Rz. 24

Da das Einigungsstellenverfahren formal einen Streit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zum Inhalt hat, ist der beschwerdeführende Arbeitnehmer am Einigungsstellenverfahren nicht beteiligt. Letztlich entscheidet die Einigungsstelle aber über die Berechtigung seiner Beschwerde, so dass ein geordneter Verfahrensablauf seine Anhörung vor der Entscheidung der Einigungsstelle gebietet (BAG Beschluss v. 28.6.1984 , 6 ABR 5/83[1]).

 

Rz. 25

Auch nach Anrufung der Einigungsstelle steht es den Betriebspartnern frei, sich gütlich über die Berechtigung der Beschwerde zu einigen. Gelingt dies nicht, so entscheidet die Einigungsstelle durch Spruch. Nach § 85 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, es findet eine Zwangsschlichtung statt. Der Spruch der Einigungsstelle kann sich aber nur auf die Frage beziehen, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Die Einigungsstelle kann dagegen nicht verbindlich vorschreiben, auf welche konkrete Art und Weise der Beschwerde abzuhelfen ist. Diese Entscheidung steht vielmehr nur dem Arbeitgeber zu (BAG, Beschluss v. 22.11.2005, 1 ABR 50/04[2]).

Führen die Verhandlungen in der Einigungsstelle dazu, dass der Arbeitgeber die Beschwerde als berechtigt anerkennt oder ersetzt die Einigungsstelle die entsprechende Einigung der Betriebsparteien, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, der Beschwerde abzuhelfen. Dabei muss die Abhilfe dem Arbeitgeber möglich und zumutbar sein. Dem beschwerdeführenden Arbeitnehmer steht durch die Anerkennung der Beschwerde ein im Urteilsverfahren durchsetzbarer Rechtsanspruch gegen den Arbeitgeber auf Abhilfe zu.[3]

Der Spruch der Einigungsstelle muss hinreichend bestimmt sein. Aus ihm muss hervorgehen, welche konkreten tatsächlichen Umstände die Einigungsstelle als zu vermeidende Beeinträchtigung angesehen hat. Ansonsten kann der Arbeitgeber nicht erkennen, welchen Zustand er zu beseitigen oder künftig zu vermeiden hat, so dass ihm eine wirksame Abhilfe nicht möglich ist (BAG, Beschluss v. 22.11.2005, 1 ABR 50/04[4]).

Für die Anfechtbarkeit der Entscheidungen der Einigungsstelle gilt § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG. Danach ist der Spruch von Arbeitgeber oder Betriebsrat (dagegen nicht vom beschwerdeführenden Arbeitnehmer) binnen einer Frist von 2 Wochen vom Tag der Zuleitung des Spruchs gerechnet anfechtbar und ist vom Arbeitsgericht auf Rechts- und Ermessensfehler zu überprüfen.

 

Rz. 26

Sofern die Beschwerde nicht zuvor vom Arbeitnehmer zurückgenommen wird, erledigt sie sich nicht bereits mit ihrer Anerkennung, sondern erst mit der tatsächlichen Abhilfe durch den Arbeitgeber. Von der Art und Weise der Abhilfe ist der Betriebsrat nach § 85 Abs. 3 BetrVG zu informieren. Auch der betroffene Arbeitnehmer muss hiervon in Kenntnis gesetzt werden, jedenfalls wenn er die Beschwerde auch beim Arbeitgeber eingelegt hat.[5] Nach anderer Auffassung ist der Arbeitnehmer immer davon zu unterrichten.[6]

 

Rz. 27

Wählt ein Arbeitnehmer den Weg des kollektiven Beschwerdeverfahrens, so darf ihm wegen der Erhebung der Beschwerde kein Nachteil entstehen, insoweit gilt § 84 Abs. 3 BetrVG entsprechend.[7]

[1] NZA 1985,189; Richardi/Thüsing, § 85 BetrVG Rz. 33.
[2] NZA 2006, 803; Richardi/Thüsing, § 85 BetrVG Rz. 32; GK-Wiese/Franzen, § 85 BetrVG Rn. 25.
[3] Fitting, § 85 BetrVG Rz. 9; DKK/Buschmann § 85 BetrVG Rz. 19.
[4] NZA 2006, 803.
[5] Richardi/Thüsing, § 85 BetrVG Rz. 36.
[6] Fitting, § 85 BetrVG Rz. 10.
[7] Vgl. Fitting, § 85 BetrVG Rz. 11; Richardi/Thüsing, § 85 BetrVG Rz. 38.

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