Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen das im Bescheid des Antragsgegners vom 30. November 2022 unter Ziffer 1 und 2 verfügte Betretungs- und Tätigkeitsverbot sowie die weiter unter Ziffer 3 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung und bedingte Festsetzung wird angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Antrag des Antragstellers, mit dem er nach § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 07. Dezember 2022 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 30. November 2022 begehrt, mit dem ihm gegenüber ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot nach § 20a des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) angeordnet und für jede Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro angedroht und zugleich aufschiebend bedingt festgesetzt wurde, ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Antrag ist insbesondere als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des am selben Tag eingelegten Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO statthaft. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs anordnen, wenn die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes entfällt. Dies ist hier der Fall, da der Widerspruch des Antragstellers hinsichtlich Ziffer 1 und 2 des Bescheides vom 30. November 2022 gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 20a Abs. 5 Satz 4 IfSG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides entfällt die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 20 AGVwGO.

Der Antrag ist auch begründet.

Der Erfolg eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO hängt ab von der Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des belastenden Verwaltungsakts vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, mit dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung. Im Rahmen dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; bei offensichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs überwiegt demgegenüber das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Erscheinen die Erfolgsaussichten in der Hauptsache hingegen als offen, hängt der Erfolg des Aussetzungsantrags von einer umfassenden Abwägung aller widerstreitenden Interessen ab.

Dies zugrunde gelegt überwiegt nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des belastenden Verwaltungsaktes vorläufig verschont zu bleiben. Das angeordnete Betretungs- und Tätigkeitsverbot erweist sich jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidungen als offensichtlich rechtswidrig.

Rechtsgrundlage des in Ziffer 1 und 2 des Bescheides 30. November 2022 angeordneten Betretungs- und Tätigkeitsverbots ist § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG. Nach dieser Vorschrift kann das Gesundheitsamt unter anderem einer Person, die trotz einer Anforderung nach § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in § 20a Abs. 1 Satz 1 IfSG genannten Einrichtung oder eines dort genannten Unternehmens dienenden Räume betritt oder in einer solchen Einrichtung oder einem solchen Unternehmen tätig wird. § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG sieht wiederum vor, dass die in § 20a Abs. 1 Satz 1 IfSG genannten Personen dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, auf Anforderung einen Nachweis nach § 20a Abs. 2 Satz 1 IfSG vorzulegen haben. Gemäß § 20a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 IfSG müssen Personen, die in den in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 IfSG im Einzelnen genannten Einrichtungen oder Unternehmen des Pflege- und Gesundheitssektors tätig sind, ab dem 15. März 2022 über einen Impf- oder Genesenennachweis im Sinne des § 22a Abs. 1 oder Abs. 2 IfSG verfügen, es sei denn, sie können aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden (vgl. § 20a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 IfSG).

Dahinstehen kann, ob die in Rede stehenden Regelungen, deren Verfassungsmäßigkeit vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 27. April 2022, 1 BvR 2649/21, noch bejaht worden ist, angesichts der weiteren Entwicklung des Pandemiegeschehens zum jetzigen Zeitpunkt den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch genügen. Denn selbst bei deren unterstellter Verfassungsmäßigkeit erweist sich die mit Bescheid vom 30. November 2022 getroffene Anordnung eines Betretungs- und T...

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