Rz. 36

An einer Betriebsversammlung teilnahmeberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, § 42 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz BetrVG. Wer Arbeitnehmer ist, ergibt sich aus § 5 Abs. 1 BetrVG. Dies sind die Arbeiter und Angestellten einschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. Ob eine Wahlberechtigung nach § 7 BetrVG besteht, ist ohne Belang. Auch kommt es nicht auf den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung und -vergütung an. Das Teilnahmerecht erstreckt sich daher auch auf Teilzeitbeschäftigte, befristet Beschäftigte und auch auf sog. Ein-Euro-Jobber.[1] Aus § 5 Abs. 3 BetrVG folgt jedoch, dass leitende Angestellte nicht teilnahmeberechtigt sind.

 
Hinweis

Leitende Angestellte können vom Arbeitgeber aber als Berater hinzugezogen oder als Vertreter entsandt werden.[2] Zudem können sie als Gäste teilnehmen, wenn weder Betriebsrat noch Belegschaft noch Arbeitgeber Einwände erheben.[3]

 

Rz. 37

Allein das Bestehen eines Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses zwischen dem Beschäftigten und dem Arbeitgeber rechtfertigt nicht, ihn im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn als Arbeitnehmer "des Betriebs" anzusehen. Neben dem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses setzt dies vielmehr stets zusätzlich seine tatsächliche Eingliederung in die Betriebsorganisation voraus (BAG, Beschluss v. 5.12.2012, 7 ABR 48/11[4]; BAG, Beschluss v. 24.8.2011, 7 ABR 8/10[5]). Hierfür ist nicht entscheidend, ob der Arbeitnehmer im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt wird. Der Betriebsbegriff ist nicht räumlich zu verstehen. Entscheidend ist vielmehr für die Eingliederung in die Betriebsorganisation, ob der Arbeitgeber mit Hilfe des Arbeitnehmers den arbeitstechnischen Zweck seines Betriebs verfolgt (BAG, Beschluss v. 22.3.2000, 7 ABR 34/98[6]; LAG München, Beschluss v. 7.7.2010, 5 TaBV 18/09). Der betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung steht deshalb grundsätzlich auch eine vorübergehende Abwesenheit des Arbeitnehmers nicht entgegen, solange seine Rückkehr in den Betrieb vorgesehen ist (BAG, Beschluss v. 15.8.2012, 7 ABR 24/11). Auch ins Ausland entsandte Belegschaftsmitglieder des Betriebs sind unter dieser Maßgabe teilnahmeberechtigt. Allerdings kann bei ihnen der grundsätzlich nach § 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrVG bestehende Anspruch auf Bezahlung der Wegezeiten und Fahrtkosten wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beschränkt sein.

 
Hinweis

Bei Auslandssachverhalten ist für eine fortbestehende Zugehörigkeit zu dem in Deutschland gelegenen Betrieb entscheidend, ob der Arbeitnehmer auch im Ausland im Rahmen der Zwecksetzung eines konkreten inländischen Betriebs tätig wird und insoweit auch im Ausland wie zuvor schon den von dort ausgehenden Weisungen unterliegt. Daran wird es regelmäßig fehlen, wenn er dauerhaft – ohne Rückrufmöglichkeit – im Ausland eingesetzt wird oder wenn er dem Direktionsrecht der im Ausland gelegenen betrieblichen Organisation unterworfen wird (LAG München, Beschluss v. 7.7.2010, 5 TaBV 18/09).

 

Rz. 38

Beim sog. drittbezogenen Personaleinsatz führt die gerade beschriebene "Zwei-Komponenten-Lehre" nicht überall zu sachgerechten Ergebnissen, weil der Arbeitnehmer "einerseits dem Betrieb seines Vertragsarbeitgebers mangels Eingliederung nicht zugeordnet werden könnte, während es andererseits zum Betriebsarbeitgeber am arbeitsvertraglichen Band fehlt" (BAG, Beschluss v. 5.12.2012, 7 ABR 48/11[7]). Bei Leiharbeitnehmern hat insofern der Gesetzgeber eine Lösung gefunden. Denn zur betriebsverfassungsrechtlichen Behandlung von Leiharbeitnehmern hat der Gesetzgeber weitgehende Regelung über ihre Behandlung getroffen. Sie bleiben nach § 14 Abs. 1 Satz 1 AÜG auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden Betriebs des Verleihers und sind deshalb zur Teilnahme an Betriebsversammlungen ihres Stammbetriebs berechtigt. Zugleich sind sie wegen § 14 Abs. 2 Satz 2 AÜG befugt, auch an den Betriebsversammlungen im Entleiherbetrieb teilzunehmen.

Eine entsprechende Regelung fehlt für Auszubildende eines reinen Ausbildungsbetriebs, die ihre praktische Ausbildung vollständig oder teilweise in den Betrieb eines anderen Arbeitgebers absolvieren. Die Interessenlage ist für diese Auszubildenden hinsichtlich der Teilnahme an Betriebsversammlungen im Einsatzbetrieb jedoch vergleichbar mit der Lage der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb. Deshalb ist § 14 Abs. 2 Satz 2 AÜG hier analog mit der Folge anzuwenden, dass die der Einsatzarbeitgeberin zur praktischen Ausbildung zugewiesenen Auszubildenden berechtigt sind, an den Betriebsversammlungen im Einsatzbetrieb teilzunehmen (BAG, Beschluss v. 24.8.2011, 7 ABR 8/10[8]).

Für den drittbezogenen Personaleinsatz von Angehörigen des öffentlichen Dienstes in der Privatwirtschaft bestimmt § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ohne ausdrückliche Einschränkung, dass Beamte, Soldaten sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind, als Arbeitnehmer gelten. "Die gesetzgeberische Konzep...

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