1 Vorbemerkungen

 

Rz. 1

Nachdem das Betriebsverfassungsgesetz nahezu 30 Jahre unverändert geblieben war, sich der Arbeitsmarkt jedoch grundlegend geändert hatte, war das Gesetz mit dem Betriebsverfassungs-Reformgesetz im Jahr 2001 grundlegend überarbeitet worden. Bis dahin war das Betriebsverfassungsgesetz am Zustand der Vollbeschäftigung orientiert, nicht jedoch daran, Arbeitsplätze zu sichern oder zu schaffen. Demgegenüber ist die Beschäftigungssicherung insbesondere seit Beginn dieses Jahrtausends ein sehr wichtiges Thema in den Betrieben. In der Praxis finden sich daher sehr häufig Betriebsvereinbarungen zur Beschäftigungssicherung, zu konzerninternen Aufgabenausschreibungen und zur betrieblichen Weiterbildung. Sie weisen den Weg, wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam einen Beitrag zur Sicherung und zum Ausbau der Beschäftigung leisten können.[1]

 

Rz. 2

Das Betriebsverfassungsgesetz berücksichtigt seit der Gesetzesnovelle den Aspekt der Beschäftigungssicherung. So erweitert in § 80 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG "die Beschäftigungsförderung und -sicherung" die Aufgaben des Betriebsrats. Hierdurch ist dem Betriebsrat ein Beteiligungsrecht im Hinblick auf die Sicherung und Förderung der Beschäftigung eingeräumt worden. Die Bestimmung enthält indes lediglich eine beispielhafte Aufzählung von Maßnahmen, die der Betriebsrat zum Zwecke der Beschäftigungssicherung vorschlagen kann (vgl. zum Vorschlagsrecht LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 17.1.2006, 5 TaBV 3/05[2]). Die Arbeitnehmervertretung hat Anspruch darauf, von ihr unterbreitete Vorschläge zur Sicherung und Förderung mit dem Arbeitgeber beraten zu dürfen.[3]

 

Rz. 3

Die Sicherung und Förderung von Beschäftigung greift das Betriebsverfassungsgesetz im Übrigen auch in § 95 Abs. 2 BetrVG, § 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG, § 112 Abs. 5 Nr. 2a BetrVG unmittelbar oder mittelbar auf. Eine allgemeine Definition der Begriffe ist aber weder im arbeits- oder sozialrechtlichen noch im politikwissenschaftlichen Schrifttum gebräuchlich. Volkswirtschaftlich zielt beides auf die Vermeidung von Arbeitslosigkeit.[4] Mit Blick auf den einzelnen Betrieb ist mit der Beschäftigungssicherung das Erhalten der vorhandenen Arbeitsplätze gemeint, und zwar im Hinblick auf deren Anzahl wie auch auf die konkret Beschäftigten, während Beschäftigungsförderung eine Ausweitung der Arbeitsplätze in numerischer wie personeller Hinsicht umschreibt.[5] Zu den "Hartz-Reformvorschlägen" und der gesetzlichen Umsetzung siehe Stichwort Hartz-Gesetze im Lexikon.

[1] BT-Drucks., 14/5741, S. 24.
[2] AiB 2004, 436.
[3] Vgl. Fitting, § 92a Rz. 1.
[4] Konzen, RdA 2001 S. 76, 90.
[5] Konzen, RdA 2001 S. 76, 90 f.

2 Gesetzesmaterialien

 

Rz. 4

Dem Betriebsrat ist mit der Vorschrift ein Instrumentarium an die Hand gegeben worden, um die Initiative für eine Beschäftigungssicherung ergreifen zu können. Der Betriebsrat ist damit in die Lage versetzt, eigene Vorschläge zur Beschäftigungssicherung zu machen.[1] § 92a Abs. 1 BetrVG normiert ein umfassendes Vorschlagsrecht des Betriebsrats zur Förderung und Sicherung der Beschäftigung gegenüber dem Arbeitgeber (Satz 1). Die Vorschläge des Betriebsrats sind von ihrem Gegenstand nicht begrenzt. Dies verdeutlicht die nicht abschließende, sondern nur beispielhafte Aufzählung der Maßnahmen, die nach Satz 2 vom Betriebsrat vorgeschlagen werden können. Als Beispiele für beschäftigungsrelevante Betriebsratsinitiativen sind zu nennen:

  • Flexibilisierung der Arbeitszeit
  • Förderung von Teilzeitarbeit
  • Einführung von Altersteilzeit
  • Einführung neuer Arbeitsformen (z. B. Gruppenarbeit)
  • Änderungen von Arbeitsverfahren und Arbeitsablauf
  • Qualifizierung der Arbeitnehmer
  • Aufzeigen von Alternativen für ein geplantes Outsourcing
  • (Gegen-)Vorschläge zum Produktions- und Investitionsprogramm des Arbeitgebers
  • Erweiterung der Produktion, Dienstleistungen oder Geschäftsfelder
  • Hinwirken auf eine umweltbewusstere Produktion, um die Nachfrage zu erhöhen
 

Rz. 4a

Die neu geschaffene Vorschrift gewährt dem Betriebsrat jedoch kein allgemeines sozialpolitisches Mandat oder ein Mitbestimmungsrecht in Fragen der Unternehmensführung. Ihr Zweck ist aber sehr wohl darauf gerichtet, den Dialog der Betriebsparteien in Fragen der Beschäftigungssicherung zu fördern.[2] Die Betriebspartner sehen sich angesichts der voranschreitenden Digitalisierung und Globalisierung erheblichen Herausforderungen ausgesetzt. Nicht allein die Arbeitsmethoden im Verwaltungs-, Dienstleistungs- und Produktionsbereich sowie die Arbeitsbedingungen der dort tätigen Personen, sondern sukzessive auch die Arbeit selbst, verändern sich zunehmend. Die fortschreitende Auflösung der Verknüpfung der Arbeitstätigkeit von einem bestimmten (inländischen) Arbeitsplatz – zu nennen sind in diesem Kontext u. a. die Schlagworte "Crowdworking" sowie "On-Demand Economy" – in immer mehr Berufen, verändert denknotwendig auch die überkommene Vorstellung der Gemeinschaft von Arbeitnehmern in einem Betrieb. Der traditionelle Betriebsbegriff ist jedoch unverändert der Anknüpfungspunkt für ...

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