Rz. 111

Die Überwachung mittels technischer Einrichtung muss sich auf das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer beziehen. Verhalten wird als individuell steuerbares Tun oder Unterlassen definiert (BAG, Beschluss v. 11.3.1986, 1 ABR 12/84). Dabei ist unerheblich, in welchem Bereich sich das Verhalten abspielt, ob bloß bei der Arbeitsleistung selbst oder auch sonst im Betrieb. Verhalten, welches mit der Arbeitsleistung in keinem Zusammenhang steht und sich zudem außerhalb des Betriebs oder der Betriebsmittel abspielt, wird nicht erfasst.

 

Rz. 112

Da der Verhaltensbegriff sehr weit gefasst ist und auch die Leistung des Arbeitnehmers umfasst, kommt dem Leistungsbegriff keine eigenständige Bedeutung mehr zu.

 

Rz. 113

§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG räumt dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht bei der Erhebung von Arbeitnehmerdaten schlechthin ein. Das Mitbestimmungsrecht greift nicht ein, wenn es um die Erhebung reiner Statusdaten geht. Diese werden in aller Regel schon nicht im Wege der technischen Einrichtung gewonnen werden. Statusdaten betreffen zudem persönliche Eigenschaften des Arbeitnehmers und enthalten damit keinerlei Informationen zum Verhalten oder über die Leistung des Einzelnen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiele für reine Statusdaten:

  • Anschrift
  • Familienstand
  • Geschlecht
  • Geburtstag
  • Geburtsort
  • Schul- und Ausbildung
  • Kinderzahl
  • Steuerklasse
  • Tarifgruppe
  • allgemeine Gesundheitsdaten

Die Mitbestimmung greift möglicherweise ein, wenn die Daten mit anderen Daten unter Zuhilfenahme einer technischen Einrichtung (z. B. einer EDV-Software) verknüpft werden und so eine Aussage über das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers erlauben. Dann geht es aber um diesen Vorgang. Nicht betroffen bleibt die bloße Erhebung und Sicherung der persönlichen Statusdaten selbst, die mitbestimmungsfrei ist. Die Mitbestimmung kann sich aber aus § 94 BetrVG unter dem Stichwort Personalfragebögen ergeben.

 

Rz. 114

Mitbestimmungsfrei bleibt auch die Erhebung von Betriebsdaten. Das sind Daten, die Auskunft über die Produktion, den Produktions- und Materialfluss, die Nutzung und Auslastung von Maschinen, Störungs- und Wartungszeiten, Lagerhaltung etc. geben. Soweit durch die Verknüpfung von anderen Daten Rückschlüsse auf das Arbeitnehmerverhalten möglich werden, gilt das zuvor Gesagte.[1]

 

Rz. 115

Eine Verhaltens- oder Leistungskontrolle ist nur möglich, wenn die erhobenen Daten den einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden können. Fehlt es an der Individualisierbarkeit, ist der Mitbestimmungstatbestand nicht erfüllt. Die Anonymisierung der Daten darf allerdings nicht aufhebbar sein, und zwar auch nicht durch Hinzuziehung anderer Informationen.

 
Praxis-Beispiel

Durch eine technische Einrichtung werden Leistungsdaten anonym erhoben. Allerdings ermöglicht die Software eine differenzierte Betrachtung nach dem Alter der Arbeitnehmer. In der Gruppe der 55-Jährigen gibt es im Betrieb nur einen einzigen Mitarbeiter. Auf diese Art wird die Anonymität aufgehoben, denn der Mitarbeiter kann nun eindeutig identifiziert werden. Durch diese "Rasterfahndungstechnik" ist die Individualisierbarkeit gegeben. Die Mitbestimmung über die EDV-Anwendung ist eröffnet.

 

Rz. 116

Auf die Bestimmbarkeit im Wege des Datenabgleichs kann sich der Betriebsrat aber nur berufen, wenn dies mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Nicht jede denkbare technische Möglichkeit, aus den anonymen Daten einzelne Mitarbeiter bestimmbar zu machen, führt zur Eröffnung des Mitbestimmungsrechts. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Weg des Herausfilterns so unpraktikabel ist, dass es für die praktische Anwendung nur Theorie bleibt.

[1] Siehe Rz. 110.

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