Rz. 15

Nach § 38 i. V. m. § 5 WOBetrVG 2001 hat der Wahlvorstand zunächst vor der Wahl festzustellen, welches Geschlecht im Betrieb in der Minderheit ist und sodann die Mindestsitze in der JAV für dieses Minderheitengeschlecht nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zu ermitteln. Der Wahlvorstand muss also zunächst auf der Basis der am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens im Betrieb beschäftigten männlichen und weiblichen Jugendlichen und Auszubildenden ermitteln, ob und wenn ja welches Geschlecht in der Minderheit ist. Dazu ist die Gesamtzahl der im Betrieb nach § 61 BetrVG Wahlberechtigten[1] zu errechnen sowie der jeweilige Anteil der Geschlechter. Das dritte Geschlecht ist dabei nicht als Geschlecht in der Minderheit zu berücksichtigen (s. o.). Danach ist das d´Hondt`sche Verfahren gem. § 38 i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 ff. WO BetrVG 2001 anzuwenden.

 
Praxis-Beispiel

Bei der A AG werden am Tag des Erlasses der Wahlordnung 96 Arbeitnehmer, die gem. § 61 BetrVG wahlberechtigt zur JAV sind (Jugendliche unter 18 Jahre und Auszubildende), beschäftigt. Von diesen 96 Arbeitnehmern sind 80 weiblich, 16 männlich. Die Männer sind also das Minderheitengeschlecht. Gem. § 62 Abs. 1 BetrVG besteht die zu wählende JAV aus 5 Mitgliedern. Unter Anwendung des d´Hondt`schen Verfahrens ergibt sich folgende Verteilung auf die Geschlechter:

 
Frauen: Männer:
(80)* (16)?
(40)* (8)
(26,7)* (5,3)
(20)* (4)
(16)? (3,2)

Auf die Frauen entfallen die Höchstzahlen 80; 40; 26,7 und 20. Gem. § 5 Abs. 2 WO BetrVG 2001 stehen den Frauen damit 4 Sitze in der JAV zu. Die nächste Höchstzahl (16) entfällt gleichermaßen auf die Frauen wie die Männer. Bezüglich dieses 5. Sitzes in der JAV wird gem. § 5 Abs. 2 Satz 3 gelost. Gewinnen die Frauen, erhält das Minderheitengeschlecht der Männer keinen Sitz in der JAV. In diesem Fall läuft § 15 Abs. 2 BetrVG leer. Gleiches gilt, wenn die Frauen auch die 5. Höchstzahl hätten. Auch in diesem Fall stünde dem Minderheitengeschlecht der Männer kein Sitz in der JAV zu. Einen garantierten Mindestplatz gibt es also nach den gesetzlichen Regelungen nicht. Wird dessen ungeachtet im Wahlausschreiben mitgeteilt, dass das Minderheitengeschlecht auf jeden Fall einen oder mehrere Plätze zu beanspruchen hat oder erhält es de facto in Abweichung von der Verteilung, wie sie sich rechnerisch nach der WO ergibt, einen oder mehrere Plätze, ist die Wahl zwar nicht nichtig, aber anfechtbar (BAG, Beschluss v. 10.3.2004, 7 ABR 49/03).

Würde dagegen im oben genannten Beispiel die 5. Höchstzahl allein auf die Männer entfallen, stünde ihnen nach § 62 Abs. 3 BetrVG als Minderheitengeschlecht mindestens 1 Sitz in der JAV zu (zu weiteren Praxisbeispielen und Berechnungen gem. § 5 WOBetrVG 2001.[2]

[1] S. dazu Kommentierung zu § 61 Rz. 3 ff.
[2] S. auch Heise/Merten, Betriebsratswahlen, Durchführung und rechtliche Grundlagen für Unternehmen, 5. Aufl. 2014, S. 220 ff.

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