Rz. 52

Der durch das BetrVG-Reformgesetz vom 23. Juli 2001 neu eingefügte § 80 Abs. 2 Satz. 3 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber, dem Betriebsrat sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung von Betriebsratsaufgaben erforderlich ist. Vor dem Hintergrund, dass der rasante technische und wirtschaftliche Wandel auch die Betriebsräte vor vielfältige neue, schwierige und komplexe Aufgaben stellt und die von den Betriebsparteien zu regelnden Sachverhalte immer komplizierter werden, soll der Betriebsrat nach dem Willen des Gesetzgebers die Möglichkeit erhalten, den internen Sachverstand der Arbeitnehmer zu nutzen und bei der Suche nach Problemlösungen einzubeziehen.[1] Dies soll in der Weise geschehen können, dass ein Arbeitnehmer im Rahmen einer Einzelfalllösung hinzugezogen wird oder aber auch ein oder mehrere sachkundige Arbeitnehmer zusammen mit Betriebsratsmitgliedern Arbeitskreise bilden können, um zu wichtigen komplexen Themen wie z. B. Qualifizierung, Beschäftigungssicherung oder Gesundheitsschutz im Betrieb eigene fundierte Vorschläge erarbeiten zu können. Die Vorschrift umfasst allerdings keine Beratungstätigkeit der Auskunftspersonen. Über mögliche Vorschläge zu beraten – und erst recht zu entscheiden – fällt ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats.[2]

 

Rz. 53

Nach dem Wortlaut der Neuregelung ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Betriebsrat die betriebliche(n) Auskunftsperson(en) unabhängig davon zur Verfügung zu stellen, ob dieser die Auskunftserteilung überhaupt wünscht. Voraussetzung für eine Zurverfügungstellung ist lediglich, dass diese zur ordnungsgemäßen Erfüllung von Betriebsratsaufgaben erforderlich ist. Mit Rücksicht auf die Gesetzesbegründung wird man § 80 Abs. 2 Satz. 3 BetrVG aber so auslegen müssen, dass die Auskunftspersonen zunächst nur auf Anforderung des Betriebsrats zur Verfügung zu stellen sind. Die Frage der Erforderlichkeit ist gegebenenfalls vor den Arbeitsgerichten im Beschlussverfahren zu klären (§ 2 a ArbGG, § 80 ff. ArbGG). Hier wird man auf die Rechtsprechung zur Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG zurückgreifen können.

 

Rz. 54

Ist die Hinzuziehung einer betrieblichen Auskunftsperson "erforderlich", hat der Betriebsrat auf die Hinzuziehung einen Anspruch. Das Recht des Betriebsrats auf Informationsbeschaffung mittels einer betrieblichen Auskunftsperson ist gegenüber den Informationsansprüchen des Betriebsrats auf der Grundlage von § 80 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BetrVG subsidiär. Erlangt der Betriebsrat dadurch nicht die benötigten Kenntnisse, hat er Anspruch auf die betriebliche Auskunftsperson. Die Auswahl der betrieblichen Auskunftsperson, die dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen ist, obliegt aber grundsätzlich dem Arbeitgeber. Nach § 80 Abs. 2 Satz. 3 HS 2 BetrVG hat dieser allerdings die Vorschläge des Betriebsrats, z. B. zur Person des sachkundigen Arbeitnehmers, zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten dem nicht entgegenstehen. Bei dem Begriff "betriebliche Notwendigkeiten" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Dieser ist im Streitfall von den Arbeitsgerichten im Beschlussverfahren jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auszufüllen. Teilweise wird man sich hierbei an der Auslegung des Begriffs der "betrieblichen Notwendigkeiten" im Zusammenhang mit dem Widerspruch des Arbeitgebers betreffend die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung wegen nicht ausreichender Berücksichtigung betrieblicher Notwendigkeiten bei der zeitlichen Lage orientieren können. Der Arbeitgeber wird die Zurverfügungstellung eines Arbeitnehmers wohl nicht mit der Begründung verweigern können, er halte einen anderen Arbeitnehmer für geeigneter, das Informationsbedürfnis des Betriebsrats zu befriedigen. Der Betriebsrat kann verlangen, die ihm zur Verfügung gestellten sachkundigen Arbeitnehmer in Abwesenheit des Arbeitgebers oder von ihm bestimmter Personen zu befragen.[3]

 

Rz. 55

Die Verpflichtung des Arbeitgebers betrifft die Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern i. S. v. § 5 Abs. 1 BetrVG. Eine Verpflichtung und (Berechtigung), dem Betriebsrat leitende Angestellte (§ 5 Abs. 3 BetrVG) zur Verfügung zu stellen, besteht nicht.[4] Zu den sachkundigen Arbeitnehmern gehören nur solche des Betriebs, nicht aber alle unternehmensangehörigen Arbeitnehmer. Dies folgt aus dem Zweck des § 80 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Die Aufgaben des Betriebsrats beziehen sich auf den Betrieb, für den er gebildet wurde. Deshalb bezweckt auch der Informationsanspruch zur sachgerechten Wahrnehmung dieser betriebsbezogenen Aufgaben allenfalls ein Ausschöpfen des betrieblichen Sachverstands, nicht aber eine Ausdehnung der Informationsquellen auf sämtliche unternehmensangehörigen Arbeitnehmer.[5]

 

Rz. 56

Die Einführung der "betrieblichen Auskunftspersonen" soll eine Zwischenstufe zwischen der ausschließlichen Befassung des Bet...

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