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Das Recht auf Einsichtnahme erstreckt sich auf alle Arten des Entgelts, d. h. die Tarifentlohnung, übertarifliche Zulagen sowie außertarifliche Vergütungen für AT-Angestellte, selbst wenn diese einzelvertraglich vereinbart worden sind (BAG, Beschluss v. 10.2.1987, 1 ABR 72/85). Der Darlegung eines besonderen Anlasses für die Ausübung des Einsichtsrechts bedarf es dabei auch im Hinblick auf individuell vereinbarte übertarifliche Vergütungen nicht. Insbesondere ist kein besonderes Überwachungsbedürfnis erforderlich (BAG, Beschluss v. 29.9.2020, 1 ABR 32/19). Der Betriebsrat benötigt die Kenntnis der effektiv gezahlten Vergütungen, um sich ein Urteil darüber bilden zu können, ob insoweit ein Zustand innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit[1] existiert oder nur durch eine andere betriebliche Lohngestaltung erreicht werden kann. Ein Einsichtsrecht besteht deshalb nach der Rechtsprechung des BAG auch dann, wenn der Betriebsrat gerade feststellen will, welche Arbeitnehmer Sonderzahlungen erhalten und wie hoch diese sind.[2]

 
Wichtig

Das Einsichtsrecht besteht nur, soweit die Einsicht zur Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist. Die Grenzen des Einsichtsrechts liegen dort, wo ein Beteiligungsrecht oder eine sonstige Aufgabe offensichtlich nicht in Betracht kommt. Der notwendige Aufgabenbezug ist allerdings regelmäßig schon deshalb gegeben, weil der Betriebsrat nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG darüber zu wachen hat, dass u. a. die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze durchgeführt werden. Hierzu gehört auch die sich aus § 75 Abs. 1 BetrVG ergebende Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beachtung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Zu beachten ist aber, dass die in § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG genannte Überwachungsaufgabe des Betriebsrats vorrangig gegenwarts- und zukunftsbezogen ist, um den Arbeitgeber im Einzelfall zu künftiger Rechtsbefolgung anzuhalten. Vergangenheitsbezogene Daten können daher allenfalls dann relevant sein, wenn der Betriebsrat eine besondere Notwendigkeit nachweist.

Verweist der Betriebsrat auf seine Aufgaben zur Förderung der Durchsetzung der Entgeltgleichheit (§ 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG) reicht allein dies nicht aus. Es ist in diesem Falle eine nähere Darlegung erforderlich, für welche konkreten Fördermaßnahmen bestimmte Auskünfte benötigt werden (BAG, Beschluss v. 29.9.2020, 1 ABR 32/19, Rn. 13).

Ein allgemein gehaltener Hinweis auf die gesetzlichen Aufgaben nach den beiden Bestimmungen unter bloßer Wiederholung des Gesetzeswortlauts ist nach Auffassung des BAG regelmäßig unzureichend.

Das Einsichtsrecht besteht auch in Tendenzbetrieben, und zwar ohne Unterschied, ob es sich um die Gehälter von Tendenzträgern handelt, oder nicht. Durch bloße Informations-, Anhörungs- und Beratungsrechte des Betriebsrats wird ein Tendenzunternehmen in der Verfolgung seiner geistig-ideellen Ziele grundsätzlich nicht gehindert oder ernsthaft beeinträchtigt. Dessen Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Entscheidung bleibt trotz der Beteiligung des Betriebsrats in vollem Umfang erhalten. Durch die Einsicht in die Gehaltslisten von Tendenzträgern wird dem Betriebsrat auch kein verfassungsrechtlich unzulässiger Einfluss auf die geistig-ideelle Zielsetzung des Arbeitgebers eröffnet (BAG, Beschluss v. 30.6.1981, 1 ABR 26/79 zu B II 1 der Gründe; BVerwG, Beschluss v. 22.4.1998, 6 P 4/97). Die Entscheidung über die Gehaltshöhe eines Tendenzträgers mag Tendenzbezug haben, sie ist aber im Zeitpunkt der Einsichtnahme des Betriebsrats bereits gefallen (BAG, Beschluss v. 13.2.2007, 1 ABR 14/06; vgl. für technisches Personal eines Tendenzbetriebs BAG, Beschluss v. 30.4.1974, 1 ABR 33/73; für den Anspruch auf Einsichtnahme in die Gehaltslisten von Zeitungsredakteuren BAG, Beschluss v. 30.6.1981, 1 ABR 26/79, zu B II 1 der Gründe sowie von Lehrern und Erziehern an einer Privatschule BAG, Beschluss v. 22.5.1979, 1 ABR 45/77, zu II 2 c aa der Gründe; hinsichtlich der Gagenlisten von künstlerisch tätigem Theaterpersonal BAG, Beschluss v. 13.2.2007, 1 ABR 14/06).

Erfasst werden auch freiwillig gezahlte Prämien sowie freiwillige gelegentliche Zahlungen. Das Einsichtsrecht umfasst alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, unabhängig davon, ob es sich um einmalige oder wiederkehrende Leistungen des Arbeitgebers handelt und unabhängig davon, ob sie kollektivrechtlich oder einzelvertraglich vereinbart sind. § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG lässt sich nach der Rechtsprechung nicht entnehmen, dass bestimmte Lohnbestandteile generell vom Einsichtsrecht des Betriebsrats ausgenommen sind.[3]

Auch wenn für die Arbeitsverhältnisse in einem Betrieb kein Tarifvertrag gilt, berührt dies das Einsichtsrecht nicht (BAG, Beschluss v. 30.4.1981, 6 ABR 77/78). Das Einsichtsrecht besteht nur für Löhne und Gehälter der bereits im Betrieb tätigen Arbeitnehmer, nicht für erst einzustellende Arbeitnehmer. Es erstreckt sich nicht auf die Gehälter leitender Angestellter i. S. v. § 5 Abs. 3 BetrVG. Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet...

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