Rz. 29

Die Erfüllung des Anspruchs nach Abs. 3 Satz 1 erfolgt durch Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Pflicht, Arbeitsleistungen zu erbringen ohne Minderung der Vergütung (BAG, Urteil v. 19.3.2014, 7 AZR 480/12[1]). Die Arbeitsbefreiung muss den gleichen Umfang haben, wie Freizeit aufgewendet wurde, um die Betriebsratsaufgaben außerhalb der Arbeitszeit zu erfüllen. Daraus, dass bei Unmöglichkeit einer Arbeitsbefreiung die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten ist, kann nicht geschlossen werden, dass die Arbeitsbefreiung sich um einen Freizeitzuschlag erhöht, wie er beim Abfeiern von Mehrarbeit üblich ist (BAG, Urteil v. 19.7.1977, 1 AZR 302/74[2]). Für teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder gilt nichts anderes. Für die Zeit der Arbeitsbefreiung hat das Betriebsratsmitglied den Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitsentgelts; es gilt wie bei einer Arbeitsversäumnis nach Abs. 2 das Lohnausfallprinzip. Das Betriebsratsmitglied erhält also nicht die außerhalb seiner Arbeitszeit durchgeführte Betriebsratstätigkeit als Mehrarbeit vergütet; denn ein derartiger Anspruch besteht nur, wenn ein Freizeitausgleich aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich ist. Es hat vielmehr einen Anspruch nur auf das Arbeitsentgelt, das es erhalten hätte, wenn es während der Zeit der Arbeitsbefreiung gearbeitet hätte (BAG, Urteil v. 19.7.1977, 1 AZR 302/74[3]), dieses allerdings inklusive dann gegebenenfalls anfallender Zuschläge für die Zeit der Arbeitsbefreiung (BAG, Urteil v. 12.8.2009, 7 AZR 218/08[4]). Demnach ist eine Arbeitsbefreiung – und damit verbunden eine mögliche Vergütung der aufgewendeten Freizeit – dann nicht möglich, wenn sich der Betriebsrat bereits im Restmandat i. S. d. § 21 b befindet, da hier mangels bestehendem Arbeitsverhältnis bereits keine Arbeitspflicht mehr besteht (BAG, Urteil v. 5.5.2010, 7 AZR 728/08).[5] Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren (Abs. 3 Satz 3 HS. 1). Die Frist beginnt mit Entstehen des Anspruchs, also in dem Zeitpunkt, in dem die Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt wird; für die Berechnung gelten §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Das Betriebsratsmitglied hat dem Arbeitgeber, sofern dieser davon keine Kenntnis hat, mitzuteilen, wann und wie lange es außerhalb der Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben durchgeführt hat. Da die Arbeitsbefreiung innerhalb eines Monats zu gewähren ist, hat die Anzeige unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, zu erfolgen.[6] Die Nichtbeachtung dieser Obliegenheit hat aber lediglich für die Geltendmachung der Abgeltung Bedeutung; sie führt nicht zum Verlust des Anspruchs. Auch die Monatsfrist ist keine Ausschlussfrist für den Anspruch auf Freizeitausgleich .[7] Der Anspruch auf Freizeitausgleich unterliegt aber den tarifvertraglichen Ausschlussfristen (BAG, Urteil v. 16.4.2003, 7 AZR 423/01).[8]

 

Rz. 30

Zur Freistellung bedarf es keiner Einigung, sondern einer einseitigen empfangsbedürftigen gestaltenden Erklärung des Arbeitgebers, mit der er auf sein vertragliches Recht auf Leistung der geschuldeten Dienste in einem bestimmten Umfang verzichtet und die Arbeitspflicht des Betriebsratsmitglieds zum Erlöschen bringt (BAG, Urteil v. 15.2.2012, 7 AZR 774/10[9]). Es handelt sich damit um eine Weisung zur Verteilung der Arbeitszeit iSv. § 106 Satz 1 GewO. Das Direktionsrecht ermöglicht es dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht im Einzelnen nach Zeit, Art und Ort nach billigem Ermessen i. S. v. § 315 Abs. 3 BGB zu bestimmen (BAG, Urteil v. 19.3.2014, 7 AZR 480/12[10]). Hierbei gibt es keinen generellen Vorrang der Interessen des Arbeitnehmers, wie ihn § 7 Abs. 1 BUrlG vorsieht (BAG, Urteil v. 15.2.2012, 7 AZR 774/10[11]). Damit ist andererseits nicht ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber ein von dem Betriebsratsmitglied geäußertes Anliegen der zeitlichen Lage der Arbeitsbefreiung bei der Freistellung berücksichtigen muss. Dies ist aber nur ein Aspekt der nach billigem Ermessen festzulegenden zeitlichen Lage der Arbeitsbefreiung. Die Arbeitsbefreiung braucht nicht zusammenhängend zu erfolgen; doch darf sie nicht derart atomisiert werden, dass der Effekt eines Freizeitausgleichs nicht eintritt.

 

Rz. 31

Der Arbeitgeber ist gem. Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 verpflichtet, die Arbeitsbefreiung innerhalb eines Monats zu gewähren, und der Arbeitnehmer ist verpflichtet sie in diesem Zeitraum zu nehmen. Allerdings ist der Arbeitgeber an die gesetzliche Monatsfrist nicht im Sinne einer Ausschlussfrist gebunden. Er kann umfangreiche Freizeitausgleichsansprüche auch zeitlich nachfolgend erfüllen (BAG, Urteil v. 19.3.2014, 7 AZR 480/12[12]). Einer besonderen Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs bedarf es dann nicht, wenn ein freigestelltes Betriebsratsmitglied Betriebsratstätigkeit innerhalb eines Gleitzeitrahmens erbringt und eine Überschreitung der persönlichen Arbeitszeit im vorgegebenen Zeitrahmen ausgeglichen werden kann (BAG, Urteil v. 28.9.2016, 7 AZR 248/14[13]).

 

Rz. 32

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