1 Arbeitsvertragliche (individualrechtliche) Versetzung

Es hängt vom Inhalt des Arbeitsvertrags ab, ob der Arbeitgeber eine Versetzung einseitig kraft seines Direktionsrechts[1] anordnen kann, oder ob der Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag so genau beschrieben ist, dass die Versetzung nur mit dessen Einverständnis oder im Wege einer Änderungskündigung möglich ist.

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber, wenn es um die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers geht,

  • Inhalt,
  • Ort und
  • Zeit (wobei die zeitliche Lage, nicht aber die Gesamtdauer der geschuldeten Arbeitszeit gemeint ist, denn diese gehört zur Hauptleistungspflicht und wird durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag bestimmt)

nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch

  • den Arbeitsvertrag,
  • Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung,
  • einen anwendbaren Tarifvertrag oder
  • gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Dabei hat der Arbeitgeber nach Satz 3 auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Übt der Arbeitgeber sein Direktionsrecht im dargestellten Sinne aus, spricht man in der Privatwirtschaft von einer Versetzung. Im öffentlichen Dienst ist Versetzung die Zuweisung einer auf Dauer bestimmten Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses.[2] Der Begriff wird dort in Abgrenzung zur Abordnung und Umsetzung verwendet.

 
Hinweis

Abgrenzung zur Abordnung

Eine Abordnung ist im Gegensatz zur Versetzung grundsätzlich befristet. Nach Ablauf des vereinbarten Zeitraums kehrt der Arbeitnehmer an seinen ursprünglichen Arbeitsplatz, den ursprünglichen Arbeitsort zurück. Die Tätigkeit selbst bleibt im Wesentlichen gleich, sie wird nur nicht mehr am ursprünglichen Arbeitsort erbracht.

Ist die Tätigkeit des Arbeitnehmers durch den Arbeitsvertrag sowohl ihrer Art und ihrer zeitlichen Lage wie auch der Arbeitsstelle nach genau bestimmt, bedeutet jede Zuweisung einer anderen Tätigkeit oder eines anderen Arbeitsplatzes eine Änderung des Arbeitsvertrags. Diese ist möglich, wenn der Arbeitsvertrag eine entsprechende Versetzungsklausel enthält.

 
Praxis-Beispiel

Formulierung einer arbeitsvertraglichen Versetzungsklausel

"Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auch andere gleichwertige Tätigkeiten, die seinen Erfahrungen und Kenntnissen entsprechen, zu übernehmen, ohne dass dies einer Änderungskündigung bedarf. Gleiches gilt für die Versetzung an einen anderen Arbeitsort auch außerhalb unserer Betriebsstätten."

Existiert in einem solchen Fall keine Versetzungsklausel, kann die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht einseitig vom Arbeitgeber herbeigeführt werden. Dann ist eine arbeitsvertragliche Versetzung nur mit Ausspruch einer entsprechenden Änderungskündigung oder der Zustimmung des Arbeitnehmers möglich.

Im Notfall ist der Arbeitnehmer allerdings grundsätzlich immer verpflichtet, vorübergehend Arbeiten zu übernehmen, die von seinen arbeitsvertraglichen Aufgaben abweichen.

Das Versetzungsrecht kann durch einen Tarif- oder Einzelarbeitsvertrag erweitert oder eingeschränkt werden. Dies gilt auch für die Versetzung auf einen geringerwertigen Arbeitsplatz, die sonst grundsätzlich unzulässig ist, selbst wenn das bisherige Arbeitsentgelt weitergezahlt wird.

2 Billigkeitskontrolle bei einer individualrechtlichen Versetzung

Das durch einen Einzelvertrag festlegbare Direktionsrecht wird insbesondere durch die Regelungen der §§ 307 ff., 138, 134 BGB sowie das zwingende Arbeitnehmerschutzrecht begrenzt.

Kann der Arbeitgeber hiernach sein Weisungsrecht ausüben, muss er im Rahmen der Billigkeit einen sachlichen Grund haben und eine Interessenabwägung vornehmen. Er muss somit, soweit möglich, Rücksicht auf besondere Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers durch die Weisung nehmen. Selbst wenn die Versetzung grundsätzlich nach den vorstehenden Ausführungen arbeitsvertraglich zulässig ist, findet das Versetzungsrecht dort seine Grenzen, wo die Versetzung nach billigem Ermessen[1] nicht mehr zumutbar ist, was gerichtlich überprüfbar ist.[2]

 
Praxis-Beispiel

Änderung der Arbeitszeit

Ein Arbeitgeber beschäftigt in der Verwaltung mehrere Teilzeitbeschäftigte. Diese arbeiten überwiegend vormittags. Nachdem mehrere Beschwerden von Kunden eingingen, dass nachmittags in der Verwaltung zu wenige Beschäftigte zu erreichen seien, erkundigt sich der Arbeitgeber bei den Teilzeitbeschäftigten, wer bereit sei, auch nachmittags zu arbeiten. Niemand meldet sich. Daraufhin weist der Arbeitgeber eine Mitarbeiterin an, künftig nicht mehr von 8 – 12 Uhr, sondern von 14 – 18 Uhr zu arbeiten. Im Arbeitsvertrag der Mitarbeiterin steht nur: "Arbeit von Montag bis Freitag, 20 Stunden in der Woche". Die Mitarbeiterin wendet ein, sie sei alleinerziehende Mutter eines 8-jährigen Kindes. Dieses habe nur vormittags Schule. Deshalb arbeite sie vormittags. Sie habe niemanden, der das Kind nachmittags betreue.

Ausweislich des Arbeitsvertrags ist der Arbeitgeber nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden. Er hat damit nach § 106 GewO hinsichtlich der Z...

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