Rz. 27

§ 23 Abs. 3 BetrVG betrifft nur den Verstoß gegen Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Jedoch werden auch die betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten aus anderen Gesetzen sowie Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen erfasst.[1]

 

Rz. 28

Die Pflichtverletzung ist – wie bei § 23 Abs. 1 BetrVG – grob, wenn sie objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend ist.[2] Verschulden ist nicht erforderlich.[3]. Leichtere Verstöße können bei Wiederholungen zu einem groben Verstoß werden.[4]

 

Rz. 29

§ 23 Abs. 3 BetrVG greift nur ein, wenn ein Verstoß bereits begangen ist.[5] Vorbeugender Rechtsschutz bei drohender Pflichtverletzung wird somit durch § 23 Abs. 3 BetrVG nicht gewährt.

 

Rz. 30

Es ist umstritten, ob der Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG – wie sonst üblich – eine Wiederholungsgefahr voraussetzt.[6] Die Frage ist jedoch von geringer praktischer Relevanz, da die erforderliche Schwere des Pflichtverstoßes die Wiederholungsgefahr indizieren dürfte.

 

Rz. 31

Als Beispiele sind zu nennen:

  • die beharrliche Verweigerung der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat nach § 2 Abs 1. BetrVG,
  • die nachhaltige Missachtung der Beteiligungsrechte des Betriebsrates[7],
  • die allgemeine Weigerung des Arbeitgebers, den Betriebsrat bei Versetzungen nach §§ 99 ff. BetrVG zu beteiligen[8],
  • die Weigerung, eine Betriebsvereinbarung durchzuführen,
  • die Behinderung der Bildung eines Betriebsrats.

    Kein grober Verstoß liegt hingegen vor, wenn der Arbeitgeber in einer ungeklärten Rechtsfrage nach einer vertretbaren Rechtsansicht handelt[9].

  • Verneint wurde ein Unterlassungsanspruch auch bei einem Verstoß gegen die Beteiligungsrechte des Betriebsrates gem. § 111 BetrVG im Falle einer geplanten Betriebsänderung.[10]
 

Rz. 31a

In besonders schwerwiegenden und begrenzten Ausnahmefällen kann der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach § 2 Abs. 1 BetrVG den Unterlassungsansprüchen gem. § 23 Abs. 3 BetrVG entgegenstehen.

Ein solcher eng begrenzter Ausnahmefall kann vorliegen, wenn sich die Betriebspartei auf eine formale Rechtsposition beruft, die sie nur durch ein besonders schwerwiegendes eigenes betriebsverfassungswidriges Verhalten erlangt hat.[11]

[1] Vgl. etwa BAG, Beschluss v. 23.6.1992, 1 ABR 11/92, NZA 1992, 1095.
[2] Vgl. etwa BAG, Beschluss v. 23.6.1992, 1 ABR 11/92, NZA 1992, 1095.
[4] LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 9.8.2007, 4 TaBVGa 2/07.
[6] Verneinend BAG, Beschluss v. 18.4.1985, 6 ABR 19/84, NZA 1985, 783; bejahend BAG, Beschluss v. 27.11.1990, 1 ABR 77/89, NZA 1991, 382; LAG Köln, Beschluss v. 19.2.2010, 11 TaBV 50/08; offengelassen zuletzt in BAG, Beschluss v. 18.3.2008, 1 ABR 3/07, NZA 2008, 1254.
[7] Vgl. etwa BAG, Beschluss v. 18.4.1985, 6 ABR 19/84, NZA 1985, 783.
[9] Vgl. BAGE 25, 415 ff.

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