Rz. 86

Dieser Widerspruchsgrund betrifft die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmensbereich, nicht im Konzernbereich.

Dabei muss der Betriebsrat den freien Arbeitsplatz möglichst konkret bezeichnen, ein allgemeiner Hinweis auf Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb reicht nicht aus (BAG, Urteil v. 17.6.1999, 2 AZR 608/98[1]; BAG, Urteil v. 11.5.2000, 2 AZR 54/99[2]). Es reicht nicht aus, wenn der Betriebsrat geltend macht, erfahrungsgemäß sei bei einer Massenentlassung damit zu rechnen, dass durch intensive Vermittlungsbemühungen und freiwillige Abfindungsaktionen freie Arbeitsplätze entstünden, auf welchen ggf. einige der zur Entlassung vorgesehenen Arbeitnehmer eingesetzt werden könnten (LAG Hamm, Urteil v. 14.6.2004, 8 Sa 956/04). Es sind auch in absehbarer Zeit frei werdende Arbeitsplätze zu berücksichtigen (BAG, Urteil v. 15.12.1994, 2 AZR 320/94[3]). Der Arbeitgeber ist aber nicht verpflichtet, zum Zweck der Weiterbeschäftigung einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen oder einem anderen Arbeitnehmer zu kündigen, um dessen Arbeitsplatz frei zu machen (BAG, Urteil v. 29.3.1990, 2 AZR 369/89[4]).

 
Hinweis

Konkurrieren in einem Betrieb mehrere zur Kündigung anstehende Arbeitnehmer um die Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, muss sich der Arbeitgeber unter Beachtung der Grundsätze der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG für einen von ihnen entscheiden (BAG, Urteil v. 15.12.1994, 2 AZR 320/94[5]).

 

Rz. 87

Ein Widerspruchsgrund nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer kraft Direktionsrecht auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt werden kann. Ist eine Vertragsänderung oder eine Änderungskündigung erforderlich, besteht eine Widerspruchsmöglichkeit nur nach § 102 Abs. 3 Nr. 5 BetrVG. Diese ist aber an das zuvor erklärte Einverständnis des Arbeitnehmers gebunden.

 

Rz. 88

Widerspricht der Betriebsrat der Kündigung mit der Begründung, eine Weiterbeschäftigung sei in einem anderen Betrieb des Unternehmens möglich, ist für eine solche Weiterbeschäftigung die Zustimmung des dortigen Betriebsrats unter dem Gesichtspunkt der Einstellung nach § 99 BetrVG erforderlich. Der widersprechende Betriebsrat muss darlegen, dass diese Zustimmung vorliegt; ist dies nicht der Fall, besteht kein Widerspruchsrecht.

 

Rz. 89

Im Widerspruch des Betriebsrats unter Hinweis auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit liegt gleichzeitig die Zustimmung zu einer Versetzung i. S. d. § 99 BetrVG.[6] Da sich der Betriebsrat mit einer evtl. Zustimmungsverweigerung zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen würde, wäre diese Verweigerung rechtlich unbeachtlich, weshalb die Durchführung des Verfahrens nach § 99 BetrVG überflüssige Förmelei ist. Dies gilt auch, wenn der Betriebsrat mehrere Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten aufzeigt, da er hiermit kundtut, dass er mit jeder vom Arbeitgeber auszuwählenden Weiterbeschäftigung einverstanden ist.

 

Rz. 90

Der Betriebsrat kann der Kündigung nicht mit der Begründung widersprechen, der Arbeitnehmer könne auf seinem bisherigen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden.[7] Aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ("anderer Arbeitsplatz") ist zu folgern, dass der Betriebsrat mit seinem Widerspruch nicht die (mitbestimmungsfreie) wirtschaftlich-unternehmerische Entscheidung, dass der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt, mithilfe des § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG angreifen kann (so im Ergebnis auch BAG, Urteil v. 11.5.2000, 2 AZR 54/99[8]).

[1] NZA 1999, 1154.
[2] NZA 2000, 1055.
[3] NZA 1995, 413.
[4] NZA 1991, 181.
[5] NZA 1995, 413.
[6] Fitting, 102 Rz. 84; a. A. DKK/Kittner/Bacher, § 102 Rz. 205.
[7] APS/Koch, § 102 BetrVG Rz. 199; Richardi/Thüsing, § 102 Rz. 164; BAG, Urteil v. 12.9.1985, 2 AZR 324/84; offengelassen bei BAG, Urteil v. 11.5.2000, 2 AZR 54/99; a. A. Fitting, § 102 Rz. 90; differenzierend DKK/Kittner/Bacher, § 102 Rz. 200, der die Beschäftigung am gleichen physischen Arbeitsplatz in einer anderen Schicht als "anderen Arbeitsplatz" sieht.
[8] NZA 2000, 1055.

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