Rz. 4

Rechtsstreite wegen Elterngeld, Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus nach den §§ 1-12 BEEG sind den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen. Die Bestimmung ist eine Rechtswegzuweisung i. S. d. § 51 Abs. 1 Nr. 10 SGG. Sie betrifft nur Rechtsstreite über Fragen der im Einzelnen aufgeführten Bestimmungen des BEEG. Die Zuweisung betrifft neben Streitigkeiten über den Grund, die Höhe und Bezugsdauer der Arten des Elterngelds; auch solche zwischen Berechtigten über die Verteilung der Bezugszeiten (§ 5 BEEG). Auch Fragen zum Beginn der Leistung nach Antragstellung sowie über Nebenpflichten aus §§ 8, 9 BEEG kommen als Gegenstände sozialgerichtlicher Verfahren in Betracht. Rechtsstreite um die Frage, ob andere Sozialleistungen (§ 3 BEEG) oder vergleichbare Leistungen der Länder (§ 10 BEEG) auf das Elterngeld angerechnet werden, gehen vor die Sozialgerichte. In Bezug auf die Auskunftspflicht kann auch der Arbeitgeber eines Berechtigten Beteiligter an einem Verfahren vor den Sozialgerichten werden (§ 9 BEEG). Schließlich sind Rechtsstreite zwischen dem Bund und den Ländern über die Kostentragung nach dem BEEG vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu entscheiden.[1]

 

Rz. 5

Die Streitigkeiten über die Höhe des auf andere Sozialleistungen anrechnungsfreien Betrags (§ 10 BEEG) wirken sich auf die Bestimmung der anderen Sozialleistungen aus. Sie sind deshalb vor den Gerichten auszufechten, die für Rechtsstreite über diese anderen Sozialleistungen zuständig sind.[2] Soweit es z. B. um die Anrechnung auf BAföG geht, entschieden die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit darüber, wie hoch das BAföG ist und wie viel Elterngeld hierauf angerechnet werden darf. Entsprechendes gilt für den bei Unterhaltspflichten nach § 11 BEEG nicht zu berücksichtigenden Betrag. Ob und in welcher Höhe das Elterngeld beim Unterhalt anrechnungsfrei ist, entscheiden Familiengerichte (ordentliche Gerichtsbarkeit) im Rahmen der ihnen zugewiesenen Unterhaltsstreitigkeiten.

 

Rz. 6

Das Merkmal "öffentlich-rechtliche Streitigkeiten" grenzt die zugewiesenen Rechtsstreite auf die Verfahren ein, die über die Auslegung und Anwendung von Normen des öffentlichen Rechts geführt werden. Das Merkmal soll vor allem zivilrechtliche von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten abgrenzen.[3] Entscheidend ist, ob im Vordergrund der Beurteilung von Rechtsbeziehungen die Anwendung öffentlich-rechtlicher Normen des Sozialrechts stehen oder ob vorrangig Vorschriften des bürgerlichen Rechts heranzuziehen sind, und welche Rechtsvorschriften den Sachverhalt entscheidend geprägt haben.[4] Streitigkeiten der Berechtigten mit den zuständigen Behörden über die Leistungen nach §§ 1-12 BEEG sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten.

 

Rz. 7

 
Praxis-Beispiel

Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

Arbeitgeber und zuständige Behörde streiten über die Auskunftspflicht des Arbeitgebers gegenüber der zuständigen Behörde.

Lösung

Der Rechtsstreit beurteilt sich nach § 8 BEEG. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Ermächtigungsnorm des Sozialrechts, der Rechtsweg führt zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.

 

Rz. 8

 
Praxis-Beispiel

Zivilrechtliche Streitigkeit

Ein Arbeitnehmer und sein Arbeitgeber streiten über einen Schaden wegen falsch erteilter Auskünfte.

Lösung

Hier geht es darum, wie sich die Nichterfüllung bzw. Schlechterfüllung der Auskunftspflicht des Arbeitgebers auswirkt, sodass § 8 BEEG nicht maßgeblich ist. Über einen Rechtsstreit wegen Verletzung vertraglicher Auskunftspflichten aus dem Arbeitsverhältnis entscheiden die Arbeitsgerichte (§ 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG[5]).

 

Rz. 9

Abgrenzung: Sozialgericht/andere Gerichte

Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden z. B. über:

  • die Berechtigung zum Bezug von Elterngeld dem Grunde nach,
  • die Höhe des Elterngelds oder des Elterngeld Plus, hierzu finden in der Praxis die meisten Rechtsstreite statt, in denen um die Berücksichtigung von Einkommen und damit die Anspruchshöhe gestritten wird,
  • den Bezugszeitraum von Elterngeld, Elterngeld Plus (§ 4 BEEG),
  • die Verteilung der Bezugszeiträume zwischen mehreren Berechtigten (§ 5 BEEG),
  • die Aufhebung oder Zurücknahme der Bewilligung von Elterngeld, einschließlich hiermit verbundener Erstattungsforderungen,
  • die Auskunftspflicht von Berechtigten und Arbeitgebern (§§ 8, 9 BEEG).

    Die Sozialgerichte entscheiden in der Besetzung der Kammern wie in Angelegenheiten der Sozialversicherung.[6]

 

Rz. 10

Andere Gerichte entscheiden über:

  • die Höhe von Unterhaltspflichten – auch hinsichtlich der Berücksichtigung von § 11 BEEG (Familiengerichte).
  • Bußgelder nach § 14 BEEG; für Bußgeldverfahren sind die ordentlichen Gerichte zuständig.
  • für Fragen der Elternzeit in einem Arbeitsverhältnis sind die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG),
  • über die Erteilung der Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG entscheiden die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
[1] Vgl. Mutschler, § 12 BEEG, Rz. 16.
[3] Zu den Abgrenzungstheorien...

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