Rz. 60

Nach § 80 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Eine Sachverständigentätigkeit i. S. d. Gesetzes liegt vor, wenn dem Betriebsrat in einer konkreten, aktuellen Frage die erforderliche Hilfestellung gewährt werden soll (BAG, Beschluss v. 13.9.1977, 1 ABR 67/75). Die Hinzuziehung eines Sachverständigen ist nur dann "erforderlich", wenn für die konkrete Aufgabenstellung weitergehender Informationsbedarf besteht, und sich der Betriebsrat das erforderliche Wissen anderweitig nicht beschaffen kann. Daher muss der Betriebsrat zuvor erst alle innerbetrieblichen Informationsmöglichkeiten ausgeschöpft haben (BAG, Beschluss v. 26.2.1992, 7 ABR 51/90). In diesem Zusammenhang kommt der mit dem BetrVG-Reformgesetz vom 23. Juli 2001 neu eingeführten Pflicht des Arbeitgebers zur Zurverfügungstellung betrieblicher Auskunftspersonen besondere Bedeutung zu.[1] Nach der Rechtsprechung des BAG fehlt es an der Erforderlichkeit für die Hinzuziehung eines externen Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 S. 1 BetrVG, wenn sich der Betriebsrat die fehlende Sachkunde kostengünstiger als durch die Beauftragung des Sachverständigen verschaffen kann. Der Betriebsrat ist aus den Grundsätzen der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Verhältnismäßigkeit verpflichtet, zum Erwerb des notwendigen Fachwissens zunächst die innerbetrieblichen Erkenntnisquellen zu erschließen, ehe die mit Kosten verbundene Beauftragung eines Sachverständigen als erforderlich angesehen werden kann (BAG, Beschluss v. 4.6.1987, 6 ABR 63/85, zu B II 1 b der Gründe). Die Mitglieder des Betriebsrats haben sich insbesondere um die selbstständige Aneignung der notwendigen Kenntnisse zu bemühen und ggf. weitere, ihnen vom Arbeitgeber gebotene Möglichkeiten der Unterrichtung durch sachkundige Arbeitnehmer des Betriebs oder Unternehmens zu nutzen, d. h. auch die sog. betrieblichen Auskunftspersonen (BAG, Beschluss v. 16.11.2005, 7 ABR 12/05). Dies darf der Betriebsrat nicht von vornherein mit der pauschalen Begründung ablehnen, diese Personen besäßen nicht das Vertrauen des Betriebsrats, weil sie im Dienste des Arbeitgebers stünden und deshalb nicht als neutral oder objektiv angesehen werden könnten (BAG, Beschluss v. 26.2.1992, 7 ABR 51/90, zu B III 1 b der Gründe).

 

Rz. 61

Die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Betriebsrat setzt voraus, dass dieser dem Betriebsrat fehlende Fachkenntnisse vermitteln soll, die dieser zur Wahrnehmung einer konkreten Aufgabe nach dem BetrVG benötigt. Das folgt daraus, dass der Betriebsrat erst "bei der Durchführung seiner Aufgaben" einen Sachverständigen hinzuziehen kann. Aufgabe des Sachverständigen ist es nicht, dem Betriebsrat fehlende Fachkenntnisse in bestimmten Angelegenheiten generell und auf Vorrat zu vermitteln (BAG, Beschluss v. 25.7.1989, 1 ABR 41/88). Dem Erwerb solcher erforderlichen oder geeigneten Kenntnisse für die Tätigkeit des Betriebsrats dienen die Schulungsansprüche des Betriebsrats und der Betriebsratsmitglieder nach § 37 Abs. 6 BetrVG oder § 37 Abs. 7 BetrVG. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen kommt damit erst dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat in der zu beurteilenden Angelegenheit abschließend unterrichtet hat, dem Betriebsrat dann immer noch die erforderliche Sachkunde fehlt und er sich diese auch nicht kostengünstiger, etwa durch den Besuch einschlägiger Schulungen oder durch Inanspruchnahme sachkundiger Betriebs- oder Unternehmensangehöriger verschaffen kann (BAG, Beschluss v. 26.2.1992, 7 ABR 51/90).

Auch Rechtsanwälte können Sachverständige sein, z. B. dann, wenn der Betriebsrat sich von ihnen gutachterlich in Rechtsfragen beraten lässt, für die ihm eigene (Rechts-)Kenntnisse fehlen. Rechtskenntnisse können Fachkenntnisse nach § 80 Abs. 3 BetrVG sein. Entscheidend ist, ob der Anwalt vom Betriebsrat zumindest auch zur Vorbereitung eines Rechtsstreits, zur Wahrung und Verteidigung von Rechten des Betriebsrats oder allein deshalb beauftragt wird, um ihm notwendige Rechtskenntnisse zu vermitteln, die er – unabhängig von einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber – für seine Betriebsratsarbeit benötigt oder die für ihn zur Bewältigung von Ausnahmesituationen erforderlich sind (LAG Köln, Beschluss v. 2.2.2007, 4 TaBV 61/06). Die Erstattung eines schriftlichen Gutachtens ist nicht notwendig. Der Sachverständige muss auch nicht "neutral" sein. Wenn der Rechtsanwalt den Betriebsrat aber beispielsweise in Interessenausgleichs- oder Sozialplanverhandlungen mit dem Arbeitgeber vertritt, ist er kein Sachverständiger im Sinne von § 80 Abs. 3 BetrVG. Kein Fall des § 80 Abs. 3 BetrVG liegt vor, wenn es um die Vertretung des Betriebsrats bei der Durchsetzung oder Ausübung seiner Mitbestimmungsrechte in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren oder Einigungsstellenverfahren oder...

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