebliche Zusammenarbeit erheblich beeinflussen. Die Folgerung: Wenn schon beurteilt wird, dann sollte dies nach von allen akzeptierten, durchschaubaren Regeln systematisch geschehen. Solche Systeme sind die Mitarbeiterbeurteilung und die Vorgesetztenbeurteilung.

Aus der vielfältigen Literatur zum Thema Beurteilungen lassen sich einige Folgerungen ziehen, welche die Schwierigkeiten einer zutreffenden Beurteilung verdeutlichen:

  • Das Verhalten eines Menschen ist stark situationsbedingt. So kann das Verhalten eines Menschen gegenüber Mitarbeitern, Kollegen, Vorgesetzten oder Außenstehenden (z. B. Kunden, Lieferanten) und gegenüber Familienangehörigen oder Freunden sehr unterschiedlich sein.
  • Aus dem Verhalten in einer bestimmten Situation kann nicht sicher auf das Verhalten in einer anderen Situation geschlossen werden. So kann ein im Normalfall durchaus belastbarer Mensch in Stress-Situationen stark in der Leistung abfallen.
  • Leistungsabfälle im Betrieb können sehr unterschiedliche Ursachen haben: private Probleme, Krankheit, Schwierigkeiten im Betrieb (mit dem Vorgesetzten, mit Kollegen, durch Mobbing).
  • Jeder Beurteiler hat seine eigenen Maßstäbe. So lassen sich Beurteiler von ihren Erfahrungen und Wertmaßstäben leiten. Auch fallen Urteile unterschiedlich aus, je nachdem, ob man als Vergleichsmaßstab die Spitze, die Mitte oder das untere Ende einer Bewertungsskala heranzieht.
  • Stereotype (falsche Meinungen über andere Menschen als einzelne oder als Gruppe) und Vorurteile bestimmen das Urteil ("Frauen sind …". "Männern kann man …". "Typisch …".)
  • Der erste Eindruck wirkt lange nach, auch wenn er zufällig und unzuverlässig zustande gekommen ist. Viele Beurteiler tun sich schwer, ihre vorgefasste Meinung zu revidieren.
  • Urteile sagen oft mehr über den Beurteiler aus als über den Beurteilten. Menschen nehmen bevorzugt wahr, was zu ihren Einstellungen passt.
  • Beurteiler nehmen selektiv wahr. Sie sehen und verarbeiten nur einen Teil dessen, was um sie herum vorgeht. Oft sind es Kleinigkeiten, die überbewertet werden.
  • Die sich selbsterfüllende Prophezeiung: Beurteilte werden, was die anderen von ihnen erwarten. Hält z. B. ein Vorgesetzter einen Mitarbeiter für unselbstständig, gibt er ihm nur begrenzte Aufgaben und kontrolliert eng. Der Mitarbeiter hat keine Chance, hinzu zu lernen und bleibt unselbstständig. Der Vorgesetzte erkennt nicht, dass er selbst ein wesentliches Teil des Problems ist.
  • Sympathische Menschen werden in der Regel besser beurteilt als weniger sympathische. Ebenfalls bewirkt Ähnlichkeit Sympathie.
  • Eigene Persönlichkeitstheorien werden umso eher zu Fehlerquellen bei der Beurteilung, je einfacher sie sind und je weniger Widersprüche sie in sich zulassen.
  • Je betroffener ein Beurteiler ist, desto schlechter beurteilt er.
 
Hinweis

Anzahl der Feedbacks

Beurteilungen sind selten völlig "richtig" oder "falsch"; meist treffen sie mehr oder weniger genau zu. Auch können die Einschätzungen zweier Beurteiler über dieselbe Person sehr unterschiedlich ausfallen. Beurteilungen werden umso wirklichkeitsnäher, je mehr Beobachtungen derselben Person in verschiedenen Situationen von mehreren Beobachtern durchgeführt und zu einem Gesamturteil zusammengeführt werden. Deshalb dürften Vorgesetztenbeurteilungen besonders zutreffend sein, wenn sie von allen Mitarbeitern durchgeführt und dann zu einer gemeinsamen Beurteilung verdichtet werden.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Personal Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge