Rz. 59

Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Bestimmung über die Zahl der freizustellenden Mitglieder und die Dauer der Teilnahme. Das Kriterium der Erforderlichkeit im Gesetzestext des Abs. 6 bezieht sich nur auf die Themenabgrenzung. Da aber bei einer Schulung zur Erlangung der für die Arbeit des Betriebsrats erforderlichen Kenntnisse für die Teilnahme Abs. 2 entsprechend gilt, ist auch entsprechend anzuwenden, dass Mitglieder nur insoweit freizustellen sind, als ihre Teilnahme nach Umfang und Art des Betriebs erforderlich ist, um die für die Arbeit des Betriebsrats notwendigen Kenntnisse zu erhalten; es gilt daher für die Zahl der zu entsendenden Betriebsratsmitglieder und die Dauer des Schulungskurses der Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Für die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers wird dies vom BAG auch anerkannt (BAG, Beschluss v. 8.2.1977, 1 ABR 124/74[1]). Dies muss aber auch für den Anspruch auf Arbeitsbefreiung gelten, denn die Fortzahlung des Arbeitsentgelts ist eine Bürde, die im Allgemeinen den Arbeitgeber sogar noch mehr belastet als die Erstattung der Schulungskosten. Außerdem ergibt sich die Schranke auch aus Abs. 2, auf den in Abs. 6 ausdrücklich verwiesen wird.

 

Rz. 60

Da der Freistellungsanspruch nach Abs. 6 voraussetzt, dass die Schulung für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich ist, richtet sich nach diesem Maßstab auch die Zahl der freizustellenden Mitglieder. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats keineswegs gleiche Kenntnis aller Mitglieder in allen Angelegenheiten erfordert. Dies gilt vielmehr nur für das notwendige Grundwissen im Betriebsverfassungsrecht als der Basis einer ordnungsgemäßen Betriebsratstätigkeit. Für den Umfang der Freistellungen bietet deshalb einen Anhaltspunkt die Unterscheidung zwischen Grundwissen und Spezialwissen.

 

Rz. 61

Für die Dauer einer Schulungsveranstaltung gilt zwar, dass im Gesetzestext des Abs. 6 der Begriff der Erforderlichkeit sich nur auf die Kenntnisse bezieht, die in einer Schulung vermittelt werden, er also nicht den Zeitfaktor, die Schulungsdauer, betrifft; insoweit gilt aber für den Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsanspruch Abs. 2 und für den Kostenerstattungsanspruch § 40 Abs. 1. Es ist deshalb für den Zeitaufwand der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.[2] Daraus folgt aber keineswegs, dass unter Abs. 6 nur kurzfristige Schulungen fallen; entscheidend ist vielmehr, dass der Zeitaufwand in einem vertretbaren Verhältnis zur notwendigen Kenntniserlangung steht.[3]

 
Praxis-Beispiel

Das BAG hatte bei einer Schulung keine Bedenken gegen eine Dauer von sechs Tagen (BAG, Beschluss v. 27.11.1973, 1 ABR 5/73[4]). Eine Dauer von zwei Wochen kommt dagegen nur in besonderen Fällen in Betracht.

Ein wichtiger Anhaltspunkt ist, dass der Gesetzgeber für den Freistellungsanspruch in Abs. 7 einen zeitlichen Höchstrahmen von drei bzw. vier Wochen für die gesamte Dauer der regelmäßigen Amtszeit eines Betriebsratsmitglieds vorsieht; es darf dieser Vorschrift nicht durch Rückgriff auf Abs. 6 ihre grenzziehende Bedeutung genommen werden.

[1] DB 1977, 1323.
[2] Wie hier GK-BetrVG/, § 37 Rz. 237; a. A. Fitting § 37 Rz. 171; skeptisch auch ErfK/Koch § 37 Rz. 17: Der Maßstab lasse kaum praxisnahe Aussagen zu.
[3] Vgl. auch Fitting, § 37 Rz. 172; HWGNRH/Glock, § 37, Rz. 118.
[4] AP ArbGG 1953 § 89 Nr. 9, zu II 1.

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