1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 70 BetrVG, der sich an § 80 BetrVG betreffend die allgemeinen Aufgaben des BR anlehnt, weist der JAV bestimmte, allgemeine Aufgaben zu. Der Kreis dieser Aufgaben ist für die JAV – ebenso wie für den BR – durch das BetrVerf-ReformG 2001 erweitert worden. So sind insbesondere die Aufgaben, Maßnahmen zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter (§ 70 Abs. 1 Nr. 1a BetrVG), zur Integration von ausländischen Jugendlichen und Auszubildenden (§ 70 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG) sowie zur Übernahme der Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis nach Abschluss der Ausbildung (§ 70 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) damals neu in den Katalog der allgemeinen Aufgaben aufgenommen worden. Aus Sicht des Gesetzgebers dienen diese Aufgaben bedeutsamen gesellschafts- und arbeitsmarktpolitischen Zwecken.[1]

Darüber hinaus obliegen der JAV allgemeine Aufgaben, insbesondere im Zusammenhang mit Fragen der Berufsausbildung (§ 70 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 BetrVG).

Ein in die JAV nachgerücktes Ersatzmitglied genießt den nachwirkenden Schutz gem. § 78a Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 BetrVG nur dann, wenn es während der Vertretungszeit konkrete, der JAV nach § 70 BetrVG zustehende Aufgaben auch tatsächlich wahrgenommen hat.[2]

 

Rz. 2

Die JAV hat die ihr übertragenen allgemeinen Aufgaben über den BR wahrzunehmen. Nur der BR, nicht die JAV selbst kann mit dem Arbeitgeber verhandeln.[3] Demzufolge verpflichtet § 70 Abs. 2 BetrVG den BR, die JAV über die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Tatsachen zu informieren und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

[1] BT-Drucks. 14/5741 S. 44, 45.
[3] S. dazu auch Kommentierung zu § 60 BetrVG.

2 Allgemeine Aufgaben im Einzelnen

2.1 Allgemeines

 

Rz. 3

Die allgemeinen Aufgaben, die § 70 BetrVG der JAV überträgt, haben sowohl beratenden als auch überwachenden Charakter. Ihre Wahrnehmung und Erfüllung erfolgt über den BR. Deshalb ist eine dauerhafte und gute Zusammenarbeit zwischen JAV und BR erforderlich.

Hält der Betriebsrat den Antrag der JAV für sachdienlich, ist er verpflichtet, beim Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken. Bei einer Besprechung mit dem Arbeitgeber ist unter den Voraussetzungen des § 68 BetrVG die gesamte JAV zu beteiligen.

 

Rz. 4

Der Katalog des § 70 Abs. 1 BetrVG sieht sowohl Antragsrechte als auch Überwachungs- und Anregungsrechte der JAV in verschiedenen Angelegenheiten vor, die Jugendliche und Auszubildende betreffen.

2.2 Antragsrechte

2.2.1 Allgemeines

 

Rz. 5

Die Nrn. 1, 1a und 4 des Katalogs in § 70 Abs. 1 BetrVG gewähren der JAV das Recht, beim Betriebsrat verschiedene Maßnahmen zu beantragen. Voraussetzung in allen 3 Fällen ist, dass es sich bei den beantragten Maßnahmen um solche handelt, für die der BR zuständig ist. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, besteht kein Antragsrecht der JAV.

 

Rz. 6

Die JAV hat die Maßnahmen nach den genannten Regelungen beim BR zu beantragen. Voraussetzung dafür ist, dass die JAV einen entsprechenden Beschluss gefasst hat.[1] Der Vorsitzende der JAV ist nicht kraft Amtes zur Stellung entsprechender Anträge berechtigt.[2]

 

Rz. 7

Der BR seinerseits ist dazu verpflichtet, die Anträge der JAV entgegenzunehmen und sich mit ihnen zu befassen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann – insbesondere, wenn er wiederholt begangen wird – die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 BetrVG mit den sich danach ergebenden Folgen erfüllen. Bei der Behandlung der Anträge der JAV durch den BR wird die JAV vielfach gem. § 67 Abs. 1 Satz 2 BetrVG zu beteiligen sein.[3]

 

Rz. 8

Eine Verpflichtung des BR, die Anträge der JAV gegenüber dem Arbeitgeber weiterzuverfolgen, besteht nicht. Die Entscheidung darüber liegt im Ermessen des BR.[4] Der BR ist jedoch verpflichtet, die JAV über die weitere Behandlung ihrer Anträge zu informieren, sofern sie nicht ohnehin gem. § 67 BetrVG an der BR-Sitzung, in der über ihren Antrag beraten worden ist, bzw. an der Beschlussfassung des BR hierüber teilgenommen hat.

 

Rz. 9

Hält der BR einen Antrag der JAV für berechtigt, ist er im Rahmen seines Ermessens verpflichtet, die Sache mit dem Arbeitgeber zu beraten.[5] Bei dieser Beratung hat die JAV ggf. ein Teilnahmerecht gem. § 68 BetrVG.[6]

[1] Fitting/Schmidt u. a., § 70 BetrVG Rz. 8.
[2] Fitting/Schmidt u. a., § 70 BetrVG Rz. 8.
[3] S. dazu oben Kommentierung zu § 67 BetrVG.
[4] Richardi/Annuß, § 70 BetrVG Rz. 10.
[5] Fitting/Schmidt u. a., § 70 BetrVG Rz. 11.
[6] S. dazu auch Kommentierung oben zu § 68 BetrVG.

2.2.2 Maßnahmen im Einzelnen

2.2.2.1 Maßnahmen, die den in § 60 Abs. 1 BetrVG Genannten dienen

 

Rz. 10

Die Regelung in § 70 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gewährt der JAV ein allgemeines Initiativrecht. Danach kann sie beim BR alle Maßnahmen beantragen, die den Jugendlichen und Auszubildenden des Betriebs dienen.

 

Beispiele für derartige Maßnahmen:

  • Fragen der Arbeitszeit der Jugendlichen und Auszubildenden
  • Fragen besonderer Sozialleistungen für Jugendliche und Auszubildende (z. B. Einrichtung einer betrieblichen Jugendsportgruppe)
  • Fragen der Urlaubsregelung der Jugendlichen und Auszubildenden;
  • Fragen der betrieblichen Berufsausbildung (z. B. Gestaltung des Ausbildungsplans, Erstellung von Beurteilungsbögen, Einsatz von Ausbildern etc.)
  • Fra...

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