Rz. 11

Streitigkeiten über die vom Wahlvorstand festgelegte Betriebsratsgröße sind im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren (§ 2 a ArbGG, §§ 80 ff. ArbGG) zu entscheiden. Irrtümer können zur Anfechtbarkeit der Wahl führen, wenn infolge des Verstoßes das Wahlergebnis ohne die Möglichkeit der Berichtigung geändert oder beeinflusst wird. Angefochten wird stets die Wahl des gesamten Betriebsrats (BAG, Beschluss v. 29.5.1991, 7 ABR 67/90[1]). Wird die Wahl eines Betriebsrats, bei dem die falsche Grenzzahl zugrunde gelegt wurde, nicht angefochten, bleibt es bei der Zusammensetzung für die Dauer der Amtszeit (BAG, Beschluss v. 14.1.1972, 1 ABR 6/71). Die Wahl ist aus diesem Grund allein keinesfalls nichtig (BAG, Beschluss v. 12.10.1976, 1 ABR 1/76).

 

Rz. 12

Im Einzelfall kann auch der Erlass einer einstweiligen Verfügung noch vor Abschluss der Betriebsratswahlen beantragt werden (z. B. mit dem Ziel, eine Änderung der vom Wahlvorstand aufgestellten Wählerliste zu erwirken). Nach der Rechtsprechung gelten aber strenge Maßstäbe. So kann grundsätzlich in laufende Betriebsratswahlen im Wege der einstweiligen Verfügung nur dann erfolgreich eingegriffen werden, wenn die Wahl als nichtig anzusehen wäre (Hessisches LAG in ständiger Rechtsprechung, zuletzt Beschluss v. 25.5.2005, 9 Ta BVGa 82/05). Dies wiederum ist nur bei Verstößen gegen wesentliche Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts gegeben, die so schwerwiegend sind, dass keine Wahl im Sinne des BetrVG mehr vorliegt (BAG, Beschluss v. 21.7.2004, 7 ABR 56/03[2]; LAG München, Beschluss v. 11.4.2006, 4 TaBV 38/06). Das ist z. B. der Fall bei einer Betriebsratswahl für einen eindeutig nicht betriebsratsfähigen Betrieb (vgl. dazu auch Hessisches LAG, Beschluss v. 22.11.2005, 4 TaBV 165/05 m. w. N.). Gleiches gilt bei einem bewussten Verstoß des Wahlvorstands gegen grundlegende Wahlvorschriften. Einen solchen hat das LAG Hamburg (LAG Hamburg, Beschluss v. 26.4.2006, 6 TaBV 6/06) bejaht, wenn der Wahlvorstand trotz Kenntnis des dauerhaften Absinkens der Arbeitnehmerzahl aufgrund unternehmerischer Entscheidung auf erheblich unter 20 in nächster Zukunft entgegen § 9 BetrVG im Wahlausschreiben die Wahl eines dreiköpfigen Betriebsrats vorsieht.

Im Übrigen hat der Wahlvorstand bei der Wertung des Arbeitnehmerstatus einen Beurteilungsspielraum (LAG München, Beschluss v. 11.4.2006, 4 TaBV 38/06).

 

Rz. 13

Bei der Festsetzung des Streitwerts für arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren, in denen es um die Anfechtung der Betriebsratswahl geht, ist zunächst vom 2-fachen Ausgangsstreitwert bei der Anfechtung eines aus einer Person bestehenden Betriebsrats auszugehen. Mit wachsender Betriebsratsgröße orientiert sich die Erhöhung des Streitwerts an der Staffelung des § 9 BetrVG, wobei der Streitwert für jede Stufe um den halben Ausgangswert des § 23 Abs. 3 RVG erhöht wird (so bereits BAG, Beschluss v. 10.7.2001, 7 ABR 42/99 zur BRAGO; LAG Bremen, Beschluss v. 10.2.2007, 3 Ta 4/07 zum RVG).

Bei einem Wahlanfechtungsverfahren, das auf Feststellung der Nichtigkeit der Wahl gerichtet ist, ist vom Dreifachen des Ausgangsstreitwerts auszugehen. Auch hier gilt die Erhöhung für jede Stufe der Staffel des § 9 BetrVG um den halben Ausgangswert (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 21.5.2007, 1 Ta 117/07).

Nach der Rechtsprechung des LAG Hamm (LAG Hamm, Beschluss v. 28.4.2005, 10 TaBV 55/05; LAG Hamm, Beschluss v. 19.12.2005, 10 TaBV 161/05) richtet sich der Gegenstandswert in einem Beschlussverfahren über eine einstweilige Verfügung zwecks Abbruch der Betriebsratswahlen nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder. Ein Abschlag wegen des einstweiligen Verfügungsverfahrens ist nicht zu machen, da dieses die Streitigkeit regelmäßig beendet und nicht nur eine vorläufige Regelung trifft.

[1] BB 1992, 136-137 (LT1-3).
[2] BB 2005, 1456.

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