Rz. 156

Gemäß § 112 Abs. 5 BetrVG i. V. m. § 76 Abs. 5 BetrVG kann der Spruch der Einigungsstelle über den Sozialplan wegen Ermessensüberschreitung innerhalb einer Frist von 14 Tagen beim Arbeitsgericht angefochten werden. Die Frist beginnt mit Zustellung des Spruchs. Da es sich um eine materielle Ausschlussfrist handelt, reicht es nicht aus, wenn innerhalb der 14 Tage lediglich die Anfechtung erfolgt; die Anfechtung muss vielmehr auch innerhalb dieses Zeitraums begründet werden, anderenfalls ist die Anfechtung unzulässig (BAG, Beschluss v. 26.5.1988, 1 ABR 11/87).

 

Rz. 157

Eine Ermessensüberschreitung liegt insbesondere vor, wenn

  • die Einigungsstelle von falschen tatsächlichen Tatsachen und Voraussetzungen ausgegangen ist;
  • die Einigungsstelle die ihr vorgegebenen besonderen gesetzlichen Grenzen des § 112 Abs. 5 BetrVG überschritten hat[1];
  • die Einigungsstelle sachfremde oder willkürliche Erwägungen angestellt hat;
  • die Einigungsstelle zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass durch die geplante Betriebsänderung Nachteile entstehen, die durch die Ausgleichs- oder Milderungsmaßnahmen abgefedert werden sollten
  • maßgeblich ist, dass auch im Ergebnis nicht nur in den Vorüberlegungen, eine Ermessensüberschreitung vorliegt.
 

Rz. 158

Wird eine Ermessensüberschreitung im Anfechtungsverfahren geltend gemacht, richtet sich der Antrag auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs (BAG, Beschluss v. 30.10.1979, 1 ABR 112/77).

 

Rz. 159

Durch die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens wird der Spruch der Einigungsstelle nicht suspendiert. Allerdings ist ein Rechtsstreit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über Leistungen aus dem angegriffenen Sozialplan gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung über die Wirksamkeit des Sozialplans im Anfechtungsverfahren auszusetzen.

Zu berücksichtigen ist, dass bis zur Entscheidung über die Wirksamkeit eines Sozialplans im Anfechtungsverfahren keine neue Einigungsstelle mit dem Ziel der Änderung des Sozialplans eingesetzt werden kann (LAG Düsseldorf/Köln, Beschluss v. 9.9.1977, 8 Ta BV 27/77).

 

Rz. 160

Im Rahmen des Anfechtungsverfahrens hat das Gericht als Vorfrage zu prüfen, ob überhaupt in der vom Arbeitgeber geplanten Maßnahme eine mitwirkungspflichtige Betriebsänderung liegt. Ist dies nicht der Fall und war deshalb die Einigungsstelle mangels Beteiligungsrechte des Betriebsrats gar nicht zuständig, entfaltet der Spruch der Einigungsstelle von Anfang an keinerlei rechtliche Wirkung.

Der Arbeitgeber kann den Spruch der Einigungsstelle auch wegen Fehlens der gesetzlichen Grundlagen oder wegen Nichteinhaltung der Verfahrensregelungen gerichtlich anfechten. In diesen Fällen gilt die 14-Tages-Frist nicht.

 

Rz. 161

Abgesehen vom Arbeitgeber können auch die von der geplanten Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer den Sozialplan auf seine Billigkeit hin gerichtlich überprüfen lassen. Diese Überprüfung ist aber darauf beschränkt, ob die vereinbarten Regelungen in sich der Billigkeit entsprechen oder ob sie einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern unbillig benachteiligen. Die Angemessenheit der insgesamt ausgehandelten finanziellen Gesamtausstattung ist der Überprüfung dagegen entzogen (BAG, Urteil v. 17.2.1981, 1 AZR 290/78).

[1] S. dazu 5.3.

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