Rz. 7

Die Vorschrift will sicherstellen, dass alle Schutzvorschriften zugunsten der Arbeitnehmer auch tatsächlich eingehalten und angewendet werden. Der Begriff der "zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Verordnungen" ist deshalb weit auszulegen (BAG, Beschluss v. 19.10.1999, 1 ABR 75/98) und umfasst auch das Richterrecht.[1]

Sinn und Zweck der gesetzlich definierten Betriebsratsaufgaben ist es, die Arbeitnehmer an der Leitung und Gestaltung der sie betreffenden betrieblichen Ordnung zu beteilligen, um auf diese Weise das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehende Spannungsverhältnis zu verringern (LAG Köln, Beschluss v. 30.6.2000, 11 (12) TaBV 18/00). Erfasst werden deshalb alle Regelungen, die das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis als solches gestalten oder auf es gerade als Arbeitsverhältnis unmittelbar einwirken (BAG, Beschluss v. 11.12.1973, 1 ABR 37/73). Ein nur mittelbarer Bezug zum Arbeitsverhältnis reicht dementsprechend nicht aus. Pflichten des Arbeitgebers, die im Sozialversicherungsrecht wurzeln, fallen nicht in die Überwachungskompetenz des Betriebsrats (offengelassen von LAG Köln, Beschluss v. 30.6.2000, 11 (12) TaBV 18/00[2]).

 

Rz. 8

"Zugunsten der Arbeitnehmer" gelten die meisten arbeitsrechtlichen Gesetze, z. B. ArbZG, BEEG, BUrlG, EFZG, JArbSchG, KSchG, MuSchG. Schutzgesetze sind auch die Vorschriften über Teilzeitarbeit (TzBfG), die Arbeitnehmerüberlassung (AÜG), das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) und das Nachweisgesetz (NachwG) sowie das Schwerbehindertenrecht (SGB IX). Hierzu zählen auch die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Die Überwachungsaufgabe und das Überwachungsrecht des Betriebrats besteht auch dann, wenn im Betrieb ein Datenschutzbeauftragter bestellt ist, dem kraft Amtes die Sicherstellung der Vorschriften über den Datenschutz und damit die identische Überwachungsaufgabe obliegt (Art. 39 DS-GVO).

 
Hinweis

Allerdings kann sich ein Betriebsrat für ein Auskunftsbegehren im Zusammenhang mit dem BDSG bzw. der DS-GVO nur auf seine nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bestehende Überwachungsaufgabe berufen, wenn es sich bei den maßgeblichen Regelungen um "zugunsten der Arbeitnehmer geltende Vorschriften" handelt – die der Betriebsrat konkret benennen muss – und die begehrten Auskünfte hierfür "erforderlich" sind (BAG, Beschluss v. 23.3.2021, 1 ABR 31/19, Rn. 26 ff).

 

Rz. 9

Der Betriebsrat hat bei der Verwendung vom Arbeitgeber gestellter Formulararbeitsverträge ein Überwachungsrecht nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auf die Vereinbarkeit der Vertragsklauseln mit den Vorschriften des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB). Das Überwachungsrecht besteht aus einer Rechtskontrolle. Dem Betriebsrat obliegt im Rahmen seiner Mitbestimmung bei der Einstellung aber nicht die Vertragsinhaltskontrolle, ob individuelle Absprachen zwischen dem Arbeitgeber und dem einzustellenden Arbeitnehmer, z. B. zur Arbeitszeit, tarifwidrig sind (BAG, Beschluss v. 27.10.2010, 7 ABR 36/09, Rn. 29).

 
Hinweis

Bei Verwendung von mit dem Betriebsrat abgestimmten Formulararbeitsverträgen, hat dieser nur dann einen Anspruch auf Vorlage der ausgefüllten Arbeitsverträge, um die Einhaltung des Nachweisgesetzes zu überwachen, wenn er konkrete Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit weiterer Informationen darlegt (BAG, Beschluss v. 19.10.1999, 1 ABR 75/98). Durch die am 1.8.2022 in Kraft getretene Novellierung des NachwG sind weitere dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber in Schriftform nachzuweisende "wesentliche Vertragsbedingungen" hinzugekommen. Das Überwachungsrecht des Betriebsrats ist bei Formularverträgen aber auf die Prüfung beschränkt, ob nach Einschätzung eines objektiven Dritten eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die verwandten Vertragsklauseln den Anforderungen genügen, die nach dem Gesetz und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung gestellt werden (BAG, Beschluss v. 16.11.2005, 7 ABR 12/05). Hat ein Arbeitgeber die erweiterten Vorgaben des NachwG (noch) nicht umgesetzt, ist der Betriebsrat darauf beschränkt, die Nichtbeachtung der gesetzlichen Neuregelungen beim Arbeitgeber zu beanstanden und auf Abhilfe zu drängen (BAG, Beschluss v. 16.11.2005, 7 ABR 12/05, Rn. 26).

 

Rz. 10

Zu den Vorschriften gehören auch die Gesetze und Verordnungen zum Arbeitsschutz, insbesondere §§ 3 ff. ArbSchG, und Umweltschutzvorschriften, die auch arbeitnehmerschützenden Charakter haben. Vom Überwachungsauftrag erfasst werden auch die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes. Für die Überwachung des Höchstumfangs von Mehrarbeitsstunden bedarf es nach Auffassung des BAG allerdings nicht der Kenntnis der täglichen Arbeitszeitdauer. Soweit es um die Einhaltung der täglichen Höchstarbeitszeiten nach dem Arbeitszeitgesetz geht, genügt es, wenn der Betriebsrat darüber unterrichtet wird, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Grenze des § 3 S. 1 ArbZG überschritten wurde (BAG, Beschluss v. 6.6.2003, ...

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