Rz. 33

Grundlage der Einkommensermittlung ist die kalendermonatliche[1] Lohn- und Gehaltsbescheinigung des Arbeitgebers. Aus dieser lassen sich im Regelfall, unter Berücksichtigung der nach Abs. 1 maßgeblichen Besonderheiten (bspw. der Nichtberücksichtigung der sonstigen Bezüge i. S. d. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG), die zur Ermittlung des kalendermonatlichen Einkommens notwendigen Rechengrößen entnehmen. Die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers sind zwar als "Grundlage", nicht aber als einzige Erkenntnisquelle für Art und Höhe der Einkünfte heranzuziehen. Insoweit erleichtert Abs. 2 die Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen, indem er den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen eine Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung auf tatsächlicher (nicht auf rechtlicher) Ebene zuweist, die mit dem Inkrafttreten des Elterngeld-Plus-Gesetzes ab 1.1.2015 auch erstmals ausdrücklich gesetzlich geregelt ist (§ 2 Abs. 2 Satz 2 BEEG). Die Norm entbindet aber die für die Gewährung des Elterngeldes zuständigen Stellen nicht von ihrer gem. § 26 Abs. 1 BEEG i. V. m. § 20 SGB X obliegenden Sachaufklärungspflicht.[2] Deshalb muss die Elterngeldstelle im Verwaltungsverfahren Hinweisen auf Fehler nachgehen und/oder die vom Antragsteller erhobenen Einwendungen gegen die Richtigkeit der Arbeitgeberbescheinigung prüfen[3] und aufklären[4], zumal es sich bei den (zugrunde zu legenden) Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers (§§ 108 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GewO i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) und Nr. 3 Buchst. a) der Entgeltbescheinigungsverordnung) lediglich um bloße Wissenserklärungen handelt[5]. Aus diesem Grund wird nach § 2c Abs. 2 Satz 2 BEEG auch lediglich die tatsächliche Richtigkeit und Vollständigkeit der dortigen Angaben des Arbeitgebers – und nicht die von ihm vorgenommene lohnsteuerrechtliche Bewertung – vermutet.[6]

 

Rz. 34

Nach der Regelung in Abs. 2 Satz 1 sind Korrekturmeldungen in späteren Monaten für die bei der Elterngeldberechnung maßgeblichen Monate nach § 2b Abs. 1 und Abs. 3 BEEG zu berücksichtigen, soweit es sich um echte Korrekturmeldungen und nicht lediglich um nachträgliche Gefälligkeitsbescheinigungen handelt.[7] Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber eine neue Lohn- und Gehaltsbescheinigung für den betreffenden Monat erstellt oder in einer späteren Lohn- und Gehaltsbescheinigung die Korrektur für einen Vormonat vornimmt.

 

Rz. 35

Kann der Antragsteller die erforderlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen nicht beibringen, ist der Arbeitgeber nach § 9 BEEG verpflichtet, eine entsprechende Bescheinigung auszustellen. Existiert dieser allerdings nicht mehr und kann der Antragsteller keine plausiblen Aufzeichnungs- oder Abrechnungsunterlagen mehr vorlegen, so ist im Einzelfall zu entscheiden, inwieweit Eigenangaben des Antragstellers glaubhaft und nachvollziehbar sind.[8]

 

Rz. 36

Sofern die maßgeblichen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nicht dem Lohnsteuerabzugsverfahren unterliegen, sondern Einkommensteuervorauszahlungen (§ 37 EStG) erbracht werden, sind die entsprechenden Vorauszahlungsbescheide des Finanzamts maßgeblich.

[1] Nunmehr mit Wirkung ab 1.9.2021 ausdrücklich im Gesetzeswortlaut vom Gesetzgeber auch klargestellt, vgl. dazu auch: BT-Drucks. 19/24438 S. 28.
[3] So zutreffend und unter Verweis auf diese Kommentierung: SG Karlsruhe, Urteil v. 20.2.2017, S 5 EG 2985/16, juris, Rz. 20.
[4] Vgl. dazu bspw.: Thüringer LSG, Urteil v. 23.10.2014, L 2 EG 457/12, juris, Rz. 12; SG München, Urteil v. 17.8.2017, S 46 EG 95/15, juris, Rz. 19-27.
[5] BSG, Urteil v. 25.6.2020, B 10 EG 3/19 R, BSGE 130, 237; SozR 4-7837 § 2c Nr. 7, Rz. 51, juris, Rz. 51; BAG, Urteil v. 5.7.2017, 4 AZR 867/16, juris, Rz. 29..
[8] Vgl. zu einem solchen Grenzfall etwa: Bayerisches LSG, Urteil v. 11.5.2015, L 12 EG 60/13, juris, Rz. 32-36.

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