Rz. 10

Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden (Abs. 1 Satz 5). Auch durch eine Regelungsabrede kann eine von § 38 Abs. 1 Satz 1 – 4 BetrVG abweichende anderweitige Regelung über die Freistellung vereinbart werden. § 38 Abs. 1 Satz 5 ist insoweit nicht abschließend (LAG Köln, Beschluss v. 7.10.2011, 4 TaBV 52/11[1]). Ein Tarifvertrag kann nicht erkämpft, eine Betriebsvereinbarung nicht über einen Spruch der Einigungsstelle erzwungen werden; es handelt sich vielmehr um freiwillige Regelungen in der Form eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung[2].

 
Hinweis

Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kann die Mindestzahl der Freistellungen erhöht, aber auch verringert werden; denn das Gesetz lässt generell anderweitige Regelungen über die Freistellung zu (BAG, Beschluss v. 11.6.1997, 7 ABR 5/96[3]).

 

Rz. 11

Die Öffnungsklausel bezieht sich auch auf Betriebe mit in der Regel weniger als 200 Arbeitnehmern (LAG Hamm, Urteil v. 19.8.2009, 10 Sa 295/09[4]). Zudem kann geregelt werden, inwieweit die Betriebsratsmitglieder nur teilweise von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt werden. Besteht bereits eine tarifvertragliche Regelung, so ist eine Betriebsvereinbarung unzulässig, unabhängig davon, ob der Freistellungsanspruch erweitert oder beschränkt wird. Allerdings gilt hier nicht § 77 Abs. 3 BetrVG.[5] Der Tarifvertrag ist die höherrangige Norm, und wenn damit eine Regelung gesetzt wurde, kann die Betriebsvereinbarung dies nicht nach oben oder unten abdingen, solange der Tarifvertrag dies nicht durch Öffnungsklausel zulässt. Ist durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung eine anderweitige Regelung über die Freistellung erfolgt, so ist davon auszugehen, dass diese Regelung abschließend ist, also weitere Freistellungen gemäß § 37 Abs. 2 nicht erforderlich sind.[6] Sind sie doch erforderlich, so trifft den Betriebsrat eine erhöhte Darlegungslast.

[1] NZA-RR 2012, 135; vgl. HWK/Reihold, § 38 Rz. 12.
[2] Ebenso GK/Weber, § 38 Rz. 42; a. A. Fitting, § 38 Rz. 31.
[3] NZA 1997, 1301; HWGNRH/Glock, § 38, Rz. 20.
[4] Fitting, § 38 Rz. 28; GK/Weber, § 38 Rz. 43.
[5] ErfK/Koch, § 38 BetrVG Rz. 5; Fitting, § 38 Rz. 32; GK/Weber, § 38 Rz. 43 ff.; DKW/Wedde, § 38 Rz. 30.
[6] Vgl. GK/Weber, § 38 Rz. 46f.; DKW/Wedde, § 38 Rz. 32.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Personal Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge