1 Allgemeines

 

Rz. 1

Der Dritte Teil des BetrVG enthält in den §§ 6073b BetrVG Regelungen über die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV).

Bereits im BetrVG 1952 fanden sich Regelungen über die Jugendvertretung, allerdings nur in Grundzügen und unsystematisch. Das BetrVG 1972 hat diese Regelungen in einem eigenen Teil zusammengefasst und erweitert. Gleichzeitig sind die Rechte und Aufgaben, die Stellung und die Organisation der Jugendvertretung erheblich ausgebaut worden, um jugendliche Arbeitnehmer zu motivieren, sich stärker am betrieblichen Geschehen zu beteiligen und einzubringen. Eine weitere Änderung und Ausweitung erfuhren die Vorschriften über die Jugendvertretung durch das Gesetz zur Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Betrieben (JAVG) vom 13.7.1988[1] und durch das Änderungsgesetz von 1989.[2]

 

Rz. 2

Das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-ReformG) vom 27.7.2001[3] hat zu weiteren umfassenden Änderungen und einer Erweiterung der Rechte der Jugendvertretung geführt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die Neuerungen dazu beitragen, die betriebliche Interessenvertretung für junge Arbeitnehmer und Auszubildende attraktiver zu machen und die Effizienz der Arbeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung zu steigern.[4] Entsprechend hat der Gesetzgeber in Betrieben mit 5 – 50 bzw. mit 51 – 100 jugendlichen Arbeitnehmern die Bildung einer JAV u. a. durch die Einführung eines vereinfachten Wahlverfahrens (s. dazu im Einzelnen § 63 Abs. 4 und Abs. 5 BetrVG) erleichtert. Ähnlich wie auch beim Betriebsrat hat er darüber hinaus die Grenzzahlen in § 62 BetrVG abgesenkt mit der Folge, dass sich die Zahl der Mitglieder der JAV erhöht hat. Die Zuständigkeit der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung (GesJAV) ist gem. § 73 Abs. 2 i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) auf Betriebe ohne JAV ausgeweitet worden, um eine einheitliche Vertretung aller jugendlichen Arbeitnehmer zu bewirken.[5] Die neu eingefügten §§ 73a und 73b BetrVG ermöglichen erstmals die Bildung einer Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung (KJAV). Diese soll in erster Linie die Interessen junger Arbeitnehmer bei einheitlichen Entscheidungen zur Berufsbildung auf der Ebene des Konzerns wahrnehmen.[6] Voraussetzung ist, dass sich eine qualifizierte Mehrheit der GesJAV aller Konzernunternehmen für die Bildung einer KJAV ausspricht.

Die Regelungen der §§ 60 ff. BetrVG werden ergänzt durch die Vorschriften in §§ 3840 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (Wahlordnung – WO BetrVG 2001) vom 11.12.2001.[7]

Durch das Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz, BRModG) vom 14. Juni 2021 sind nicht nur die Regelungen für den Betriebsrat in wesentlichen Teilen geändert worden, sondern auch die Regelungen für die JAV in §§ 60 ff. BetrVG.[8]

Eine wesentliche Änderung liegt im Wegfall der Altersgrenze für Auszubildende. Für die Möglichkeit der Wahl einer JAV ist es künftig ausreichend, dass mindestens fünf Auszubildende in einem Betrieb beschäftigt sind, ohne dass es auf ihr Alter ankommt. Anders als nach den bisherigen Regelungen sind also auch Auszubildende, die älter als 25 Jahre sind, bei der Frage, ob in einem Betrieb eine JAV zu wählen ist, zu berücksichtigen. Die Änderung in § 60 BetrVG führt auch zur Änderung der Wahlberechtigung nach § 61 Abs. 1 BetrVG, der auf § 60 BetrVG verweist. Gleiches gilt für die Wählbarkeit nach § 61 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Damit sind seit dem 18.6.2021 nicht nur Arbeitnehmer des Betriebs bis zur Vollendung ihres 25. Lebensjahres zur JAV wählbar, sondern alle Auszubildenden unabhängig von ihrem Alter.

Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz findet auch eine Ausweitung des vereinfachten Wahlverfahrens zur JAV statt. Das vereinfachte Wahlverfahren kann nach § 63 Abs. 5 BetrVG[9] nun in Betrieben mit 101 bis 200 jugendlichen Arbeitnehmern oder Auszubildenden durchgeführt werden. Zuvor war dies in Betrieben mit 51 bis 100 jugendlichen Arbeitnehmern oder Auszubildenden zulässig. Nach § 64 Abs. 3 BetrVG ist nun klargestellt, dass ein Mitglied der JAV nicht nur dann bis zum Ende der Amtszeit der JAV im Amt bleibt, wenn es während dieser Amtszeit sein 25. Lebensjahr vollendet, sondern auch dann, wenn es unabhängig von seinem Alter seine Berufsausbildung beendet.

 

Rz. 3

Die Vorschriften der §§ 60 ff. BetrVG sind auch mit dem Regelungsinhalt, die sie jetzt durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz bekommen haben, zwingendes Recht und können weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abbedungen oder geändert werden.[10] Die Bildung einer JAV kann nicht ausgeschlossen werden.

Die Vorschriften über die JAV gelten nicht für den Bereich der Seeschifffahrt, allerdings finden sie gem. § 114 Abs. 5 BetrVG Anwendung auf die Landbetriebe von Seeschifffahrtsunternehmen.

 

Rz. 4

Trotz der umfassenden gesetzlichen Änderungen und des Ausbaus der JV zu einer JAV steht sie na...

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