1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 22 BetrVG regelt die Geschäftsführungsbefugnis des alten Betriebsrats in den Fällen der Erforderlichkeit einer Neuwahl nach § 13 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 BetrVG. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 22 BetrVG ist naturgemäß, dass überhaupt noch ein Betriebsratsmitglied oder Ersatzmitglied vorhanden ist.[1] Fehlt es daran, kommt auch eine Weiterführung der Geschäfte nicht in Betracht.

 

Rz. 2

Die Vorschrift gilt nach § 116 Abs. 2 BetrVG auch für den Seebetriebsrat und nach § 115 Abs. 3 BetrVG ebenfalls für die Bordvertretungen. Für die Jugend- und Auszubildendenvertretung fehlt eine Verweisung auf § 22 BetrVG. Für den Fall des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG trifft § 64 Abs. 2 S. 5 BetrVG eine gesonderte Regelung. Die Vorschrift findet keine Anwendung auf den Gesamt- und den Konzernbetriebsrat.

 

Rz. 3

§ 22 BetrVG ist zwingendes Recht und kann weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abbedungen werden.

2 Geschäftsführungsbefugnis

 

Rz. 4

§ 22 BetrVG regelt die Geschäftsführungsbefugnis des Betriebsrats, wenn einer der Fälle des § 13 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 eintritt.

Nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist ein neuer Betriebsrat zu wählen, wenn sich die Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um 50, nach oben oder unten verändert hat. In diesen Fällen verändert sich regelmäßig die gesetzliche Zahl der Betriebsratsmitglieder (§ 9 BetrVG), sodass aus Gründen hinreichender demokratischer Legitimation eine Anpassung der Betriebsratsgröße an die tatsächlichen Verhältnisse im Betrieb für die zweite Hälfte der Amtszeit des gewählten Betriebsrates erforderlich wird. Eine Neuwahl erfolgt allerdings nur, wenn sich die relevante Veränderung der Zahl der Arbeitnehmer im Betrieb innerhalb von 24 Monaten nach der Wahl bzw. dem letzten Tag der Wahl ergeben hat (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG).

 

Rz. 5

Eine Betriebsratsneuwahl wird auch erforderlich, wenn die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder dauerhaft unter die vorgeschriebene Zahl gesunken ist (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG), oder der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG). Auch in diesen Fällen bleibt der bisherige Betriebsrat geschäftsführend im Amt.

 

Rz. 6

In den Fällen des § 13 Abs. 2 Nrn. 4 und 5 BetrVG (erfolgreiche Wahlanfechtung bzw. Auflösung des Betriebsrats durch gerichtliche Entscheidung) gibt es – naturgemäß – keine Geschäftsführungsbefugnis des gewählten Betriebsrats. Der Betriebsrat, dessen Wahl angefochten wurde, kann jedoch noch vor rechtskräftiger Entscheidung über die Anfechtung zurücktreten und ist sodann berechtigt und verpflichtet, einen Wahlvorstand für eine Neuwahl zu bestellen. Dies gilt jedenfalls bei Abschluss der Neuwahl vor Rechtskraft der Entscheidung.[1]

 

Rz. 7

Die Geschäftsführungsbefugnis nach § 22 BetrVG enthält keine Beschränkungen. Der geschäftsführende Betriebsrat wird in jeder Hinsicht wie der Betriebsrat in seiner regelmäßigen Amtszeit tätig. Hauptaufgabe des nur noch geschäftsführend im Amt befindlichen Betriebsrates ist es jedoch naturgemäß, unverzüglich einen Wahlvorstand für die Durchführung der erforderlich gewordenen Betriebsratsneuwahl zu bestellen.[2]

Die Betriebsratsmitglieder behalten den Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG und § 103 BetrVG.[3]

3 Dauer der Geschäftsführungsbefugnis

 

Rz. 8

Die Geschäftsführungsbefugnis endet mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses der neuen Betriebsratswahl. Abweichend von dem Fall, in dem ein nicht nur geschäftsführend im Amt befindlicher Betriebsrat von einem neugewählten Betriebsrat abgelöst wird[1], endet die Geschäftsführungsbefugnis des Betriebsrats nicht erst mit Ablauf des betreffenden Tages, sondern sofort mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

 

Rz. 9

Die Geschäftsführungsbefugnis endet in jedem Fall mit demjenigen Zeitpunkt, zu dem die regelmäßige Amtszeit des Betriebsrats geendet hätte. Dies ergibt sich zwingend daraus, dass das Betriebsverfassungsgesetz in den Fällen des Ablaufs der regelmäßigen Amtszeit kein geschäftsführendes Mandat des Vorgängerbetriebsrats für den Fall vorsieht, dass zu diesem Zeitpunkt ein neuer Betriebsrat noch nicht gewählt ist. Vielmehr ordnet § 21 S. 3 BetrVG ein striktes Ende der Amtszeit des gewählten Betriebsrats am 31.5. des Wahljahres sogar dann an, wenn der Betriebsrat zu diesem Zeitpunkt noch nicht volle vier Jahre im Amt war.

 

Rz. 10

Kommt eine Neuwahl nicht oder nicht wirksam zustande, bleibt der Betriebsrat – längstens bis zum Ablauf seiner ursprünglichen regelmäßigen Amtszeit – weiter geschäftsführend im Amt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine nicht nichtige, sondern lediglich anfechtbare Neuwahl stattgefunden hat. Im Hinblick darauf, dass die erfolgreiche Wahlanfechtung nach § 19 BetrVG keine rückwirkende Kraft hat[2] und damit der Nachfolgebetriebsrat für die Übergangszeit b...

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