Rz. 41

Der Arbeitgeber hat nach § 40 Abs. 1 BetrVG ebenfalls die Kosten eines Sachverständigen gem. § 80 Abs. 3 BetrVG sowie eines Beraters gem. § 111 Satz 2 BetrVG zu tragen. Rechtsanwälte sind außerhalb der Beratung in einem konkreten Rechtsstreit (Prozessvertretung) wie sonstige Sachverständige zu behandeln. Sie können auch als "Berater" im Sinne des § 111 Satz 2 BetrVG fungieren.

 

Rz. 42

Nach § 80 Abs. 3 BetrVG ist für die Heranziehung eines Sachverständigen eine nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber erforderlich oder deren Ersetzung durch Entscheidung des Arbeitsgerichts. Das ist quasi eine Vorbedingung für die Kostentragungspflicht nach § 40 BetrVG. Bei der Heranziehung eines Rechtsanwalts ist daher stets zu fragen, ob dieser als Sachverständiger (§ 80 Abs. 3 BetrVG) oder als Rechtsbeistand tätig wird. Dabei ist entscheidend, ob der Anwalt des Betriebsrats zumindest auch zur Vorbereitung eines Rechtsstreits, zur Wahrung und Verteidigung von Rechten des Betriebsrats oder allein deshalb beauftragt wird, um ihm notwendige Rechtskenntnisse zu vermitteln, die er – unabhängig von einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber für seine Betriebsratsarbeit benötigt oder die für ihn zur Bewältigung seiner Aufgaben erforderlich sind (LAG Hessen, Beschluss v. 25.1.2016,16 TaBV 139/15 unter Bezugnahme auf BAG, Beschluss v. 15.11.2000, 7 ABR 24/00). Die Eigenschaft als Sachverständiger wird bejaht,

  • wenn der Rechtsanwalt zur Beratung über eine Betriebsvereinbarung herangezogen wird oder
  • wenn der Rechtsanwalt eine Einigungsstelle vorbereitet, indem er etwa einen Sozialplan entwirft.

Anders sieht es aus, wenn der Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung konsultiert wird. Hier bedarf es keiner vorherigen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, da eine Notwendigkeit hierfür zweifellos besteht.[1] Auch die Feststellung einer Betriebsänderung und deren Interessenausgleichspflichtigkeit sowie das diesbezügliche Verfahren sind keine Standard- oder Routineangelegenheiten, sondern setzen betriebsverfassungsrechtlichen Sachverstand voraus. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts in diesem Fall entspricht billigem Ermessen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.3.2014, 6 TaBV 52/14). Keine Sachverständigentätigkeit liegt vor, wenn es um die beratende Tätigkeit im Rahmen eines konkreten Rechtsstreits geht. In einem solchen Fall kann der Betriebsrat nicht die verweigerte Zustimmung des Arbeitgebers i. S. v. § 80 Abs. 3 BetrVG durch das Gericht ersetzen lassen (BAG, Beschluss v. 25.6.2014, 7 ABR 70/12[2]). Dies gilt grundsätzlich auch für den Fall, dass der Anwalt im Vorfeld die Aussichten eines Rechtsstreits prüft. Etwas anderes kann gelten, wenn der Betriebsrat hinsichtlich eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens selbst starke Bedenken hat und damit die Konsultation aus seiner Sicht stärkere gutachterliche Züge trägt. Grundsätzlich ist jedoch die Erteilung von Rechtsrat nicht automatisch eine Sachverständigentätigkeit i. S. v. § 80 Abs. 3 BetrVG. Vielmehr stellt dies den zu begründenden Ausnahmetatbestand dar.

 

Rz. 43

Die "Berater", die der Betriebsrat gem. § 111 Satz 2 BetrVG ohne nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber bei Betriebsänderungen in Unternehmen mit mehr als 300 Beschäftigten heranziehen kann, unterfallen bezüglich der Kostentragungspflicht ebenfalls dem § 40 Abs. 1 BetrVG. Damit sind die allgemeinen Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit auch diesbezüglich anzuwenden. Dabei muss sich der Betriebsrat aber nicht auf sachkundige Arbeitnehmer i. S. v. § 80 Abs. 3 Satz 2 BetrVG verweisen lassen. Diese sind ihm vielmehr zusätzlich zur Verfügung zu stellen.

 

Rz. 43a

Auch wenn noch kein konkreter Rechtsstreit droht, kann der Betriebsrat befugt sein, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, wenn er davon ausgehen kann, dass sich durch dessen Hinzuziehung eine friedliche Beilegung erreichen lässt. Hier liegt keine Sachverständigentätigkeit i. S. v. § 80 Abs. 3 BetrVG vor, vielmehr soll dieser den Betriebsrat in Form einer anwaltlichen Vertretung zunächst noch außergerichtlich vertreten. Zwar ist für die Tätigkeit als Sachverständiger nicht erforderlich, dass ein schriftliches Gutachten erstattet wird (BAG, Beschluss v. 25.4.1978, 9 ABR 9/75), die Grenze zur Sachverständigentätigkeit wird jedoch erst dann überschritten, wenn die Beratung über die Lösung von konkreten Konfliktfällen hinausgeht und dem Betriebsrat Handlungsalternativen aufgezeigt werden sollen (LAG Köln, Beschluss v. 2.2.2007, 4 TaBV 61/06). Maßgeblich ist immer der Inhalt des Betriebsrats-Beschlusses (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 31.3.1998,3 TaBV 58/97a und LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 20.7.1999, 3 TaBV 16/99). Die Hinzuziehung eines Anwalts kann schon dann i. S. v. § 40 BetrVG notwendig sein, wenn der Arbeitgeber auf ein Aufforderungsschreiben des Betriebsrats nicht reagiert (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 20.9.2001, 5 TaBV 8/01; vgl. auch BAG, Beschluss v. 15.11.2000, 7 ABR 24/00 unter II.2 der ...

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