Rz. 50

Der Anspruch in Abs. 6 besteht für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Voraussetzung ist also stets, dass eine Schulung Kenntnisse vermittelt, die sich auf die Aufgaben des Betriebsrats und deren Durchführung im Betrieb beziehen.

 
Hinweis

Maßgebend ist, ob die Kenntnisse für die Arbeit des Betriebsrats als Kollegialorgan erforderlich sind. Auf die Notwendigkeit der Kenntnis für ein einzelnes Mitglied kommt es nur dann an, wenn ihm nach der Funktionsverteilung im Betriebsrat die Erledigung bestimmter Betriebsratsaufgaben obliegt (BAG, Urteil v. 15.2.1995, 7 AZR 670/94[1]).

 

Rz. 51

Es genügt nicht, dass die vermittelten Kenntnisse für die Arbeit des Betriebsrats nützlich sind, es sich also um betriebsratsspezifisches Wissen handelt, sondern Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat die Kenntnisse unter Berücksichtigung der konkreten Situation im Betrieb und Betriebsrat sofort oder doch aufgrund einer typischen Fallgestaltung demnächst benötigt, um seine Aufgaben sachgemäß wahrnehmen zu können (vgl. BAG, Beschluss v. 19.7.1995, 7 ABR 49/94[2]; BAG, Beschluss v. 14.1.2015, 7 ABR 95/12[3]). Der Betriebsrat muss dabei seine innere Organisation so einrichten, dass die Mitglieder, die über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, entsprechend eingesetzt werden, bevor er von der Schulungsmöglichkeit nach Abs. 6 Gebrauch macht.

 

Rz. 52

Bei seiner Beschlussfassung hat der Betriebsrat die Frage der Erforderlichkeit nicht allein nach seinem subjektiven Ermessen zu beantworten, ihm kommt aber ein gewisser Beurteilungsspielraum zu (BAG, Beschluss v. 17.11.2010, 7 ABR 113/09[4]). Dabei hat er unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Umstände zu prüfen, ob die Teilnahme für die zu erwerbenden Kenntnisse erforderlich ist oder nicht. Er muss er sich auf den Standpunkt eines vernünftigen Dritten stellen, der die Interessen des Arbeitgebers einerseits, des Betriebsrats und der Arbeitnehmerschaft anderseits gegeneinander abwägt.

Der Betriebsrat muss dabei auch abwägen, ob die zu erwartenden Kosten der konkreten Schulung mit der konkreten Größe und Leistungsfähigkeit des Betriebs zu vereinbaren sind. Außerdem hat der Betriebsrat darauf zu achten, dass der Schulungszweck in einem angemessenen Verhältnis zu den hierfür aufzuwendenden Mitteln steht. Ggf. kann der Arbeitgeber den Betriebsrat darauf verweisen, ein kostengünstigeres Inhouse-Seminar statt einer externen Schulung durchzuführen (ArbG Trier, Beschluss v. 20.11.2014, 3 BV 11/14[5]).

 
Hinweis

Zu den relevanten Abwägungsgesichtspunkten gehören insbesondere die konkreten Seminarinhalte, eine mögliche Aufgabenverteilung innerhalb des Betriebsrats und eine thematische Spezialisierung einzelner Betriebsratsmitglieder, die Zahl der entsandten Betriebsratsmitglieder und deren Verhältnis zur Gesamtgröße des Betriebsrats, die letzte Aktualisierung des bereits vorhandenen Wissens sowie betriebliche Entwicklungen, die es besonders dringlich erscheinen lassen, die Kenntnisse der jüngeren Rechtsprechung in bestimmten Fragen zu aktualisieren (BAG, Beschluss v. 18.1.2012, 7 ABR 73/10[6]). Die Verhältnismäßigkeit der Kosten wird man regelmäßig bejahen können, da vergleichbare Seminare nicht wesentlich günstiger, aber teilweise wesentlich teurer sind, der Preis für das ausgewählte Seminar sich also im Rahmen des Marktüblichen bewegte (BAG Beschluss v. 17.11.2021, 7 ABR 27/20[7]). Der Betriebsrat ist bei vergleichbaren Seminarinhalten allerdings nicht gehalten, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen (BAG, Beschluss v. 17.11.2010, 7 ABR 113/09[8]).

 

Rz. 53

Die Vermittlung der Grundkenntnisse des Betriebsverfassungsrechts als der gesetzlichen Grundlage für die Tätigkeit des Betriebsrats rechtfertigt die Teilnahme an einer Schulung nach Abs. 6, wenn eine Kenntnis aufgrund allgemeiner Umstände oder der besonderen Situation des Betriebsrats nicht erwartet werden kann. Die Erforderlichkeit muss hier nicht näher dargelegt werden.

 
Praxis-Beispiel

So kann die Erläuterung der aktuellen Rechtsprechung des BAG zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen und deren Umsetzung in die betriebliche Praxis ein erforderlicher Schulungsinhalt sein. Hierfür muss sich der Betriebsrat nicht auf ein Selbststudium anhand der ihm zur Verfügung stehenden Fachzeitschriften verweisen lassen (BAG, Beschluss v. 20.12.1995, 7 ABR 14/95[9]). Kenntnisse der aktuellen Rechtsprechung gehören jedoch nicht zum unverzichtbaren Grundwissen, dessen Erforderlichkeit der Betriebsrat nicht näher darlegen muss. Sie setzen vielmehr entsprechende Grundkenntnisse voraus (BAG, Beschluss v. 18.1.2012, 7 ABR 73/10[10]).

 

Rz. 54

Keiner näheren Darlegung der Erforderlichkeit i. S. d. Abs. 6 bedarf weiterhin die Vermittlung von Grundkenntnissen des Arbeitsrechts, sofern ein Betriebsratsmitglied über derartige persönliche Grundkenntnisse ni...

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