Rz. 16

Hat der Wahlvorstand in der ersten Stufe vor der Wahl ermittelt, wie viele Sitze in der JAV auf die jeweiligen Geschlechtergruppen entfallen, hat er nach der Wahl in der zweiten Stufe festzustellen, welche Kandidaten konkret einen Sitz in der JAV erhalten haben. Dabei ist gem. § 39 WO BetrVG 2001 danach zu unterscheiden, ob mehrere gültige Vorschlagslisten eingereicht worden sind oder nur eine.

 

Rz. 17

Sind mehrere Listen eingereicht worden, erfolgt die Wahl als Verhältniswahl. Die Verteilung der Sitze richtet sich nach § 39 Abs. 2, § 15 WOBetrVG 2001. Die Sitze werden danach zunächst nach dem d´Hondt`schen Verfahren ohne Rücksicht auf das Geschlecht verteilt. Dabei werden den Listen Höchstzahlen zugeordnet. Sodann erhält jede Vorschlagsliste so viele Mitgliedersitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Entfällt die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Vorschlagslisten, so entscheidet das Los darüber, welcher Vorschlagsliste dieser Sitz zufällt. Sofern eine Liste weniger Bewerber enthält, als Höchstzahlen und damit auch Sitze auf sie entfallen, gehen die überschüssigen Sitze auf die anderen Listen über, und zwar auf diejenigen mit den folgenden Höchstzahlen. Entsprechend den auf die einzelnen Listen entfallenden Höchstzahlen, die für einen Sitz in Betracht kommen, sind dann die Bewerber der einzelnen Listen in der Reihenfolge gewählt, in der sie auf der Liste aufgeführt sind. Hat nach der Verteilung entsprechend dem vorgenannten Verfahren nicht die in der 1. Stufe ermittelte, erforderliche Anzahl der Kandidaten des Minderheitsgeschlechts einen Sitz erhalten, ist ein kompliziertes Korrekturverfahren zu durchlaufen. Grundlage hierfür ist § 15 Abs. 5 WO BetrVG 2001.

 
Praxis-Beispiel

Von 120 Wahlberechtigten i. S. d. § 60 BetrVG sind im Betrieb B 40 Frauen. Die JAV besteht gem. § 62 Abs. 1 aus 7 Mitgliedern. Den Frauen stehen 2 der insgesamt 7 Sitze als Mindestsitze zu[1], den Männern die übrigen 5 Sitze.

Das Wahlergebnis sieht wie folgt aus: Auf Liste 1 entfallen 60, auf Liste 2 30 und auf Liste 3 20 Stimmen. Gem. § 15 WO BetrVG 2001 sind nach dem d´Hondt`schen Verfahren zunächst Zahlenreihen aufzustellen. Dabei sind die auf die jeweilige Liste entfallenden Stimmenzahlen der Reihe nach durch 1, 2, 3, 4, 5 usw. zu teilen. Dadurch ergeben sich die so genannten Höchstzahlen. Diese Höchstzahlen werden im nächsten Schritt den konkreten Bewerbern auf den Listen zugeordnet, wobei die Reihenfolge innerhalb der einzelnen Vorschlagslisten entscheidend ist:

 

Berechnung 1:

Liste 1 (60 Stimmen) Liste 2 (30 Stimmen) Liste 3 (20 Stimmen)
Herr A (60)* Frau I (30)* Herr P (20)*
Frau B (30)* Herr J (15)* Frau Q (10)
Herr C (20)* Herr K (10) Herr R (6,7)
Herr D (15)* Herr L (7,5) Herr S (5)
Herr F (12) Herr M (6) Frau T (4)
Herr G (10) Herr N Herr U
Frau H (8,6) Herr O Herr V
    Herr X

Die Verteilung der 7 Sitze hat auf der Grundlage der zugewiesenen Höchstzahlen zu erfolgen. Danach wären Herr A, Frau B, Herr C, Herr D, Frau I, Herr J und Herr P gewählt.

Danach ist zu überprüfen, ob dem weiblichen Minderheitengeschlecht die ihm zustehenden 2 Mindestsitze (s. o.) zuteil wurden. Dies ist hier der Fall, denn mit Frau B und Frau I sind 2 Frauen in die JAV gewählt worden. Ein Korrekturverfahren gem. § 15 Abs. 5 WO BetrVG 2001 hat nicht stattzufinden.

 

Berechnung 2 (Abwandlung):

Liste 1 (60 Stimmen) Liste 2 (30 Stimmen) Liste 3 (20 Stimmen)
Herr A (60)* Frau I (30)* Herr P (20)*
Herr B (30)* Herr J (15) (x) Frau Q (10)
Herr C (20)* Herr K (10) Herr R (6,7)
Herr D (15) (x) Herr L (7,5) Herr S (5)
Herr F (12) Herr M (6) Frau T (4)
Herr G (10) Herr N Herr U
Frau H (8,6) Herr O Herr V
    Herr X

Bei einer Verteilung der 7 Sitze auf der Grundlage der zugewiesenen Höchstzahlen wären die Herren A, B, C, D, J und P sowie Frau I zu berücksichtigen. Damit würde das weibliche Minderheitengeschlecht nur einen statt der ihm zustehenden 2 Sitze erhalten. In diesem Fall muss das Korrekturverfahren des § 15 Abs. 5 WO BetrVG 2001 durchlaufen werden. Gem. § 15 Abs. 5 Nr. 1 rückt an die Stelle des auf der Vorschlagsliste mit der niedrigsten Höchstzahl benannten Bewerbers des Mehrheitsgeschlechts (hier: Männer) der in derselben Vorschlagsliste in der Reihenfolge nach ihm benannte, nicht berücksichtigte Vertreter des Minderheitsgeschlechts (hier: Frauen). Die mit der niedrigsten Höchstzahl (15) benannten Bewerber des Mehrheitsgeschlechts sind im obigen Beispielsfall 2 Männer, die Herren D und J, die auf unterschiedlichen Listen (Liste 1 und 2) stehen. In diesem besonderen Fall muss zunächst durch Los entschieden werden, welcher der beiden Herren seinen Sitz verliert.

Ausnahme 1

Herr D verliert das Losverfahren und damit seinen Sitz. In diesem Fall tritt an seine Stelle die nächste nicht berücksichtigte Frau in seiner Liste (Liste 1), also Frau H. Gewählt sind dann die Herren A, B, C, J, P sowie die Damen I und H.

Ausnahme 2

Herr J verliert das Losverfahren und damit seinen Sitz. An sich müsste er durch die nächste Frau seiner Liste...

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