1 Allgemeines

 

Rz. 1

Neben § 29 BetrVG und § 30 BetrVG stellt § 33 BetrVG eine wichtige Vorschrift dar, deren Beachtung für die Wirksamkeit von Betriebsratsbeschlüssen zwingend ist. Sie ist nicht abänderbar, insbesondere nicht durch die Geschäftsordnung des Betriebsrats, da sie zwingendes Recht ist.

Um die Arbeitsfähigkeit der Betriebsräte in den Zeiten der COVID-19-Pandemie zu erhalten, hat der Gesetzgeber für die Zeit vom 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2021 mit § 129 BetrVG[1] eine Sonderregelung[2] geschaffen (Einzelheiten siehe § 129 BetrVG).

Zu unterscheiden ist zwischen der Frage, wer zur Betriebsratssitzung einzuladen ist und der Frage, ob der Betriebsrat beschlussfähig ist. Ersteres regelt § 29 Abs. 2 BetrVG; unterlaufen dem Betriebsrat hier Fehler bei der Ladung der Betriebsratsmitglieder, ist der Beschluss bereits deshalb unwirksam, unabhängig davon, ob der Betriebsrat beschlussfähig ist.

Daneben gibt es noch weitere ungeschriebene Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses.

[1] Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung vom 20.5.2020, BGBl. I vom 28.5.2020, S. 1044, Art. 5 S. 1051.
[2] Verlängerung des zunächst bis 31.12.2020 befristeten Geltungszeitraums von § 129 BetrVG um weitere sechs Monate durch das Beschäftigungssicherungsgesetz vom 3.12.2020, BGBl. I Nr. 59, Art. 4 S. 2692.

2 Die Voraussetzungen für einen wirksamen Betriebsratsbeschluss

2.1 Allgemeine Voraussetzungen

 

Rz. 2

Die Willensbildung des Betriebsrats erfolgt ausschließlich, indem der Betriebsrat einen Beschluss fasst. Die Übertragung der Willensbildung auf den Vorsitzenden oder andere Personen ist nicht möglich; soweit anstelle des Betriebsrats Ausschüsse tätig werden sollen, ist § 27 BetrVG zu beachten. Nur im Rahmen der vom Betriebsrat gefassten Beschlüsse kann er durch seinen Vorsitzenden vertreten werden (§ 26 Abs. 3 BetrVG).

 

Rz. 3

Weiterhin kann der Betriebsrat seine Beschlüsse nur im Rahmen einer nach § 29 Abs. 2 BetrVG ordnungsgemäß einberufenen Sitzung fassen (siehe § 29 Rz. 2 ff.).

Die Beschlussfassung im Rahmen von Besprechungen mit dem Arbeitgeber scheidet daher aus; zulässig ist es, im Anschluss daran – eine den Erfordernissen des § 29 Abs. 2 BetrVG entsprechende Einladung vorausgesetzt – eine Betriebsratssitzung abzuhalten.

Für die Beschlussfassung ist es – vorbehaltlich der nach § 30 Abs. 2 BetrVG zulässigen virtuellen Sitzung – erforderlich, dass sich die Betriebsratsmitglieder körperlich in einem Raum versammeln. Daher scheiden andere Formen der Entscheidungsfindung wie

  • Umlaufverfahren,
  • Umfrage des Vorsitzenden bei den Betriebsratsmitgliedern,
  • Telefonkonferenzen oder
  • Zuschaltung eines verhinderten Betriebsratsmitgliedes per Telekommunikationseinrichtungen in die Sitzung

für eine Beschlussfassung aus, sofern das nicht nach § 30 Abs. 2 BetrVG ausnahmsweise erlaubt ist.

Ob in einer Videokonferenz eine ordnungsgemäße Beschlussfassung stattfinden kann, war umstritten. Teilweise wird dies – jedenfalls bei zwingenden Notwendigkeiten – für zulässig erachtet.[1]

Die überwiegende Auffassung in der Fachliteratur sah sie jedoch weiterhin als unzulässig an. Zum einen wird eingewandt, es sei nicht sichergestellt, dass der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit gewahrt sei und dementsprechend kein unbefugter Dritter Kenntnis erhält.[2] Entscheidender dürfte darüber hinaus aber sein, dass das Gesetz im Gegensatz zu § 108 Abs. 4 AktG für die Aufsichtsratsbeschlüsse dieses Verfahren gerade nicht vorsieht und zudem §§ 33 BetrVG davon spricht, dass Beschlüsse mit den Stimmen der "anwesenden" Betriebsratsmitglieder gefasst werden. Zudem hat der Gesetzgeber die Zulässigkeit von Videokonferenzen in § 41a EBRG zugelassen, woraus auch wiederum geschlossen wird, dass die Form der Entscheidungsfindung für Beschlüsse des Betriebsrats gerade nicht zulässig ist.

Bisher ist vor allem der Gewerkschaftsseite Änderungen des § 33 BetrVG entgegengetreten worden, da die Befürchtung besteht, dass die Betriebsräte dann aus Kostengründen gezwungen werden, überwiegend Videokonferenzen abzuhalten. Die COVID-19-Pandemie, die auch viele Betriebsräte in ihrer Arbeit behindert, hat zu keinem generellen Umdenken des Gesetzgebers geführt. Der Gesetzgeber hatte mit dem ab 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2021 geltenden § 129 BetrVG nur befristet die Möglichkeit zugelassen, dass die Betriebsratssitzung einschließlich der Beschlussfassung oder die Teilnahme einzelner Betriebsratsmitglieder an einer Präsenzsitzung per Video- oder Telefonkonferenz stattfinden kann. Durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz[3] besteht seit 18.6.2021 nunmehr unter in § 30 Abs. 2 BetrVG genannten Voraussetzungen dauerhaft die Möglichkeit, Beschlüsse auch in Telefon- oder Videokonferenzen zu treffen. Dazu regelt § 33 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nunmehr auch, dass virtuell teilnehmende Betriebsratsmitglieder als anwesend gelten.[4]

Außerhalb des § 30 Abs. 2 BetrVG und der dort geregelten Möglichkeit der Sitzungsteilnahme per Telefon- oder Videokonferenz kann § 33 BetrVG auch nicht durch eine Regelungsabrede zwischen Arbeitgebe...

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