Rz. 34

Der Betriebsrat kann einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen in einem Rechtsstreit betrauen, wenn er dies nach pflichtgemäßer, verständiger Würdigung aller Umstände für erforderlich halten durfte (siehe die Parallelwertung für den Wahlvorstand in BAG, Beschluss v. 11.11.2009, 7 ABR 26/08). Dies ist bei der Durchführung von Beschlussverfahren in aller Regel der Fall. Nur in Ausnahmefällen kann etwas anderes gelten, wenn z. B. die Durchführung des Verfahrens offensichtlich aussichtslos (LAG Niedersachsen, Beschluss v. 29.1.2007, 6 TaBV 66/05) oder mutwillig ist (s. o. Rz. 28). Tritt ein Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigter des Betriebsrats in einer Einigungsstelle auf und hat er mit dem Betriebsrat eine Honorarvereinbarung getroffen (im der Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren dies 290 EUR/Stunde), bedarf es ungeachtet der Frage, ob sie überhaupt erforderlich ist, der Textform gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG. Eine Honorarvereinbarung zwischen Betriebsrat und dessen Verfahrensbevollmächtigten in der Einigungsstelle ist nach Auffassung der Instanzrechtsprechung – wenn überhaupt – allenfalls in Höhe des Honorars des betriebsfremden Beisitzers denkbar (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 16.1.2014, 4 TaBV 30/13).

 

Rz. 35

Bei der Abwägung steht sowohl dem Betriebsrat als auch den Tatsacheninstanzen ein Beurteilungsspielraum zu. Hier ist auf die allgemeinen Grundsätze abzustellen[1] (vgl. Rz. 41 ff zur Beauftragung eines Sachverständigen, hier ist gem. § 80 Abs. 3 BetrVG ein vorheriges Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erforderlich.).

 

Rz. 36

 

Beispiele für die Nichterforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts:

  • Die zu klärende Rechtsfrage lässt sich unmittelbar aus dem Gesetzestext lösen.
  • Die zu klärende Rechtsfrage kann ohne weiteres in einem einschlägigen Kommentar nachgelesen werden.
  • Die Hinzuziehung erfolgt rechtsmissbräuchlich, um für den Arbeitgeber Kosten zu verursachen und den Druck zu erhöhen.
 

Beispiele für die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts:

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist zulässig, auch wenn

  • die Vertretung durch einen Gewerkschaftssekretär möglich ist, bei gleicher Geeignetheit, gegebener Zumutbarkeit und Kostenersparnis (BAG, Beschluss v. 16.10.1986, 6 ABR 2/85);
  • die Rechtsstreitigkeit nach Sach- und Rechtslage keine Schwierigkeiten aufweist (BAG, Beschluss v. 4.12.1979, 6 ABR 37/76).
 

Rz. 37

Fahrtkosten eines Anwalts sind nicht zu erstatten, wenn am Gerichtsort Anwälte ansässig sind, es sei denn, der beauftragte Rechtsanwalt hat über das normale Maß hinausgehende Sachkompetenz in den entscheidenden Fragen (BAG, Beschluss v. 16.10.1986, 6 ABR 2/85). Allein dessen (vermutete) Fachkompetenz für sich gesehen noch nicht die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers rechtfertigt (BAG, Beschluss v. 15.11.2000, 7 ABR 24/00[2]).

 

Rz. 38

Die Beauftragung eines Rechtsanwalts bedarf eines ordnungsgemäßen Beschlusses des Betriebsrats für jede Instanz. Der Betriebsrat kann nicht aufgrund eines sogenannten Vorratsbeschlusses im Vorhinein die Einleitung aller möglicher Beschlussverfahren beschließen und eine Art von "Generalvollmacht" erteilen, ohne dass zuvor überhaupt Verhandlungen mit dem Arbeitgeber stattgefunden haben und das Ergebnis dieser Verhandlungen bekannt ist (LAG Hamm, Beschluss v. 16.5.2007, 10 TaBV 101/06). Handelt zunächst allein der Betriebsratsvorsitzende, so ist die Beauftragung schwebend unwirksam, aber genehmigungsfähig.

 

Rz. 39

Der Betriebsrat ist bei der Auswahl des zu beauftragenden Rechtsanwalts frei. Die Höhe der Vergütung des Rechtsanwalts richtet sich nach dem RAG. Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber im Rahmen des Erforderlichen einen Vorschuss verlangen.

 

Rz. 40

Die vorstehenden Erwägungen gelten für die Rechtsanwaltskosten einzelner Betriebsratsmitglieder entsprechend.

 

Rz. 40a

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG sind Kosten eines Rechtsanwalts dann nicht zu tragen, wenn ein Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung des Mandats für den Betriebsrat gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen verstößt. Davon ist jedoch regelmäßig nicht auszugehen, wenn der Rechtsanwalt im gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG gleichzeitig den Betriebsrat und das zu kündigende Betriebsratsmitglied vertritt. Das gilt jedenfalls solange, wie der Betriebsrat ebenso wie das betroffene Betriebsratsmitglied die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung zur Kündigung des Betriebsratsmitglieds verhindern will (BAG, Beschluss v. 25.8.2004, 7 ABR 60/03[3]).

[1] S.o. Rz. 6 ff..
[2] FA 2001, 119.
[3] NZA 2005, 168.

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