Rz. 14

Teilversammlungen sind durchzuführen, wenn wegen der Eigenart des Betriebs eine Versammlung aller Arbeitnehmer zum gleichen Zeitpunkt nicht stattfinden kann (§ 42 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Sie dient ebenso wie die Vollversammlung der Erörterung der Gesamtbelange des Betriebs. Die Zusammensetzung der Teilnehmer ist durch die Gründe bedingt, die einer Vollversammlung entgegenstehen. Wer nicht zum Personenkreis zählt, ist weder teilnahme- noch stimmberechtigt. Dies gilt auch für Betriebsratsmitglieder, die nicht zu diesem Personenkreis gehören.[1] Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit wird aber durch die Teilnahme hierzu nicht berechtigter Arbeitnehmer des Betriebs nicht verletzt, weil es sich bei der Teilversammlung letztlich um eine Betriebsversammlung handelt und alle Arbeitnehmer des Betriebs daher diesem nicht wie Dritte, also wie die Öffentlichkeit, gegenüberstehen. Zudem fehlt es an einem dem § 42 Abs. 2 Satz 3 BetrVG entsprechenden Verweis auch für die Teilversammlung.

 

Rz. 15

Zu der Eigenart des Betriebs gehören insbesondere seine technischen und organisatorischen Besonderheiten, wie das Fehlen eines ausreichend großen Versammlungsraums oder auch dass wegen der Größe der Arbeitnehmerschaft eine einheitliche Versammlung nicht stattfinden kann (vgl. BAG, Beschluss v. 9.3.1976, 1 ABR 74/74[2]; LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 10.5.2002, 14 TaBV 1/02[3]; ArbG Essen, Beschluss v. 14.4.2011, 2 BVGa 3/11[4]). Letzteres ist dann anzunehmen, wenn die Arbeitnehmerzahl so hoch ist, dass der Zweck der Betriebsversammlung, eine innerbetriebliche Aussprache herbeizuführen, praktisch nicht verwirklichbar ist.[5] Das ArbG Wuppertal[6] hat dies bei einer Arbeitnehmerzahl von ca. 2.500 Arbeitnehmern noch nicht angenommen.

 
Hinweis

Bei der Frage, ob es erforderlich ist Teilversammlungen anzuberaumen, kommt es in erster Linie auf technische und organisatorische Fragen an. Wirtschaftliche Interessen für sich können ein entsprechendes Erfordernis nur in besonders gelagerten Einzelfällen begründen (ArbG Essen, Beschluss v. 14.4.2011, 2 BVGa 3/11[7]). Allerdings sind wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers dann zu berücksichtigen, wenn sie mit technischen oder organisatorischen Eigenarten des Betriebs in engem Zusammenhang stehen.

 

Rz. 16

Zu den Fallumständen, die zur Abhaltung von Teilversammlungen zwingen können, gehört aber etwa auch die Tatsache, dass in mehreren Schichten gearbeitet wird, insbesondere dann, wenn es sich um vollkontinuierliche Schichtarbeit handelt (LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 10.5.2002, 14 TaBV 1/02[8]).

 

Rz. 17

Auch weit auseinanderliegende Betriebsstätten sind ein Grund, warum wegen der Eigenart des Betriebes eine Vollversammlung nicht stattfinden kann (LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 15.10.2008, 2 TaBV 2/08[9]). Insoweit sind durchaus auch wirtschaftliche Interessen bei der Frage, ob eine Versammlung aller Arbeitnehmer zum gleichen Zeitpunkt stattfinden kann, von Bedeutung. Voraussetzung ist nur, dass sie im engen Zusammenhang mit der Organisation des Betriebs stehen. Werden nämlich anstelle einer mehrtägigen Vollversammlung, mehrere Teilversammlungen an den einzelnen Standorten abgehalten, so stellt dies meist mit Blick auf die Hotelkosten und der bestehenden Wegezeiten für den Arbeitgeber eine erheblich geringere Belastung dar (LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 15.10.2008, 2 TaBV 2/08).

 

Rz. 18

Unter technischen Gesichtspunkten ist eine Teilversammlung etwa geboten, wenn der Funktionsablauf im Betrieb die Anwesenheit eines Teils der Arbeitnehmer erfordert, wie dies etwa bei Versorgungs-, Verkehrs- und Pflegebetrieben der Fall ist.[10] Auch gesetzliche Betriebspflichten, wie etwa die Pflicht von Flughafenunternehmen die übernommenen Dienstleistungen an den Flughäfen jederzeit ordnungsgemäß sicherzustellen, verbieten wegen der Eigenart des Betriebs eine Versammlung aller Arbeitnehmer zum gleichen Zeitpunkt und gebieten deshalb Teilversammlungen (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 8.4.2011, 9 TaBV 2765/10).

 

Beispiele, aus denen Erfordernis für eine Teilversammlung folgen kann, sind:

  • Größe des Betriebs,
  • Fehlen eines ausreichend großen Versammlungsraums,
  • vollkontinuierlicher Schichtbetrieb,
  • weit auseinanderliegende Betriebsstätten,
  • große Anzahl von Außendienstmitarbeitern,
  • im öffentlichen Interesse erforderliche Aufrechterhaltung des Betriebs.
 

Rz. 19a

Kein Grund für eine Teilversammlung sind aber etwa lediglich unterschiedliche Interessen der Beschäftigten. Strittig ist, ob Grund für eine Teilversammlung sein kann, dass wegen der Eigenart des Betriebs eine Vollversammlung nur außerhalb der Arbeitszeit, Teilversammlungen aber während der Arbeitszeit stattfinden können. Die h. M. nimmt an, dass der Betriebsrat nach pflichtgemäßem Ermessen in diesen Fällen zwischen Vollversammlung außerhalb der Arbeitszeit oder Teilversammlungen innerhalb der Arbeitszeit wählen kann.[11] Dem ist nicht zu folgen. Zwar sieht § 44 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vor, dass Versammlungen i. S. v. § 43 BetrVG vorrangig während der Arbe...

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