Rz. 18

Praxisrelevant sind die Auswirkungen von Betriebsübergängen und gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen auf das Bestehen des Gesamtbetriebsrats und die Fortgeltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen.[1]  Grundsätzlich ist das Bestehen des Gesamtbetriebsrats an den Bestand des Unternehmens geknüpft.[2]  Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 BetrVG ("Bestehen in einem Unternehmen mehrere Betriebe…"). Besteht das Unternehmen als solches aber nicht fort, geht auch der Gesamtbetriebsrat unter.[3]  Dieser muss ggf. neu errichtet werden, wenn die Voraussetzungen für seine Errichtung gemäß § 47 Abs. 1 BetrVG nach der Umstrukturierung vorliegen.

Im Einzelnen ergeben sich die folgenden Fallvarianten:

 

Rz. 19

Verkauft der Gesellschafter seine Anteile an einem Unternehmen, in dem ein Gesamtbetriebsrat besteht, im Rahmen eines sog. Share Deal, hat dies für den Gesamtbetriebsrat keinerlei Auswirkung. Das Unternehmen bleibt in seinem Bestand unberührt und erhält nur einen neuen Eigentümer.

 

Rz. 20

Ein Betriebsübergang nach § 613a BGB kann für den Gesamtbetriebsrat verschiedene Rechtsfolgen haben. Überträgt ein Unternehmen seine sämtlichen Betriebe auf zwei andere, rechtlich selbstständige Unternehmen, endet das Amt des in dem übertragenden Unternehmen gebildeten Gesamtbetriebsrats, da die gesetzlichen Voraussetzungen für den Gesamtbetriebsrat entfallen (BAG, Beschluss v. 5.6.2002, 7 ABR 17/01[4]).

 

Rz. 21

Der Fortbestand des bisherigen Gesamtbetriebsrats kommt nur in Betracht, wenn der Erwerber, in dessen Unternehmen bislang keine Betriebe bestanden, alle Betriebe des alten Unternehmens (Veräußerers) übernimmt und die Betriebsidentität aller Betriebe erhalten bleibt[5]. Da bei fortbestehender Betriebsidentität die Betriebsräte, die Mitglieder in den Gesamtbetriebsrat entsenden im Amt bleiben, wäre die Neuerrichtung eines Gesamtbetriebsrats eine überflüssige Formalie.

 

Rz. 22

Der Fortbestand des Gesamtbetriebsrats scheidet hingegen aus, wenn nicht sämtliche Betriebe eines Unternehmens auf den neuen Inhaber übertragen werden oder das übernehmende Unternehmen bereits einen oder mehrere Betriebe hat und sich die betrieblichen Strukturen im übernehmenden Unternehmen durch Integration der neuen Betriebe in das Unternehmen entsprechend ändern. In diesem Fall entfallen die Grundlagen für die Errichtung dieses Gesamtbetriebsrats. Es muss vielmehr ein neuer Gesamtbetriebsrat von den nunmehr wenigstens teilweise neu gewählten Betriebsräten nach den gesetzlichen Vorgaben des § 47 BetrVG errichtet werden. Das gilt bereits dann, wenn die betriebsverfassungsrechtliche Identität eines Betriebs im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang verändert wird (BAG, Beschluss v. 5.6.2002, 7 ABR 17/01[6]).

 

Rz. 23

Verbleiben nach der Übertragung eines oder mehrerer Betriebe noch mindestens zwei Betriebe beim Betriebsveräußerer, so besteht für diese der bisherige Gesamtbetriebsrat weiter, jedoch ohne die Mitglieder der übertragenen Betriebe[7], sodass sich die Zahl der Mitglieder des Gesamtbetriebsrats reduziert.

 

Rz. 24

Geht ein Betrieb unter Wahrung der Betriebsidentität auf den Erwerber über, bleibt der in dem Betrieb bestehende Betriebsrat im Amt (BAG, Beschluss v. 5.6.2002, 7 ABR 17/01[8]). Besteht bei dem Betriebsübernehmer bereits ein Gesamtbetriebsrat, entsendet der hinzukommende Betriebsrat Mitglieder in diesen Gesamtbetriebsrat, dessen Mitgliederzahl sich dadurch erhöht (BAG, Beschluss v. 16.3.2005, 7 ABR 37/04[9]). Dadurch kann sich auch die Zahl der weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses (§ 51 Abs. 1 S. 2 BetrVG) erhöhen, der in diesem Fall komplett neu zu wählen ist (BAG, Beschluss v. 16.3.2005, 7 ABR 37/04[10]).

 

Rz. 25

Besteht in dem übernehmenden Unternehmen bislang kein Gesamtbetriebsrat, ist ein solcher aufgrund des Hinzutretens eines neuen Betriebs gemäß § 47 Abs. 1 BetrVG erstmals zu bilden, wenn nach dem Betriebsübergang in dem Unternehmen nun zwei Betriebe mit Betriebsrat bestehen (BAG, Beschluss v. 18.9.2002, 1 ABR 54/01[11]).

 

Rz. 26

Kommt es durch Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft zu einer Anwachsung der Anteile am Gesellschaftsvermögen bei den anderen Gesellschaftern (vgl. § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB), ist dieser Fall wie ein Betriebsübergang zu behandeln.[12]

 

Rz. 27

Ändert ein Unternehmen durch einen Formwechsel (§ 190 UmwG) sein "Rechtskleid" (z. B. Änderung der Rechtsform von einer GmbH in eine AG), bleibt das Unternehmen als solches davon unberührt (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Daher hat der Formwechsel auch keine Auswirkungen auf das Bestehen des Gesamtbetriebsrats.[13]

 

Rz. 28

Werden zwei Unternehmen im Wege der Verschmelzung zur Neugründung (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) auf einen neu gegründeten Rechtsträger vereint, erlöschen die übertragenden Rechtsträger (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Damit geht auch der bei diesen Rechtsträgern bestehende Gesamtbetriebsrat jeweils unter. Ein Gesamtbetriebsrat ist dann im neu entstehenden Unternehmen zu errichten.[14]

 

Rz. 29

Bei einer Verschmelzung zur A...

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