Rz. 20

Die Freistellung erfolgt für die Amtsperiode des Betriebsrats. Die Notwendigkeit einer Änderung ist nur dann gegeben, wenn die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer sich so erheblich ändert, dass mehr oder weniger Betriebsratsmitglieder freizustellen sind, als geschehen ist. Das freigestellte Betriebsratsmitglied kann jederzeit erklären, dass es eine berufliche Tätigkeit aufnehmen will. Mit seinem Widerruf endet die Freistellung. Da die Freistellung aber der Funktionsfähigkeit der Betriebsratsarbeit dient, ist das freigestellte Betriebsratsmitglied aus seinem Mandat verpflichtet, den Widerruf so rechtzeitig mitzuteilen, dass ein anderes Betriebsratsmitglied zur Fortsetzung einer ordnungsgemäßen Betriebsratstätigkeit freigestellt werden kann.[1]

 

Rz. 21

Auch der Betriebsrat kann die personelle Auswahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder ändern. Da dadurch die Freistellung widerrufen wird, bezeichnet das Gesetz dies als Abberufung (Abs. 2 Satz 8). Die Abberufung ist jederzeit möglich. Der Betriebsrat ist bei der Abstimmung nicht verpflichtet, Abberufungsgründe gegenüber dem abberufenen Betriebsratsmitglied darzulegen (LAG Hamburg, Beschluss v. 7.8.2012, 2 TaBV 2/12[2]). Für die Abberufung gilt nach Abs. 2 Satz 8 die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 5 BetrVG entsprechend. Wenn die Freistellung nach dem Prinzip der Verhältniswahl stattgefunden hat, dann erfolgt nach § 27 Abs. 1 Satz 5 BetrVG die Abberufung durch Beschluss des Betriebsrats, der in geheimer Abstimmung gefasst wird und einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen der Mitglieder des Betriebsrats bedarf.[3] Daraus folgt umgekehrt, dass die Abberufung eines nach Mehrheitswahl freizustellenden Betriebsratsmitglieds lediglich der einfachen Stimmenmehrheit bedarf.[4] Diese Privilegierung der im Wege der Verhältniswahl Gewählten erklärt sich aus dem vom Gesetz bezweckten Minderheitenschutz, der mit der Verhältniswahl verbunden ist (BAG, Beschluss v. 29.4.1992, 7 ABR 74/91). Durch die vom Gesetz angeordnete Verhältniswahl wird erreicht, dass auch eine Minderheitsgruppierung innerhalb des Betriebsrats entsprechend ihrer Stärke bei den Freistellungen berücksichtigt wird. Dieser Minderheitenschutz könnte dadurch ausgehöhlt werden, dass ein zunächst nach den Grundsätzen der Verhältniswahl aus einer Minderheitsliste gewähltes Betriebsratsmitglied später mit einfacher Stimmenmehrheit des Betriebsrats abberufen und durch ein anderes Betriebsratsmitglied ersetzt wird. Hierdurch könnte das Ergebnis der Verhältniswahl nachträglich zugunsten der Mehrheit verändert werden (LAG Hamburg, Beschluss v. 7.8.2012, 2 TaBV 2/12[5]).

 

Rz. 22

Nach der Rechtsprechung des BAG ist bei Ausscheiden eines im Wege der Verhältniswahl in die Freistellung gewählten Betriebsratsmitglieds das ersatzweise freizustellende Mitglied in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 1 ohne erneute Wahl der Vorschlagliste zu entnehmen, der das zu ersetzende Mitglied angehörte. Erst bei Erschöpfung der Liste ist das ersatzweise freizustellende Mitglied im Wege der Mehrheitswahl zu wählen (BAG, Beschluss v. 16.3.2005, 7 ABR 43/04[6]; BAG, Beschluss v. 25.4.2001, 7 ABR 26/00[7]; LAG Hamburg, Beschluss v. 7.8.2012, 2 TaBV 2/12[8]). Erhöht sich die Zahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder während der Amtszeit, muss insgesamt eine Neuwahl durchgeführt werden, wenn die ursprüngliche Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgte.[9]

[1] Fitting, § 38 Rz. 70; GK/Weber, § 38 Rz. 79.
[2] ZBVR online 2012, Nr 10, 5.
[3] GK/Weber, § 38 Rz. 81.
[4] BeckOK ArbR/Mauer, BetrVG § 38 Rz. 6.
[5] ZBVR online 2012, Nr. 10, 5.
[6] NZA 2005, 1072.
[7] NZA 2001, 977.
[8] ZBVR online 2012, Nr. 10, 5.
[9] HWK/Reichold, § 38, Rz. 24; ErfK/Koch, § 38, Rz. 6; GK/Weber, § 38 Rz. 87.

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