Rz. 88

Eine räumliche Versetzung liegt regelmäßig in einem Ortswechsel. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsorts ist mit Ausnahme von Bagatellfällen stets die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. Ein Ortswechsel liegt immer vor, wenn die Arbeitsleistung in einer anderen    geografischen Gemeinde erbracht werden soll oder ein Wechsel von einem Betriebsteil zu einem anderen räumlich weit entfernten Betriebsteil vorgenommen werden soll. Eine Versetzung liegt dann vor, wenn die Zuweisung dieses anderen Arbeitsbereichs entweder die Dauer eines Monats überschreitet oder – bei kürzerer Zuweisung – eine erhebliche Änderung der Umstände, unter denen die Arbeit zu leisten (z. B. schwierige Verkehrsverbindungen, stärkere physische Belastung) mit ihr verbunden ist (BAG, Beschluss v. 8.8.1989, 1 ABR 63/88[1]). In diesem Fall genügt auch die Ortsveränderung innerhalb einer Gemeinde. Die bloße Verlagerung eines Betriebs oder eines räumlich gesonderten Betriebsteils um wenige Kilometer innerhalb einer politischen Gemeinde ist ohne Hinzutreten weiterer Veränderungen keine Versetzung der davon betroffenen Arbeitnehmer (BAG, Beschluss v. 27.6.2006, 1 ABR 35/05[2]). Kein Beteiligungsrecht des Betriebsrats besteht bei bloßem Zimmertausch, einem Wechsel der Fabrikhalle oder der Verlegung einer Abteilung in andere Räume am selben Ort.[3] Von einer Versetzung kann auch nicht ausgegangen werden, wenn sich die Beziehung des konkreten Arbeitsplatzes zur betrieblichen Umgebung nicht ändert, weil der Betrieb oder ein Betriebsteil selbst räumlich verlegt wird. In diesen Fällen bleiben die Arbeitsplätze der Arbeitnehmer in ihrer Beziehung zum betrieblichen Umfeld völlig unverändert. Der betriebsverfassungsrechtliche Schutz der Arbeitnehmer wird in diesen Fällen nicht durch das Mitbestimmungsrecht bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 Abs. 1 BetrVG herbeigeführt, sondern durch die Bestimmungen der §§ 111 ff. BetrVG (LAG Nürnberg, Beschluss v. 28.2.2005, 5 TaBV 24/04[4]).

 
Praxis-Beispiel

Ein Arbeitnehmer aus der Produktentwicklung in Köln soll wegen der Entwicklung neuer Fahrzeugmodelle für 3 Wochen in Tokio bei einer japanischen Firma arbeiten (BAG, Beschluss v. 18.2.1986, 1 ABR 27/84[5]); eine Verkäuferin wird zu einer anderen Filiale am selben Ort abgeordnet, die aber zum selben Betrieb gehört, die An- und Abfahrtszeiten zur Arbeitsstelle verlängern sich mehr als eine Stunde (BAG, Beschluss v. 1.8.1989, 1 ABR 51/88[6]); Auslandsdienstreise je nach den Umständen des Einzelfalls (BAG, Beschluss v. 21.9.1999, 1 ABR 40/98[7]); Werden im Callcenter eines Postdienstleisters unter strikter organisatorischer Trennung einerseits Geschäftskunden und anderseits Privatkunden betreut, kann die Umsetzung von Callcenteragenten vom Privatkundenbereich in den Geschäftskundenbereich eine Versetzung i. S. v. § 95 Abs. 3 BetrVG darstellen (LAG Düsseldorf, Beschlusss v. 31.1.2018, 4 TaBV 113/16).

[1] NZA 1990, 198.
[2] NZA 2006, 1289.
[3] Fitting, § 99 Rz. 144.
[4] AuA 2005, 616.
[5] NZA 1986, 616.
[6] NZA 1990, 196.
[7] NZA 2000, 781.

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