Rz. 1

Die Vorschrift des § 2 SGB III umschreibt den allgemeinen Handlungsauftrag der Arbeitsagenturen. Darüber hinaus betont die Regelung die Verantwortung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern für den Arbeitsmarkt und die konkreten Beschäftigungsverhältnisse.[1] Speziell für die Situation einer arbeitgeberseitigen Kündigung findet sich in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III eine spezifische Vorschrift. Danach sollen Arbeitgeber Arbeitnehmer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung sowie über die Verpflichtung zur Meldung nach § 38 Abs. 1 SGB III bei der Agentur für Arbeit informieren. Gleiches gilt für den Abschluss von Aufhebungsverträgen. Hier bietet es sich vielfach an, die erforderlichen Informationen bereits zum Bestandteil des Aufhebungsvertrags zu machen.[2] Darüber hinaus soll der Arbeitgeber die betreffenden Arbeitnehmer freistellen und die Teilnahme an erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen ermöglichen.

 

Rz. 2

Es handelt sich bei dieser Vorschrift um eine reine sozialrechtliche Regelung. Die Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber zu einer frühzeitigen Information. D. h., dass der Arbeitgeber die Informationen so rechtzeitig weitergeben muss, dass der Arbeitnehmer seiner Meldepflicht auch nachkommen kann.[3] Im Fall einer Befristung bedeutet dies, dass der Arbeitgeber spätestens 3 Monate und einen Tag vor Ablauf der Befristung den Arbeitnehmer über die Verpflichtung zur Meldung bei der Agentur für Arbeit informieren soll.[4] Die Regelung beschreibt allerdings nur ein öffentlich-rechtliches Pflichtenverhältnis des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, ohne dass diese Pflichten drittschützenden Charakter besitzen.[5] So wird mit der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III etwa die Informationspflicht des Arbeitgebers an die Stelle der Belehrungspflicht der Bundesagentur für Arbeit gesetzt.[6] Wegen dieser Übertragung der Erfüllung der Informationspflicht dürfen unrichtige Hinweise seitens des Arbeitgebers zur rechtzeitigen Arbeitsuchendmeldung nicht zulasten des Arbeitnehmers gehen. Die Agentur für Arbeit darf dem Arbeitsuchenden das Arbeitslosengeld nicht wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung aufgrund eines unrichtigen Hinweises durch den Arbeitgeber mindern. Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach dem Verständnishorizont des Arbeitnehmers hinreichende Anhaltspunkte für eine mögliche Unrichtigkeit bestehen.[7] Nicht zuletzt, da die Vorschrift als Soll-Vorschrift gefasst ist, folgen aus ihr keine Ansprüche der Arbeitnehmer. Die Vorschrift begründet weder eine selbstständige Nebenpflicht des Arbeitgebers, das Vermögen des Arbeitnehmers zu schützen, noch handelt es sich um ein Schutzgesetz.[8] Vielmehr handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, mit der der Gesetzgeber versuchte, arbeitsmarktpolitische Zwecke durchzusetzen. Begünstigungen des einzelnen Arbeitnehmers, die aus einem dem § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III entsprechenden Tun des Arbeitgebers folgen, stellen lediglich einen Rechtsreflex dar.[9] Da diese Vorschrift keine arbeitsrechtliche Verpflichtung begründet[10], führt eine Verletzung dieser Vorschrift nicht zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, wenn der Arbeitgeber den nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III gebotenen Hinweis an den Arbeitnehmer über dessen Pflichten, sich vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, unterlässt[11]. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass das BAG in einer Entscheidung aus dem Jahr 2020 aus der sozialversicherungsrechtlichen Meldeobliegenheit des Arbeitnehmers, dessen Arbeitsverhältnis endet, im Zusammenhang mit dem Annahmeverzug arbeitsrechtliche Rechtsfolgen herleitet.[12] Das BAG nutzt die sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen eines Arbeitnehmers für die Bestimmung dessen, was im Sinne des § 615 Satz 2 BGB noch als zumutbar anzusehen ist. Das BAG hat aber auch in dieser Entscheidung daran festgehalten, dass § 2 SGB III rein sozialversicherungsrechtliche Pflichten beinhaltet.[13] Diese Rechtsprechung hat der 5. Senat des BAG inzwischen ausgebaut.[14] Ebenso wenig ist die Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB.[15] Gleichfalls ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III keine arbeitsrechtliche Verpflichtung zur Freistellung des Arbeitnehmers oder zur Ermöglichung von Qualifizierungsmaßnahmen.

 

Rz. 3

Allerdings können sich nach Auffassung des BAG Hinweis- und Aufklärungspflichten zugunsten des Arbeitnehmers aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der allgemeinen vertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) ergeben. Insbesondere, wenn Aufhebungsverträge auf Veranlassung des Arbeitgebers zustande kommen und der Arbeitgeber den Eindruck erweckt, dass auch die Interessen des Arbeitnehmers hinsichtlich der Gewährung von Arbeitslosengeld gewahrt würd...

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