1 Einrichtung der Sprechstunden

1.1 Zweck

 

Rz. 1

Die Einrichtung der Sprechstunde dient der Kommunikation zwischen dem Betriebsrat und den einzelnen Arbeitnehmern. Durch sie wird organisatorisch gesichert, dass der Arbeitnehmer Anregungen und Beschwerden dem Betriebsrat vortragen kann. Er kann mit ihm alles erörtern, was in den Aufgabenbereich des Betriebsrats fällt, ihn insoweit auch um Rechtsrat angehen, sofern der Betriebsrat ihn zu geben vermag. Die Sprechstunde darf aber nicht zur gewerkschaftlichen Mitgliederbetreuung und -werbung im Betrieb benutzt werden.[1]

[1] Ebenso GK/Weber, § 39 Rz. 9; HSWGNRH/Glock, § 39 Rz. 4.

1.2 Einrichtung durch den Betriebsrat

 

Rz. 2

Der Betriebsrat entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob er während der Arbeitszeit Sprechstunden einrichtet. Er kann sie einrichten; eine gesetzliche Verpflichtung besteht aber nicht.[1] Das Recht, während der Arbeitszeit Sprechstunden einzurichten, besteht für den Betriebsrat jedoch nur in dem Rahmen, den § 37 Abs. 2 zieht: Häufigkeit und Dauer der Sprechstunden bestimmen sich danach, ob sie nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsaufgaben erforderlich sind.[2]

[1] Fitting, § 39 Rz. 6.
[2] Zust. Brill, BB 1979, 1247 f.

1.3 Einigung mit dem Arbeitgeber nur über Zeit und Ort

 

Rz. 3

Ob eine Sprechstunde und ob sie während der Arbeitszeit eingerichtet wird, bestimmt allein der Betriebsrat durch Beschluss (§ 33 BetrVG)[1]; dazu bedarf er nicht der Zustimmung des Arbeitgebers. Dagegen sind Zeit und Ort mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren (Abs. 1 S. 2).

 
Hinweis

Das gilt aber nur für die Festlegung des Zeitpunkts der Sprechstunde und die Bestimmung des Raums, wo die Sprechstunde abgehalten wird.

 

Rz. 4

Bei einer Meinungsverschiedenheit über die Dauer der Sprechstunde ist zu beachten, dass über den Zeitaufwand der Betriebsrat in den Grenzen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit allein entscheidet.[2] Betrifft sie dagegen die zeitliche Lage, so ist sie mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Die Notwendigkeit einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber besteht nur, wenn der Betriebsrat eine Sprechstunde während der Arbeitszeit einrichtet, nicht dagegen, wenn er sie außerhalb der Arbeitszeit durchführt.[3] Die Möglichkeit, eine Sprechstunde außerhalb der Arbeitszeit abzuhalten, bleibt auch dann bestehen, wenn der Betriebsrat Sprechstunden während der Arbeitszeit einrichtet. Die Einigung mit dem Arbeitgeber erfolgt zweckmäßigerweise in der Form einer Betriebsvereinbarung.[4]

 

Rz. 5

Kommt über Zeit und Ort der Sprechstunde keine Einigung des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber zustande, so entscheidet die Einigungsstelle (Abs. 1 S. 3). Sie kann von jeder Seite angerufen werden (§ 76 Abs. 5 BetrVG).

[1] Fitting, § 39 Rz. 7.
[2] DKW/Wedde, § 39 Rz. 11; a. A. Fitting, § 39 Rz. 12.
[3] DKW/Wedde, § 39 Rz. 12; a. A. ErfK/Koch, § 39 Rz. 1.
[4] Ebenso Fitting, § 39 Rz. 11; GK/Weber, § 39 Rz. 15; DKW/Wedde, § 39 Rz. 10.

1.4 Gestaltung der Sprechstunde

 

Rz. 6

Wer mit der Durchführung der Sprechstunde beauftragt und wie sie gestaltet wird, liegt ausschließlich im Ermessen des Betriebsrats.[1] Der Betriebsrat hat aber zu respektieren, dass ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung seiner Mitglieder nur in den Grenzen des § 37 Abs. 2 besteht. Die Abhaltung von Sprechstunden gehört zu den laufenden Geschäften, die der Betriebsausschuss führt (§ 27 Abs. 2 S. 1).[2]

 

Rz. 7

Soweit Mitglieder des Betriebsrats nicht in der Lage sind, sachgerecht Auskunft zu erteilen, kann der Betriebsrat gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen.[3] Sachverständiger kann auch ein Gewerkschaftsbeauftragter sein; dieser kann als Sachverständiger aber nur mit Zustimmung des Arbeitgebers hinzugezogen werden. Der Betriebsrat kann nicht generell festlegen, dass an den Sprechstunden des Betriebsrats Gewerkschaftsbeauftragte teilnehmen. Gegen eine generelle Zulassung spricht die institutionelle Unabhängigkeit des Betriebsratsamtes, insbesondere das Gebot gewerkschaftsneutraler Amtsführung; jeder Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, die Sprechstunde des Betriebsrats aufzusuchen, ohne dort mit der Anwesenheit eines Gewerkschaftsbeauftragten konfrontiert zu sein.

[1] Fitting, § 39 Rz. 8; GL/Marienhagen, § 39 Rz. 7.
[2] GK/Weber, § 39 Rz. 18; Brill, BB 1979, 1248.
[3] HSWGNRH/Glock, § 39 Rz. 18; DKW/Wedde, § 39 Rz. 9.

1.5 Sachaufwand

 

Rz. 8

Für die Sprechstunden hat der Arbeitgeber Räume und Einrichtungen in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen (§ 40 Abs. 2 BetrVG). Dies gilt auch für Sprechstunden außerhalb der Arbeitszeit.[1]

[1] Fitting, § 39 Rz. 16; GK/Weber, § 39 Rz. 27.

2 Teilnahme eines Vertreters der Jugend- und Auszubildendenvertretung

 

Rz. 9

Führt die Jugend- und Auszubildendenvertretung nach § 69 keine eigenen Sprechstunden durch, so kann an den Sprechstunden des Betriebsrats ein Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung teilnehmen, um die in § 60 Abs. 1 BetrVG genannten Arbeitnehmer zu beraten (Abs. 2). Voraussetzung ist, dass die Jugend- und Auszubildendenvertretung keine eigenen Sprechstunden abhält.[1] Sofern sie Sprechstunden einrichten kann, entscheidet sie durch Beschluss, ob sie von diesem Recht Gebrauch macht oder lediglich ein Mitglied zur Teilna...

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